Deutsch (III) – „Deutsche Nation“

Luther nannte 1520 in einer Schrift den christlichen Adel „deutscher Nation“

Im Zuge der hochmittelalterlichen Siedlungsbewegung nach Osten gingen große Teile der Westslawen, die ab dem späten 6. und 7. Jahrhundert in die von den Germanen während der Völkerwanderung weitgehend geräumten Gebiete eingewandert waren (in etwa identisch mit den neuen Bundesländern östlich der Linie Elbe-Saale, dem östlichen Holstein, dem niedersächsischen Wendland und Teilen Oberfrankens sowie dem östlichen Österreich – siehe Germania Slavica), in der deutschsprachigen Bevölkerung auf. Letzte nicht-assimilierte Gruppen dieser Slawen sind die heute zweisprachigen Sorben in der Lausitz (max. 60.000) und in gewisser Weise auch die Kärntner Slowenen in Österreich, welche aber – anders als die Sorben – eine direkte Fortsetzung des slowenischen Siedlungsgebiets im heutigen Slowenien darstellen.
Das Heilige Römische Reich war ein multiethnisches Gebilde, in dem neben Deutschen auch Menschen mit italienischer, flämischer, französischer und tschechischer Muttersprache in geschlossenen Siedlungsgebieten lebten. Der Historiker Helmut Neuhaus verweist auf zwölf Sprachen, die in der Frühen Neuzeit innerhalb der Grenzen des „Heiligen Römischen Reichs Deutscher Nation“ gesprochen wurden, von denen Deutsch die häufigste gewesen sei. Es wurde aber auch außerhalb der Reichsgrenzen verbreitet gesprochen, namentlich in Ost- und Südostmitteleuropa.
Unterhalb des Kaisertums bildeten sich zunehmend selbstständige Territorien heraus, deren Untertanen dabei auch eine entsprechende, auf den Kleinstaat bezogene Identität entwickelten: So kämpfte man in Kriegen für seinen Fürsten gegen das Heer des Nachbarfürsten, auch wurde die Art der Religionsausübung im Zeitalter der Reformation nicht von einer gesamtdeutschen Autorität bestimmt (anders als etwa in England oder Frankreich), sondern vom jeweiligen Territorialherren. Daher beschränkte sich eine deutsche Identität naturgemäß mehr auf den sprachlichen und kulturellen Bereich. Dieser wurde allerdings mit der Zeit, vor allem aber auch durch die vermehrte Teilhabe der Bevölkerung an der Schriftkultur, immer wichtiger. Ulrich von Hutten und Martin Luther konnten daher mit ihrem Kampf gegen „welsche“ Kirchenherrschaft auf breite Unterstützung bauen. So wandte sich Luther 1520 in einer seiner Hauptschriften an den christlichen Adel „deutscher Nation“.

Hugenotten und, Juden galten nicht als vollgültige Deutsche

Auch die Barockdichter setzten sich für die deutsche Sprache und gegen Einflüsse anderer Sprachen ein, auch wenn noch beispielsweise der preußische König Friedrich II. der französischen Kultur den Vorzug gab, die in der frühen Neuzeit der deutschen Kultur wichtige Impulse gab (Vorbild Ludwigs XIV., Hugenotten). Die deutsche Kultur erfuhr auch von Zuwanderern wichtige Anregungen, genannt seien hier die Hugenotten (unter deren Nachfahren sich auch Theodor Fontane findet). Auch die jüdische Minderheit hatte Anteil am deutschen Geistesleben (Moses Mendelssohn), doch wenn sie sich nicht wie Heinrich Heine taufen ließen, galten sie bis zu ihrer rechtlichen Gleichstellung, die in den deutschen Staaten zwischen 1797 und 1918 erreicht wurde, nicht als vollgültige Deutsche und wurden ausgegrenzt.
Im Laufe der Zeiten wanderten weitere Bevölkerungsgruppen in den deutschen Sprachraum ein, so in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts viele Polen und Masuren ins Ruhrgebiet, und assimilierten sich im Laufe der Zeit. Auf der anderen Seite wanderten auch deutsche Bevölkerungsgruppen (aus der Schweiz, Deutsches Reich usw.) in fremdsprachige oder überseeische Gebiete aus, gründeten dort eigene Kolonien oder wurden von der dortigen Bevölkerung assimiliert.

Siehe auch: Deutsch I – Sprache und Volk
Siehe auch: Deutsch II – Begriff: „Deutsches Volk”
Siehe auch: Deutsch IV – Entstehung der Nation
Siehe auch: Deutsch V – Völkisches Konzept
Siehe auch: Deutsch VI – Gegenwart
Siehe auch: Deutsch VII – Begriffserklärungen

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