Einheitslastenabrechnungsgesetz

Von Soli, Solidarpakt, Länderfinanzausgleich und den Missbräuchen

Bis 2019 zahlt das Land Nordrhein-Westfalen jährlich rund 800 Millionen Euro für die deutsche Einheit. Im Februar 2011 legte das Land Nordrhein-Westfalen für die Not leidenden Städte und Gemeinden Kommunalverfassungsbeschwerde beim Verfassungsgerichtshof NRW in Münster ein. Die Klage gegen das sperrig zu lesende „Einheitslastenabrechnungsgesetz“ wird finanziell und ideell unterstützt von 91 Kommunen, weitere 142 Gemeinden und die Kreise haben ihre Solidarität erklärt, darunter auch die Stadt Dorsten.

Das Gesetz wurde 2010 vom Landtag mit schwarz-gelber Mehrheit verabschiedet. Es regelt, wie viel Geld die Kommunen und das Land NRW für die Kosten der deutschen Einheit bezahlen müssen. Die Gemeinden klagen, weil sie zu viel Geld in die Finanzierung der deutsche Einheit zahlen, obwohl sie, wie es auch in Dorsten der Fall ist, selbst im Nothaushalt stecken. Der Solidarpakt II, der die Finanzausstattung der ostdeutschen Bundesländer langfristig auf eine sichere Grundlage stellen soll, läuft erst im Jahr 2019 aus. Obwohl das Land mittlerweile sogar Zahlungen aus dem Länderfinanzausgleich erhält (im Jahr 2010 mehr als 350 Millionen Euro), unterstellt es im Einheitslastenabrechnungsgesetz statt dessen Belastungen in Höhe von etwa 800 Millionen Euro jährlich, die es bis zum Jahr 2019 fortschreibt. Die Beteiligung der Kommunen an diesen fingierten Lasten würde bis zum Ende des Solidarpakts zu kommunalen Überzahlungen in einer Gesamthöhe von rund zwei Milliarden Euro führen, so die kommunalen Spitzenverbände. – Bis zu einem Urteil des Verfassungsgerichts Münster wird das Land auf den Vollzug des Gesetzes verzichten. Der von allen Steuerzahlern in West und Ost zu zahlende Solidaritätszuschlag wurde kurz nach der Wiedervereinigung 1991 eingeführt, zunächst nur für ein Jahr. Damit sollte vor allem der Aufbau Ost finanziert werden. Allerdings führte die damalige schwarz-gelbe Koalition den Zuschlag 1995 erneut ein – unbefristet und mit einem Satz von 7,5 Prozent. Seit 1998 liegt der „Soli“ bei 5,5 Prozent.

Verfassungsgericht Münster entscheidet über Rechtmäßigkeit

Das Finanzgericht Münster hatte im Jahr 2007 den Solidarzuschlag, den jeder Arbeitnehmer Monat für Monat als Abgabe zu entrichten hat, für rechtmäßig erklärt. Nach Ansicht der Richter in Münster sei höchstrichterlich geklärt, dass eine Ergänzungsabgabe wie der „Soli“-Zuschlag nicht nur befristet erhoben werden darf. Das Gericht stellte sich damit gegen ein Urteil des niedersächsischen Finanzgerichtshofs, der den Soli erstmals als verfassungswidrig eingestuft hatte. Die Richter des niedersächsischen Finanzgerichtshofs in Hannover hatten erläutert, dass eine solche Abgabe nur zur Deckung vorübergehender Bedarfsspitzen erhoben werden dürfe. Die Frage, ob der „Soli“ verfassungswidrig ist, legten sie dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung vor (Az. 1 K 4077/08). Das oberste Gericht in Karlsruhe verwarf im September 2010 die Vorlage des Niedersächsischen Finanzgerichts (AZ: 2 BvL 3/10 – Beschluss vom 8. September 2010). Der  Solidaritätszuschlag darf weiterhin erhoben werden. Auch die Karlsruher Richter machten deutlich, dass eine solche „Ergänzungsabgabe“ nicht von vornherein befristet werden müsse.

Im Jahr 2008 wurde der jahrelange Streit über den Länderfinanzausgleich und auf einen neuen Solidarpakt mit Ostdeutschland zwischen Bund und Ländern beigelegt. Nach dreitägigen Marathon-Verhandlungen haben sie sich auf ein Modell für die Jahre 2005 bis 2019 geeinigt.  Beides ist durch die Bundesergänzungszuweisungen für die neuen Länder miteinander verzahnt. Diese Neuordnung des Länderfinanzausgleichs war notwendig geworden, weil das Bundesverfassungsgericht einer Klage der Geberländer Bayern, Baden-Württemberg und Hessen stattgegeben und das geltende System für verfassungswidrig erklärt hatte. Die Karlsruher Richter hatten dem Gesetzgeber aufgetragen, den Länderfinanzausgleich bis spätestens Ende 2012 gesetzlich neu zu regeln.


Quellen:
„Handelsblatt“ Düsseldorf vom 24. Juni 2001. – „Der Spiegel“ vom 4. Juni 2007. – WAZ vom 23. September 2010. – dpa-Meldungen 2009, 2011. – „Berliner Morgenpost“ vom 10. Juni 2008. – „Die Welt“ vom 7. Februar 2011. – Matthias Korfmann „Teurer Aufbau Ost schröpft Städte in NRW“ in WAZ vom 8. Februar 2011.

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