Erbe, Ingo

Lyriker gehörte in den 1980er-Jahren dem „Dorstener Künstlertreff“ an

Geboren 1939 in Hagen; Literat und gelernter Industriekaufmann. – Seine Sporen als Lyriker verdiente er sich beim „Dorstener Künstlertreff“ von Antonio Filippin in der Eisdiele am Marktplatz, die sich in den 1980er-Jahren zum „Mekka“ vieler Literaten und Künstler aus dem nahen Ruhrgebiet entwickelt hatte, wie die WAZ damals geschrieben hatte. Unter denen, die von außerhalb kamen, war auch Ingo Erbe, dessen literarischer Weg auf Kreta begann und den er über Dorsten fortsetzte. Obwohl Ingo Erbe schon immer einen künstlerischen Beruf ergreifen wollte, wurde er zunächst Industriekaufmann. Als junger Mann reiste er durch die Welt, um fremde Kulturen filmisch fest zu halten und ließ sich dann vorübergehend auf Kreta nieder. Die Erlebnisse seiner vielen Reisen hielt er auf Schmalfilmen fest. Doch reichte ihm das Bild nicht, seine durchweg auf Leben und Wirken vergangener Kulturen ausgerichteten Filme brauchten Kommentare, Geräusche, Musik, die sich zu Geschichten zusammenfügten, wie bei „Ein Geschenk des Nils“ und „Steinerne Memoiren“. Seine literarische Ambition verdrängte die fotografische. Ingo Erbe wendete sich ab vom fotografischen Bild, ging hin zum sprachlichen, zu einer Synthese aus Lyrik und Prosa, wie sein ehemaliger Verleger Thomas Bein vom  Riboth Verlag befand. In der Abgeschiedenheit der damals noch nicht vom Massentourismus heimgesuchten Mittelmeerinsel Kreta entstand auch sein Roman „Seraphina“ und viele seiner Erzählungen.

Das stete menschliche Fehlverhalten bissig-spöttisch bloßgestellt

I. Erbe damals (oben) und heute

Ebenfalls legte sich hier seine literarische Bestimmung fest, wobei Ingo Erbe seine Themen fand: das Kind, das Tier und die Natur. Er stellte alle drei Wesensarten literarisch in direkten Zusammenhang. Hier beschloss er dann den literarischen Weg einzuschlagen. Nach Deutschland zurückgekehrt, bestärkte ihn darin seine Beteiligungen an den Dorstener Künstler- und Literatentreffs, denen er sich 1981 anschloss, ab 1982 auch dem „Gladbecker Künstlertreff“. 1986 gründete Ingo Erbe 1986 einen eigenen Verlag, den „waltan maren verlag“. Mittlerweile hat er zahlreiche Werke veröffentlicht und lebt teils in Essen und teils in Frankreich. Im Eigenverlag erschien Anfang der 1980er-Jahre „Lyrato“ und „Wolkenbruch über Arkadien“. Mit seiner Hinwendung an seine in Kreta festgelegten Themen der Kinderwelt, der Natur und Tierwelt und dem damit verbundenen Einblick auch in begangene Verbrechen an Kindern, Tieren und der Natur, ging er auf Distanz zur menschlichen Gesellschaft. Damit fiel auch seine bisherige in Filmen wirkende Achtung vergangener Kulturen hinab in die Überzeugung von einem immer waltenden menschlichen Fehlverhalten. Darüber schrieb er bissig-spöttisch in „Zyprianos Zynikos“ 1992. Dennoch sind seine Werke keine traurigen Schilderungen gesellschaftlicher Missstände, das Verbrechen steht im Hintergrund, ist vage Kulisse, vorne springt zum Trotz die Freude mit der Liebe Seilchen, manchmal auch mit dem Zynismus.

DICHTKUNST

Der Dichter seine Verse baut,
bei Goethe und bei Schiller klaut,
mit eignem Dünken fein zerkaut,
was da im Kopf ist fest gestaut,
mal sauber, aber auch versaut,
in Worten zart, zuweilen aufgeraut,
der Liebe, die ihm kaum vertraut,
im Dunst der Reime schlimmes graut,
und Sinn im Unsinn taut,
der Dichter müde, trübe schaut,
er liest sein Werk sich vor ganz laut,
und sein Gedicht, es ist gebraut,
und wartet, dass es wer zusammenhaut.

Veröffentlichungen Prosa (Auswahl): „Zynismusial“, Lyrik und Prosa“, waltan maren Essen 2003. – „Seraphina“, Roman, waltan maren verlag, Essen 1990. – „Zyprianos Zynikos“, Lyrik und Prosa, waltan maren verlag Essen 1992. –„Pyromania“, Erzählungen, Riboth Verlag Bonn 1985. Lyrik und Prosa: „friedlich, aber nicht kampflos“, Riboth Verlag Bonn 1994. – „Sanft“, waltan maren varlag Essen 1993. – „Zyprianos Zynikos“, waltan maren verlag Essen 1992. – „Bisswunden“, Riboth Verlag Bonn 1986. – „Herzwolf“,. Riboth Verlag Bonn 1983. – „Lyrapolis“, Riboth Verlag Bonn 1983. – „Lyratio“,  Riboth Verlag Bonn 1982. – „Wolkenbruch über Arkadien“,  Riboth Verlag Bonn 1981. – Anthologie. „Fassungslos“,  Lyrik. In: Kindheit. Fouqué Literatur Verlag Frankfurt am Main 2001.

Siehe auch: Künstlertreff Dorsten
Siehe auch: Antonio Filippin I
Siehe auch: Antonio Filippin II
Siehe auch: Literarischer Arbeitskreis Dorsten
Siehe auch: Literaten lebend


Quelle: Wolf Stegemann in „Ruhr-Nachrichten“ vom März 1983, 5. Juni 1984.

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