Bundesverfassungsgericht 2024

Bundestag stimmte zum Schutz des Gerichts einer Grundgesetzänderung zu

Zentrale Vorgaben zur Struktur und Arbeitsweise des Gerichts werden ins Grundgesetz aufgenommen. Das beschloss der Bundestag mit den Stimmen von SPD, Union, Grünen, FDP und der Gruppe Die Linke. 600 Abgeordnete stimmten nach den Worten von Bundestagsvizepräsident Wolfgang Kubicki (FDP) dafür, 69 Abgeordnete votierten dagegen. Damit wurde die erforderliche Zwei-Drittel-Mehrheit erreicht – auch gegen den Widerstand von AfD und BSW.
Die Reform sei notwendig, um kein Einfallstor für die Feinde der Demokratie offenzulassen, betonte Bundesinnenministerin Nancy Faeser in der abschließenden Debatte. Die SPD-Politikerin erinnerte auch an die gescheiterte Weimarer Demokratie. Sie sagte, dies sei damals ein Scheitern gewesen, „das nicht zuletzt ein Scheitern der Demokratinnen und Demokraten war, weil sie es versäumt haben, die notwendigen Schritte in die Wege zu leiten, um ihre Demokratie zu schützen und zu verteidigen, weil sie ihre Institutionen nicht robust gegen Angriffe aufgestellt haben“. Der Blick in Länder wie Polen und Ungarn habe gezeigt, dass auch die stärksten Verfassungsgerichte verwundbar seien, betonte der amtierende Bundesjustizminister Volker Wissing. Stephan Brandner (AfD) kritisierte das Gesetzvorhaben und sprach von einem „Altparteienkartell“.
Der Bundesrat muss dem Gesetzesvorhaben, das die Unabhängigkeit und Funktionsfähigkeit des Gerichts auch in politisch stürmischen Zeiten sicherstellen soll, noch zustimmen. Er wird sich mit der Reform bereits an diesem Freitag beschäftigen. Das ist möglich, weil die Länder einer Fristverkürzung zugestimmt haben. Es wird auch im Bundesrat mit einer breiten Mehrheit gerechnet.

Auf diese Weise soll das höchste Gericht besser abgesichert werden:

Status als Verfassungsorgan: Das Bundesverfassungsgericht ist neben Bundespräsident, Bundeskanzler, Bundestag und Bundesrat das fünfte Verfassungsorgan. Festgeschrieben war das bislang bereits im Bundesverfassungsgerichtsgesetz. Nun steht es aber auch im Grundgesetz. In Artikel 93 heißt es künftig: „Das Bundesverfassungsgericht ist ein allen übrigen Verfassungsorganen gegenüber selbstständiger und unabhängiger Gerichtshof des Bundes.“
Vorgaben zur Struktur: Strukturmerkmale des Bundesverfassungsgerichts, die wichtig für dessen Funktionsfähigkeit und Unabhängigkeit sind, werden künftig im Grundgesetz festgeschrieben. Dazu gehört die Festlegung auf zwei Senate mit jeweils acht Richterinnen und Richtern, die je zur Hälfte vom Bundestag und Bundesrat gewählt werden. In der Verfassung verankert wird auch die zwölfjährige Amtszeit der Richterinnen und Richter, die Altersgrenze von 68 Jahren und der Ausschluss der Wiederwahl. All diese Merkmale gelten bereits. Sie sind im Bundesverfassungsgerichtsgesetz verankert – ein sogenanntes einfaches Gesetz, das durch eine einfache Mehrheit im Bundestag geändert werden könnte. Künftig müsste man für Veränderungen der Struktur des Gerichts das Grundgesetz ändern, was eine Zwei-Drittel-Mehrheit erfordern würde.
Geschäftsordnungsautonomie: Im Grundgesetz ist künftig auch verankert, dass sich das Bundesverfassungsgericht selbst eine Geschäftsordnung gibt, nach der es arbeitet. Bei der Justizreform in Polen, die das dortige Verfassungsgericht schwächte, wurde beispielsweise festgelegt, dass Verfahren in der Reihenfolge ihres Eingangs bearbeitet werden müssen, nicht nach ihrer Bedeutung. Wichtige Entscheidungen könnten dadurch politisch verzögert oder blockiert werden. Die sogenannte Geschäftsordnungsautonomie soll derartigen Missbrauch verhindern.

Siehe auch: Bundesgesetze – Lage 2025


Quelle: RN (DZ) vom 20. Dezember 2024

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