Flüchtlingsunterkunft – geplant 2024

2100 Online-Unterschriften gegen die eine neue Unterkunft in Wulfen

Die Resonanz auf die geplante Flüchtlingsunterkunft in Dorsten war groß. Die Stadt klärte auf, was über 2100 Unterschriften bewirken können. Am 22. Mai 2024 startete eine Online-Petition gegen die im Dorstener Stadtteil Wulfen geplante Zentrale Unterbringungseinrichtung (ZUE). Sie trägt den Titel: „STOP!!! Flüchtlingsunterkunft im Gewerbegebiet Dorsten Dimker-Heide“. Unter anderem führt ein QR-Code auf einem selbst gebastelten Schild zu der Petition. Aufgestellt hatte dieses Schild die Interessengemeinschaft Dimker Heide am 27. Mai am Hessenweg. Zudem wurde der Link zur Petition immer wieder in mehreren stadtteilbezogenen Facebook-Gruppen geteilt. Mit Stand vom 28. Mai waren 2174 Online-Unterschriften zusammengekommen. Auch Unterschriftenlisten lagen aus. Die Stadtverwaltung erklärte die Wirkung der Online-Petition. Außerdem gab es weitere Möglichkeiten für Bürgerinnen und Bürger, sich gegen politische Beschlüsse zu wehren. Hier die Zusammenfassung von Fragen und Antworten.

„Online-Petitionen sind rechtlich nicht bindend“

Wie wirken sich mehr als 2100 Online-Unterschriften auf den möglichen Beschluss einer Zentralen Unterbringungseinrichtung in Wulfen aus?
Stadtsprecher Ludger Böhne fasste zusammen: „Online-Petitionen sind rechtlich nicht bindend, sie haben nur einen Appellativen-Charakter.“ Darüber hinaus könne eine Petition beim Landtag oder Bundestag eingereicht werden. „Eine Beschwerde hingegen bei der Stadt Dorsten.“
– Welche Möglichkeiten haben Bürgerinnen und Bürger in Dorsten, um gegen die mögliche ZUE vorzugehen? Auf kommunaler Ebene gibt es verschiedene Möglichkeiten, Anregungen und Beschwerden als Einwohner, einen Einwohnerantrag oder ein Bürgerbegehren einzureichen. Stadtsprecher Ludger Böhne verweist auf die entsprechenden Paragrafen der Gemeindeordnung Nordrhein-Westfalen. Genaueres ist in der Hauptsatzung der Stadt Dorsten festgehalten.
– Was ist beim Einreichen von Anregungen und Beschwerden als Einwohner zu beachten (§6 Hauptsatzung der Stadt Dorsten)? Zuständig ist der Haupt- und Finanzausschuss. Der Ausschuss agiere als „Beschwerdeausschuss“, so Ludger Böhne. Der HFA soll Anregungen und Beschwerden inhaltlich prüfen und sie an die entscheidungsberechtigte Stelle (z.B. Rat, Ausschuss, Bürgermeister) weiterreichen, sofern er nicht selbst zuständig ist. Die Anregung kann jedoch durch den HFA abgelehnt werden, wenn bestimmte Kriterien zutreffen. Beispielsweise, wenn „die Behandlung mangels Sinnzusammenhang nicht möglich ist.“
– Was ist bei einem Einwohnerantrag zu beachten (§25 Gemeindeordnung NRW)? Einwohner können beantragen, dass der Rat über eine bestimmte Angelegenheit in seinem Zuständigkeitsbereich berät und entscheidet. Im Einwohnerantrag müssen bis zu drei Personen benannt sein, die die Unterzeichnenden vertreten. Der Einwohnerantrag muss unterzeichnet sein von 5 Prozent der Einwohner. Ausgehend von rund 77.000 Einwohnern, müssten im Fall der Stadt Dorsten ungefähr 3900 Einwohner den Antrag unterschreiben. Jede Unterschriftenliste muss den vollen Wortlaut des Antrags enthalten. Leserlich aufgeführt müssen zudem sein die Namen, Vornamen, Geburtsdaten und Anschriften. Die Angaben werden von der Gemeinde geprüft. Spätestens innerhalb von vier Monaten nach Eingang muss der Rat über den Antrag beraten und entscheiden. Vertreter des Einwohnerantrags haben die Möglichkeit, ihr Anliegen in der Ratssitzung zu erklären.
– Was ist bei einem Bürgerbegehren zu beachten (§26 Gemeindeordnung NRW)? In der Gemeindeordnung NRW wird erklärt: „Die Bürger können beantragen (Bürgerbegehren), dass sie an Stelle des Rates über eine Angelegenheit der Gemeinde selbst entscheiden (Bürgerentscheid). Der Rat kann mit einer Mehrheit von zwei Dritteln […] beschließen, dass über eine Angelegenheit der Gemeinde ein Bürgerentscheid stattfindet (Ratsbürgerentscheid).“

