Hervester Pfarrer wurde 1875 angeklagt, weil er widerrechtlich Messen las
1818 in Wirthe/Borken bis 1890 in Hervest. – Er wurde 1854 Pfarrer von St. Paulus in Hervest. Während seiner Amtszeit fand der „Kulturkampf“ (1871 bis 1878) zwischen dem preußischen Staat und der katholischen Kirche statt, der auch den Hervester Pfarrer auf die Anklagebank brachte. Zudem fanden während seiner Amtszeit viele Jahre langwierige Untersuchungen über die Bau- und Unterhaltungspflichten des Pfarrhauses sowie über die Messpflichten des Pfarrers statt. Hierzu gibt es einen umfangreichen Schriftwechsel über viele Jahre hinweg mit dem Generalvikariat in Münster.
Wegen eines körperlich zu groß gewachsenen Kaplans wurde umgebaut
Johann Heinrich Eming wurde 1818 in der Gemeinde Wirthe im Kirchspiel Borken geboren, im Juni 1844 zum Priester geweiht und kam 1845 als Kaplan nach Lembeck. Die langwierigen Auseinandersetzungen mit dem Generalvikariat in Münster hatten auch die Körpergröße des Kaplans Wilhelm Hagedorn zum Verhandlungsgegenstand. Denn der für 1856 avisierte Kaplan konnte in keinem Zimmer des Pfarrhauses, auch nicht im „Paterskämmerchen“ aufrecht stehen. Es war auch kein Bett da, in das er passte. Also musste über die Aufstockung des Pfarrhauses verhandelt werden. Daher wurde im selben Jahr noch ein Kaplanei-Fond angelegt und die Genehmigung zum Umbau des Pastorats eingeholt. Die Mittel dafür musste die Gemeinde St. Paulus aufbringen. Als Gegenleistung verlangte die Gemeinde vom Pfarrer, dass er jede Woche eine heilige Messe für die Gemeinde las, wenn nicht zwei Feiertage in eine Woche fielen. Daraus kann man heute schließen, dass es zu jener Zeit nicht üblich war, an jedem Werktag eine heilige Messe zu lesen. Allerdings war die Zahl der Feiertage im Jahr erheblich höher als heute. Es gab 52 Feiertage, wie aus einem Dokument aus dem Jahre 1863 hervorgeht. So gab es neben dem Sonntag in der Woche auch noch einen Feiertag.
Schwerhöriger Hilfsgeistlicher konnte die Beichte nicht hören
Zwei Jahre, nachdem für den überlangen Kaplan Hagedorn das Pastorat nach oben vergrößert und ein längeres Bett angeschafft worden war, wurde er als Schulvikar nach Buer abberufen. Da kein Nachfolger zur Verfügung stand, wurde als Hilfsgeistlicher der Priester Rohling nach Hervest geschickt, der aber so schwerhörig war, dass er nicht die Beichte hören konnte. Daher wurde er 1859 durch Kaplan Schepers abgelöst, dessen Nachfolger Johann Wienfort aus Polsum bei Amtsantritt 1861 mit Pfarrer Eming einen genauen Vertrag über die Pflichten des Kaplans und die Leistungen des Pfarrers abschloss. Drei Jahre später wurde dem Pfarrer mit Bernhard Nienhaus ein neuer Kaplan zur Seite gestellt. Ihm folgte 1869 Anton Hoppenburg.
Verfahren gegen Eming vom Appelationsgericht in Münster eingestellt
Während des Kulturkampfes (1871-1878) wurde am 6. Oktober 1875 auch Pfarrer Eming angeklagt und beschuldigt, zusammen mit anderen Geistlichen nach dem Tod des Pfarrers von Rhade dort geistliche Amtshandlungen (z. B. Messelesen) vorgenommen zu haben, ohne dazu eine Genehmigung zu haben. In einer 1. Verhandlung am 5. November 1875 verurteilte ihn das Gericht zu einer Geldstrafe. Das Verfahren wurde aber nach einer Berufung vor dem Appelationsgericht in Münster am 16. März 1876 eingestellt und die Geistlichen wurden freigesprochen. Zu dieser Zeit stand auch der Bischof von Münster vor Gericht und der Paderborner Bischof wurde steckbrieflich gesucht. Ihnen warf das Gericht u. a. vor, „widerrechtlich“ die Anstellung von Geistlichen vorgenommen zu haben. Nachdem der Bischof Johann Bernhard am 8. März 1876 seines Amtes enthoben wurde, flüchtete er nach Südholland ins Ausland. Aus seinem Exil heraus nahm er seine Amtsgeschäfte so gut es ging wieder auf; Anordnungen unterzeichnete er mit „Felix“. 1878 vermerkte Pfarrer Eming in der Hervester Kirchenchronik, dass in der Diözese Münster etwa 80 Pfarrstellen unbesetzt seien, da die Pfarrer verstorben seien und neue nicht eingesetzt werden durften.
Emings „Mai-Andacht“ in über 240 Auflagen erschienen
In dieser für die katholische Kirche schwierigen Zeit feierte Pfarrer Johannes Heinrich Eming 1879 sein 25-jähriges Priesterjubiläum in Hervest. Anlässlich dieses Ereignisses wurde der Pfarrer in der Kirchenchronik als sehr frommer Mensch beschrieben, der in seiner Gemeinde regelmäßig Missionen veranstaltete und einige religiöse Vereine gründete wie 1866 die Jungfrauen- und Junggesellen-Sodalität, 1882 die Erzbruderschaft vom heiligen Rosenkranz. Auch veröffentlichte er viele religiöse Schriften. Schon als Kaplan war er Mitbegründer der in Dülmen erscheinenden Wochenschrift „Katholisches Missionsblatt”, für die er Artikel schrieb. Als Pfarrer von Hervest soll er viele Gebets- und Betrachtungsbücher verfasst haben, von denen das „Maiandachtsbüchlein” in über 240 Auflagen erschienen und bis ins 20. Jahrhundert in Gebrauch war. 1881 wurden aus „sanitäts-polizeilichen“ Gründen weitere Bestattungen auf dem die Kirche St. Paulus in Hervest umgebenden Friedhof verboten. Die Kirchengemeinde bekam von der politischen Gemeinde das heutige Friedhofsgelände geschenkt, das vom Kirchenvorstand verwaltet wurde und in dessen nordwestlicher Ecke auch ein „ziviler“ Begräbnisplatz eingerichtet wurde. Am 3. Mai 1881 wurde der Friedhof geweiht.
Zwei Jahre vor seinem Tod wurde der Pfarrer Dechant
Am 29. April 1890 starb Pfarrer Johannes Heinrich Eming nach langer schwerer Krankheit. Zwei Jahre vor seinem Tod war er 1888 noch zum Dechant ernannt worden. Der bereits 22 Jahre als Kaplan in Hervest tätige Anton Hoppenberg wurde zum Pfarrverwalter sowie zum Testamentsvollstrecker und Universalerbe Emings eingesetzt Sein Nachfolger war Augustin Stegemann.
Siehe auch: Bernhard Grothues
Siehe auch: Heinrich Westermann
Siehe auch: Paukuskirche
Siehe auch: Franz Schulte Tenderich
Siehe auch: Johann Konrad Freyssem
Siehe auch: Augustin Stegemann
Siehe auch: Joseph und Heinrich Vissing
Siehe auch: Hervest
Siehe auch: Kulturkampf