Fleischereien

Bei drei Unternehmen mit sieben Geschäften geht es um die Wurst

Immer mehr Fleischereien schließen ihre Türen. In den vergangenen 20 Jahren hat sich ihre Zahl in NRW beinahe halbiert. In Dorsten gibt es mit Stand von Anfang 2025 noch drei Metzgereien mit insgesamt sieben Geschäften: Engelbert Bellendorf GmbH mit drei Filialen in der Altstadt und Lembeck, Ingo Folgmann in Holsterhausen, Bußmanns „Bauernlädchen“ in Lembeck§ und Andreas Schroers Fleischerei in Wulfen. – Eigentlich freuen sich die Fleischer immer auf die letzten Tage des Jahres. Ob Weihnachtsgans, Festtagsbraten oder Fondue zu Silvester – in der zweiten Dezemberhälfte essen die Deutschen immer noch besonders gerne Fleisch. Doch das ändert nichts an der enormen Schließungswelle, die die Branche schon seit vielen Jahren verzeichnet – und die nicht abebbt. Immer mehr Metzgereien in NRW geben auf. In den vergangenen 20 Jahren hat sich ihre Zahl im bevölkerungsreichsten Bundesland beinahe halbiert. Gab es 2003 noch 2737 Fleischereien, waren es 2023 nur noch 1443. Im ersten Halbjahr 2024 sank ihre Zahl dann noch einmal um etwas mehr als zwei Prozent – auf 1412. Damit ist der Rückgang in NRW sogar noch drastischer als bundesweit: In Deutschland ging die Zahl der Betriebe seit 2003 um rund 44 Prozent zurück – von 18.320 auf 10.335 im Jahr 2023. Diese Zahlen erhob der Deutsche Fleischer-Verband.

Im Jahr 2023 musste jede zehnte Fleischerei in NRW aufgeben

Dass die Branche in einer Krise steckt, ist wenig überraschend – sieht man doch an vielen Metzger-Ladentüren Schilder wie zuletzt bei der Fleischerei R.: „Hilfe, wir leiden an akutem Personalmangel“, hieß es dort. Man suche händeringend nach einer freundlichen Fachkraft für den Verkauf. „Leider hat der Zettel bislang nicht geholfen. Der Personalmangel ist aber nicht das einzige Problem, das die Fleischer plagt. Wer sich zur Ruhe setzen und sein Geschäft abgeben möchte, findet häufig keinen geeigneten Nachfolger. „Deshalb gibt es auch deutlich weniger Neugründungen als Schließungen“, sagte Reinhard von Stoutz, Geschäftsleiter des Deutschen Fleischer-Verbands, den Ruhr-Nachrichten. Während 2023 jede zehnte Fleischerei (153) in NRW aufgeben musste, kamen mit fünf Prozent Neugründungen (76) lediglich rund die Hälfte wieder hinzu.

Das Fleischerei-Handwerk ist immer bürokratischer geworden

Von Stoutz sieht mehrere Gründe, warum viele Metzger keine Nachfolger für ihre Geschäfte finden. So sei das Fleischerei-Handwerk immer bürokratischer geworden. Es gebe sehr genaue Hygienevorschriften und Dokumentationspflichten, die viel Zeit und Geld in Anspruch nähmen. Außerdem stiegen die Fleischpreise und kaum einer wolle mehr eine Ausbildung im Fleischerhandwerk machen – der Personalmangel sei also auch für die Zukunft programmiert. Verschärft wird die Krise dadurch, dass sich auch das Publikum verändert. Die meisten Fleischereien leben von Stammkundschaft, darunter vor allem ältere Menschen – und diese sterben nach und nach weg. Auffällig ist: Obwohl die Anzahl der Betriebe stetig zurückgeht, machte die Branche 2023 mehr Umsatz als noch im Vorjahr: Pro Betrieb lag die Steigerung bei durchschnittlich rund sieben Prozent. „Dieser Anstieg relativiert sich allerdings durch die Inflation – die Verbraucherpreise für Fleisch sind laut Statistischem Bundesamt um 8,3 Prozent gestiegen“, sagte von Stoutz. Bei der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) geht man davon aus, dass die Fleischer ihre Branchenkrise auch selbst verschuldet haben. „Bundesweit laufen im Fleischer-Handwerk nur noch drei Tarifverträge, davon keiner in NRW. Hier will man zwar gerne verhandeln, aber wir sind nicht dazu bereit, solange die Fleischer die Arbeitszeiten für ihre Angestellten erhöhen wollen“, sagte Thomas Bernhard, Referatsleiter für die Fleischereibranche.


Quelle: Jana Marquardt in RN (DZ) vom 2. Januar 2025

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