Bürgerbegehren von mindestens 4700 Unterzeichnungen

Das Bürgerbegehren ist in Textform einzureichen. Es muss die Frage enthalten, über die entschieden werden soll (z. B.: Soll in Wulfen eine ZUE gebaut werden?). Gleiches gilt für eine Begründung. Es müssen bis zu drei Bürger benannt werden, die die Unterzeichnenden vertreten. Die Verwaltung teilt den Vertretern mit, welche geschätzten Kosten mit der Durchführung der verlangten Maßnahmen verbunden sind. Der Antrag samt Fragestellung, Begründung und Kostenschätzung ist von den Vertretern und mindestens 25 Bürgern zu unterschreiben. Innerhalb von acht Wochen muss der Rat über den Antrag entscheiden. Sofern sich das Bürgerbegehren gegen einen Ratsbeschluss richtet, muss es innerhalb von acht Wochen nach Bekanntmachung des Beschlusses eingereicht werden. Im Falle der möglichen Flüchtlingsunterkunft (ZUE) in Wulfen hat der Stadtrat noch keinen Beschluss gefasst. Eine Entscheidung könnte während der Ratssitzung am 19. Juni getroffen werden.
Im Fall der Stadt Dorsten mit rund 77.000 Einwohnern muss ein Bürgerbegehren von mindestens sechs Prozent der Einwohner (ungefähr 4700 Einwohner) unterzeichnet sein. Maßgeblich ist die bei der letzten allgemeinen Kommunalwahl festgestellte Zahl der Wahlberechtigten.

Wann kommt es zu einem Bürgerentscheid?

Entspricht der Rat dem zulässigen Bürgerbegehren nicht, ist „innerhalb von drei Monaten nach der Entscheidung […] ein Bürgerentscheid durchzuführen“. Dieser hat die Wirkung eines Ratsbeschlusses. Über die gestellte Frage darf nur mit Ja oder Nein abgestimmt werden. Die Frage ist entschieden, wenn sie von der Mehrheit der gültigen Stimmen beantwortet wurde. Im Fall der Stadt Dorsten muss die Mehrheit mindestens 15 Prozent (etwa 11.600 Bürger) betragen. Zum Vergleich: Rund 14.000 Menschen leben in Wulfen und Barkenberg. Entsprechend weniger Menschen sind dort wahlberechtigt.

SPD fordert Prüfung von Alternativen zu geplanter ZUE in Wulfen

Auf erheblichen Widerstand stoßen Pläne von Stadt und Bezirksregierung Münster, neben dem Gewerbegebiet Dimker Heide in Alt-Wulfen eine Zentrale Unterbringungseinheit für 350 bis maximal 400 Flüchtlinge (ZUE) über zehn Jahre zu errichten. Grundsätzlich sei die SPD für die dezentrale Unterbringung von Flüchtlingen, um Integration zu ermöglichen und bestehende Gemeinschaften nicht zu überfordern. „Nicht selten klagen Kommunen jedoch darüber, dass sie an der Belastungsgrenze des Machbaren sind. Dabei werden vor allem fehlender Wohnraum, Kitaplätze oder Schulplätze genannt“, wird SPD-Stadtverbandsvorsitzender Swen Coralic für den Stadtverband in einer Pressemitteilung zitiert. Mit einer ZUE in Alt-Wulfen müsste die Stadt für rund 350 Flüchtlinge weder Wohnraum noch Kita- und Schulplätze schaffen. Dennoch lehnt die SPD Dorsten „die zuletzt konkretisierte Option ab“, so Coralic, „weil sie in dieser Form die bestehende Gemeinschaft in Wulfen zu überfordern und damit den sozialen Frieden im Stadtteil zu gefährden droht“.

