Jährlich werden vom Stadtrat Quoten und Zielvorgaben überprüft
Aufgrund des 1989 in Kraft getretenen Frauenfördergesetzes erstellt die Gleichstellungsbeauftragte der Stadt, Vera Konieczka, jährlich Berichte über die „Entwicklung der Frauenbeschäftigung bei der Stadt Dorsten“, die dem Haupt- und Finanzausschuss vorgelegt werden. Die Aufstellung und Fortschreibung des Frauenförderplans ist Pflichtaufgabe. Zudem schreibt das Landesgleichstellungsgesetz vor, dass alle drei Jahre ein neuer Frauenförderplan aufgestellt und vom Rat verabschiedet wird. Wenn manche Zeitgenossen heute darüber schmunzeln, sich aufregen oder einen solchen Plan für unnötig halten, dann sei daran erinnert, dass Frauen gesetzlich noch vor einigen Jahrzehnten in der Bundesrepublik stark benachteiligt waren. Obwohl im Artikel 3 des Grundgesetzes von 1949 steht: „Männer und Frauen sind gleichberechtigt“, durften Frauen ohne Erlaubnis ihrer Ehemänner nicht erwerbstätig sein, durften keine Geschäfte abschließen (nur so genannte kleine „Haustürgeschäfte“) und durften kein eigenes Konto haben. Erlaubte der Mann eine Erwerbstätigkeit seiner Frau, durfte er dennoch ohne ihr Wissen ihren Arbeitsplatz kündigen. Erst 1957 wurde das Grundgesetz der Gleichheit auch in das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) aufgenommen. Im BGB ist festgehalten, wie das Grundgesetz im Alltag und in Beziehungen zwischen den Menschen gesetzlich umgesetzt werden soll. Dass der Vater das Familienoberhaupt war und sowohl in Erziehungsfragen als auch in Eheangelegenheiten das letzte Sagen hatte, blieb allerdings unberücksichtigt. Das änderte der vornehmlich von Männern besetzte Bundestag erst, als das Bundesverfassungsgericht diesen Passus für verfassungswidrig erklärte.
Dennoch keine juristische Gleichheit zwischen Mann und Frau
Für viele Dinge benötigten Frauen bis in die 1960er-Jahre hinein immer noch die Erlaubnis ihrer Ehemänner. Mit dem Bund der Ehe ging die Ehefrau auch eine „sexuelle Verpflichtung“ ein. Frauengruppen, -vereine und -zeitschriften sowie die Einführung der Pille schafften zumindest bei den Frauen in den 1970er-Jahren eine neue Sichtweise. Schließlich kam es 1977 in Deutschland zu wichtigen Reformen im Ehe- und Familienrecht. Es wurde festgelegt, dass die Ehepartner die Haushaltsführung „in gegenseitigem Einvernehmen“ zu regeln haben und außerdem Rücksicht auf die Erwerbstätigkeit des anderen nehmen müssen. Vorher hatte rechtlich noch die „Hausfrauenehe“ gegolten, was bedeutete, dass der Mann hauptsächlich für den Unterhalt und die Frau für die Versorgung der Familie zuständig war.
Erstmals Bericht über Frauenbeschäftigung bei der Stadt Dorsten 1993
Erstmals erschien 1993 ein Bericht über die „Entwicklung der Frauenbeschäftigung bei der Stadt Dorsten 1989 bis 1992“. Rechtsgrundlage, um einen solchen Bericht überhaupt zu erstellen, war das Gleichstellungsgesetz von 1989. Mit Stand von Januar 2016 beschäftigt die Stadtverwaltung 509 Frauen und 468 Männer. Frauen sind vorwiegend im allgemeinen Verwaltungsdienst sowie im Erziehungs- und Sozialdienst beschäftigt. Männer sind dagegen in den technischen Diensten mehrheitlich beschäftigt, doch es gibt immer mehr Ingenieurinnen. Wenn auch die Feuerwehr noch Männerdomäne ist, so konnten ab 2012 vier Frauen als Rettungsassistentinnen in dieser Männerdomäne gesichtet werden.
