Clan-Kriminalität (Essay)

Polizei und Wissenschaftler fordern dringend staatlichen Handlungsbedarf

Clan-Kriminalität ist ein brenzliges Thema. Einerseits muss der Staat gegen abgeschottete kriminelle Milieus durchgreifen. Andererseits darf es keine „Sippenhaft“ geben. Ein Thema für den Landtag. Im Kampf gegen die sogenannte Clan-Kriminalität sehen Polizeigewerkschafter und Wissenschaftler dringenden staatlichen Handlungsbedarf. In Stellungnahmen an den nordrhein-westfälischen Landtag fordern sie unter anderem wirksamere Gesetze, mehr Konsequenz bei Abschiebungen sowie beim Abschöpfen kriminell erlangter Vermögen und verstärkte Grenzkontrollen. Der Begriff Clan-Kriminalität ist allerdings umstritten, weil er nach Ansicht von Kritikern Menschen mit Migrationshintergrund alleine aufgrund ihrer Familienzugehörigkeit und Herkunft stigmatisiert und diskriminiert. Davor warnt in seiner Stellungnahme auch der Politikwissenschaftler Mahmoud Jaraba vom Erlanger Forschungszentrum für Islam und Recht in Europa. Leidtragende seien vor allem Frauen und Kinder.
Der Innenausschuss des Parlaments wird sich am 31. Oktober auf Antrag der AfD-Opposition mit dem Themenkomplex befassen. Aufgearbeitet werden sollen unter anderem Tumulte und Massenschlägereien zwischen Syrern und Libanesen in Essen und Castrop-Rauxel, die im Sommer 2023 für Empörung gesorgt hatten.

Justiziable Antwort auf das „Gesetz des Schweigens“ gefordert

Der Bund Deutscher Kriminalbeamter sieht hier akuten gesetzlichen Korrekturbedarf, um auch in Deutschland – ähnlich wie im Anti-Mafia-Paragrafen des italienischen Strafgesetzbuches – eine justiziable Antwort auf das „Gesetz des Schweigens“ zu finden. Dies sei in Essen und Castrop-Rauxel bereits zu erleben gewesen, stellte der NRW-Landesvorsitzende Oliver Huth fest.
Bei der Massenschlägerei vor einem Essener Restaurant, die sich vermutlich aus einem Familienstreit in Castrop-Rauxel entwickelt hatte, waren weit mehr als 100 Menschen aneinandergeraten. Es gab mehrere Verletzte, darunter auch Polizisten. Nach einem Treffen der Kontrahenten-Gruppen unter Leitung eines – staatlich in keiner Weise legitimierten – sogenannten Friedensrichters hatten Zeugen nach einem Bericht des NRW-Innenministeriums zum Ablauf keine Angaben mehr gemacht oder waren erst gar nicht zu Vernehmungen erschienen. Jaraba rechnet damit, dass solche Spannungen künftig häufiger auftreten könnten. „Diese Konflikte zwischen den ‚alten Clans‘ libanesischer Herkunft und den ‚neuen Clans‘ syrischer Herkunft sind jedoch nicht ausschließlich auf kriminelle Aktivitäten zurückzuführen“, schreibt er. Die pauschale Vorstellung, dass immer streng hierarchisch und nach mafiösen Strukturen organisierte Familiennetzwerke dahintersteckten, sei „eine realitätsferne Vereinfachung“, betont Jaraba. In seiner Forschung habe er festgestellt, „dass sich die Mehrheit der Familienmitglieder von kriminellen Handlungen distanziert“.

Deutschland hat eine ernsthafte Integrationspolitik versäumt

Die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) dringt auf ein wirksames Konzept zum Umgang mit abgeschotteten Stadtvierteln. „Das soziale Milieu der Großfamilien ist hochgradig abgeschottet, hochgradig komplex und hochgradig kriminogen, aber nicht per se ‚böse‘“, stellte der stellvertretende Bundesvorsitzende, Manuel Ostermann, fest. Um Erkenntnisse in den zum Teil undurchdringlichen Strukturen im Bereich syrischer Migranten zu gewinnen, seien entsprechende personelle und sächliche Ressourcen und „kluge gesetzliche Regelungen“ unverzichtbar. Aus Sicht des Islamwissenschaftlers Ralph Ghadban hat Deutschland über Jahrzehnte eine ernsthafte Integrationspolitik versäumt. Eine „Ideologie des Multikulturalismus“ habe verhindert, dass über Clan-Kriminalität offen geredet worden sei.
„Um die Kontrolle über die Migration wiederherzustellen, muss das Asylrecht im Grundgesetz von einem subjektiven Recht zu einem Gnadenrecht, wie in anderen Ländern der Welt, umgewandelt werden“, empfiehlt er. „Die Asylanträge sollen im Ausland in den deutschen Botschaften gestellt werden.“


Quelle: RN bzw. DZ vom 28. Oktober 2024

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