„Die Menschen helfen sich“

Dies begründet Coralic mit vielen in Wulfen-Barkenberg lebenden geflüchteten Menschen und Migranten. „Der Stadtteil steht deshalb bereits jetzt vor enormen sozialen, integrativen Herausforderungen. Dank des Bürgerengagements konnten bereits viele wichtige Maßnahmen angestoßen werden. Ob Integrationshelferinnen, Vereine oder Nachbarn – die Menschen helfen sich.“ Eine ZUE in der vorgeschlagenen Dimension könne „dieses noch funktionierende Gefüge aus der Balance bringen“, so die SPD. „Bereits jetzt gibt es auch kritische Stimmen, die nicht aus dem rechten Milieu stammen. Menschen, die offen über ihre Ängste, Sorgen sprechen – in einem konstruktiven Ton. Vernachlässigen wir diese Sorgen, kann die Stimmung kippen.“

In erster Linie mehr Familien unterbringen

Die Stadt Dorsten solle deshalb nochmals Alternativstandorte prüfen beziehungsweise „Zusammenhänge zu aus ihrer Sicht nicht in infrage kommenden städtischen Standorten“ darlegen. Wenn keine Alternative zustande komme, solle man „auf das Land einwirken, in erster Linie Familien in die ZUE unterzubringen“. Diese Forderung wurde bereits bei der Anwohnerinformation in der Matthäus-Kirche geäußert (und vermutlich bei fast jeder Einrichtung dieser Art in jedem Ort). Maximal 60 Prozent alleinreisende Männer sollen laut Bezirksregierung in der Einrichtung untergebracht werden. Zudem fordert die SPD, die Größe sowie die Anzahl der Bewohner zu reduzieren. Denkbar seien 200 bis 250 Menschen. Außerdem solle die Dauer von den geplanten zehn Jahren auf maximal sechs Jahre abgesenkt werden. Zudem fordert Coralic für die SPD einen 24-Stunden-Sicherheitsdienst sowie einen Sozialdienst vor Ort – beides bereits seitens der Bezirksregierung angekündigt.
Die Stadt verzichtet laut Bürgermeister Tobias Stockhoff bei ZUEs auf Pachtgebühren für das Gelände, mit der Auflage, dass das Geld in solche Dienste fließt. Laut SPD dürfe auch die Stärkung der Polizeipräsenz in Barkenberg nicht aus dem Blick geraten, „um das subjektive Sicherheitsgefühl der Menschen zu stärken“. Die SPD will zudem, dass „bestehende integrative Maßnahmen, Projekte und Gruppen, die die Integration fördern, stärker unterstützt werden. Dazu zählen zum Beispiel die Träger der freien Jugendhilfe: konkrete Projekte wie das Winni-Streetwork-Projekt, aber auch die Vereine im Ortsteil, die mit ihrer wertvollen Arbeit, einen unglaublichen Beitrag zum sozialen Frieden leisten. Denkbar wären hier weitere finanzielle Mittel oder ein Ausbau der vorhandenen Infrastruktur“. Zudem fordert die SPD, „dass Menschen ohne Bleibeperspektive bereits aus der Einrichtung heraus ausgewiesen werden und nicht einfach an die Kommune weitergereicht werden“.

Siehe auch: Zentrale Unterbringungseinrichtungen (ZUE)


Quellen: Julian Preuß in DZ vom 31. Mai 2024. – ber in DZ vom 31. Mai 2024.

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