In der Dorstener Stadtverwaltung gibt es Frauen als Amtsleiterinnen. Um Frauen für leitende Positionen zu gewinnen, führte die Stadt die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ein. Davon machen etliche Leiterinnen von Kindergarteneinrichtungen und Amtsleiterinnen Gebrauch. Seit Jahren beteiligt sich die Stadt am bundesweiten „Girls’ Day“, um Frauen und Mädchen auch für untypische Frauenberufe zu gewinnen. Die Stadtverwaltung beschäftigt beispielsweise mehrere Straßenwärterinnen, die von der Stadt ausgebildet wurden.
In einem Interview mit Claudia Engel von der „Dorstener Zeitung“ vom 5. Februar 2015 resümierte Dorstens Gleichstellungsbeauftragte Vera Konieczka, dass sich Frauen bei der Stadtverwaltung mehr im gewerblich-technischen Bereich und in Informatikbereich bewerben sollten. „In einer multikulturellen Gesellschaft wäre sicherlich von Vorteil, auch mehr Beschäftigte mit Migrationshintergrund zu haben.“
Gesetze für Frauenförderung im öffentlichen Dienst in NRW laufen leer
„Frauen sind bei gleicher Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung bevorzugt zu befördern“, steht in den Gleichstellungsgesetz, Gleichberechtigungsgesetzen und den Chancengleichheitsgesetzen, die es in Deutschland seit den frühen 1990er-Jahren gibt. Die Formulierung klingt gut, wirkt aber nicht. Jahrzehnte nach der Einführung sind Frauen in Führungspositionen immer noch unterrepräsentiert. Warum das so ist, hat der frühere Präsident des Bundesverfassungsgerichtes Hans-Jürgen Papier Mitte 2014 in einem Gutachten für Nordrhein-Westfalen herausgearbeitet. Die Gleichstellungsgesetze sind, wie man im gesamten öffentlichen Dienst besichtigen kann, ziemlich leerlaufende Gesetze. Sie gaukeln Frauenförderung nur vor – oft mit einer Gleichstellungsbeauftragten, die irgendwie in einem Nebenzimmer im Rathaus untergeordnet irgendwas macht und niemand weiß, was genau. Weil bei den Bewertungskriterien für die Kandidaten so lange herumgedoktert wird, bis es Kandidaten mit gleicher Eignung nicht mehr gibt. Die Kriterien werden so angewandt, „dass praktisch ein Bewerber als der bestqualifizierte eingestuft werden muss“ – Im Zweifel ein Mann. Papier macht den Vorschlag, das Herumdoktern gesetzlich zu beschränken und formuliert eine Neuregelung: „Frauen sind bevorzugt zu befördern, soweit ein Bewerber nicht eine offensichtliche bessere Eignung, Befähigung oder fachliche Leistung vorzuweisen hat.“
Die NRW-Regierung will daher die Frauenförderung umkrempeln – um mehr Führungspositionen weiblich zu besetzen. Ende 2012 waren zwar mehr als die Hälfte (58,7 Prozent) der beim Land Beschäftigten Frauen. Dennoch gelte: Je höher die Position, desto geringer der Frauenanteil.
Kaum Frauen an der Spitze
Anteil der weiblichen Beschäftigten im öffentlichen Dienst NRW 58,7 Prozent, im Höheren Dienst 54,8 Prozent, davon Eingangsamt (Gehaltsgruppe A13/E15Ü) 64,6 Prozent, Endamt (Gehaltsstufe A16/E13) 27,4 Prozent, Spitzenposition (Gehaltsgruppe B5 und mehr) 24,6 Prozent (Quelle: Landesregierung NRW; siehe Gleichstellungsbeauftragte). Der Anteil der weiblichen Beschäftigten im öffentlichern Dienst in Nordrhein-Westfalens:
Insgesamt: 58,7 Prozent
Höherer Dienst: 54 Prozent
davon Eingangsamt (Gehaltsgruppe A13/E15Ü): 64,8 Prozent
Endamt (Gehaltsgruppe: A16/E13): 27,4 Prozent
Spitzenposition (Gehaltsgruppen B5 und mehr): 24.6 Prozent.