Fachkräfte-Mangel ?

Zehntausende arbeitslose Fachkräfte in NRW könnten Arbeit aufnehmen

Nach Angaben des Chefs der Arbeitsagentur NRW könnten auf einen Schlag 77.200 arbeitslose Menschen in NRW einen Job aufnehmen. Gleichzeitig warnt die Wirtschaft wegen des Fachkräftemangels. „Ärgerlich“, findet das der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB). Trotz des Fachkräftemangels sind in NRW Zehntausende Fachkräfte arbeitslos, die problemlos ein neues Arbeitsverhältnis aufnehmen könnten. Roland Schüßler, Chef der NRW-Regionaldirektion der Bundesagentur für Arbeit, sagte: „Wir haben in NRW 77.200 arbeitslos gemeldete Menschen, die von heute auf morgen einen Job antreten könnten, die gut ausgebildet sind und denen unsere Berater attestieren, dass sie keinerlei Einschränkungen hätten.“ Dabei seien die Berater grundsätzlich eher strenger als großzügiger in der Beurteilung, sagte er. Zusätzlich zu den üblichen Vermittlungsbemühungen hole man nun stärker die Kammern ins Boot. „Wir haben genau analysiert, um welche Berufsfelder es sich handelt und wo die Menschen leben. Mit diesen Informationen treten die Kammern an ihre Mitglieder heran, um Überzeugungsarbeit zu leisten.“ Angesichts des demografischen Wandels könne man es sich nicht mehr leisten, irgendein Fachkräftepotenzial ungenutzt zu lassen – sei es etwa bei Schwerbehinderten, Arbeitslosen über 55 Jahren oder Alleinerziehenden.
Die NRW-Chefin des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB), Anja Weber, zeigte sich verärgert: „Alle jammern über den Fachkräftemangel, und Zehntausende Menschen bekommen keine Chance“, kritisierte sie. „Arbeitgeber müssen endlich umdenken und selbst flexibler werden. Wer ausgebildete und schnell vermittelbare Fachkräfte nicht einstellt, vielleicht weil sie schon etwas älter sind oder andere Arbeitszeiten brauchen – etwa um Angehörige zu pflegen oder Kinder zu betreuen –, hat die Zeichen der Zeit nicht erkannt.“

Unternehmen reagieren – der Arbeitsmarkt sei zweigeteilt

Nach Angaben des Hauptgeschäftsführers von IHK NRW, Ralf Mittelstädt, haben die Unternehmen allerdings reagiert: „Der Mangel von bis zu 350.000 Fachkräften stellt eine erhebliche Herausforderung für die Wirtschaft in NRW dar. Die Analyse von Ausbildungs- und Arbeitsmarktdaten zeigt uns klar, dass wir alle verfügbaren Fachkräftepotenziale aktiv ansprechen müssen.“ Die IHKn übernähmen Verantwortung, indem sie die Integration von Menschen unterstützten, deren Potenziale bisher oft ungenutzt blieben. So nannte auch er ältere Arbeitnehmer, Angehörige mit Familien- oder Pflegeverantwortung oder Menschen mit Behinderung. Der Arbeitsmarkt in NRW sei zweigeteilt, erklärte eine Sprecherin von NRW-Arbeitsminister Karl-Josef Laumann (CDU): „Auf der einen Seite ist ein Anstieg der Arbeitslosigkeit zu verzeichnen und die Zahl der von den Arbeitgebern gemeldeten offenen Stellen ist rückläufig. Auf der anderen Seite liegt die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten weiterhin auf Rekordniveau.“
SPD-Fraktionsvize Lisa-Kristin Kapteinat sagte, die Zahlen bestätigten, dass die Leute nicht auf der faulen Haut lägen. „Das Job-Matching funktioniert nur nicht, wie es sollte. Aber anstatt sich endlich hinter diese Aufgabe zu klemmen, beteiligt sich NRW-Minister Laumann lieber am Bashing seiner Partei von Bürgergeld-Empfängern. Dabei gibt es in der Jobvermittlung geeignete Maßnahmen“ Dazu gehörten Projekte wie im Kreis Recklinghausen, wo man zum Beispiel Ausbildungssuchenden alle offenen Ausbildungsplätze in ihrem direkten Wohnumfeld per Post nach Hause geschickt habe.


Quelle: Maximilian Plück in RN (DZ) vom 8. August 2024

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