Sie war ein Teil der preußischen Provinz Westfalen – heute von NRW
Dorsten gehört mit dem Landkreis Recklinghausen zum Regierungsbezirk Münster. – Die Bezirksregierung Münster ist eine von fünf Bezirksregierungen in Nordrhein-Westfalen. Im Regierungsbezirk leben auf einer Fläche von über 6.900 Quadratkilometern rund 2,6 Millionen Einwohner. Zum Bezirk gehören das Münsterland mit den Kreisen Borken, Coesfeld, Steinfurt und Warendorf und der kreisfreien Stadt Münster sowie die Emscher-Lippe-Region, also das nördliche Ruhrgebiet, mit den kreisfreien Städten Bottrop und Gelsenkirchen und dem Kreis Recklinghausen. Im Westen grenzt der Regierungsbezirk an die Niederlande und im Norden an Niedersachsen.
Die Bezirksregierung gehört zu den ältesten Verwaltungseinrichtungen in Deutschland, die alle Umbrüche überdauert haben. „Bezirksregierung Münster“ lautet ihr Name aber erst seit den 1990er-Jahren. Zuvor, bis 1918, war stets von der „Königlichen Regierung zu Münster“, danach bis 1945 von der „Regierung Münster“ oder nach 1945 vom „Regierungspräsidenten in Münster“ die Rede. Ihr Geltungsbereich umfasst seit 1815 das Hochstift des vormaligen Fürstbistums Münster, die ehemaligen Grafschaften Tecklenburg und Steinfurt, die einstigen Herrschaften Anholt und Gemen sowie das frühere Vest Recklinghausen. Im weitesten Sinne also jenes Gebiet, das allgemein als Münsterland bekannt ist, abgesehen vom einst kurkölnischen Recklinghausen und vom altpreußischen Tecklenburg. Bis 1866 war Münster einer von insgesamt 26, danach, bis 1918, einer von 36 preußischen Regierungsbezirken. Nach dem Ersten Weltkrieg bestand der Freistaat Preußen aus 34 Bezirken. Unter den fünf Regierungsbezirken des 1946 aus dem nördlichen Teil der Rheinprovinz und der Provinz Westfalen gegründeten Landes Nordrhein-Westfalen, Düsseldorf, Köln, Arnsberg und Detmold, steht Münster der Fläche nach an dritter, an der Bevölkerungszahl gemessen an vierter Stelle. Ursprünglich umfasste die Fläche 7.200 Quadratkilometer, also 300 mehr als heute. Grenzkorrekturen und die Ausgliederung verschiedener Gemeinden in den 1920er-Jahren hatten den Rückgang bewirkt.
Reichfreiherr Karl vom Stein an der Spitze der Behörde
Im Zuge der Neuordnung der politischen Landkarte in Deutschland zu Beginn des 19. Jahrhunderts, die mit dem Verlust der staatlichen Macht der katholischen Kirche, der „Säkularisation“, einherging, waren das Münsterland und andere Gebiete Westfalens an Preußen gefallen. Am 1. Dezember 1803 trat Karl Freiherr vom Stein an die Spitze der „Kriegs- und Domänenkammer“ in Münster. Mitte Oktober 1806, im Verlauf des siegreichen Feldzugs Napoleons gegen Preußen, geriet die Region bis 1813 unter französischen Einfluss. Nach dem Ende des Wiener Kongresses 1815, auf dem die europäische Staatenordnung für die folgenden Jahrzehnte geregelt wurde, fiel Westfalen, das einst aus einer Vielzahl kleiner Territorien bestand, als Ganzes endgültig an Preußen. Münster wurde Hauptstadt der neu errichteten Provinz und zugleich Sitz des für den gleichnamigen Bezirk zuständigen Regierungspräsidenten. Westfalen war bis 1946 eine von zwölf preußischen Provinzen.
Grundlage der preußischen Verwaltungsarbeit bildete die am 26. Dezember 1808 in Königsberg erlassene „Verordnung wegen verbesserter Einrichtung der Provinzial-, Polizei- und Finanzbehörden“. Dies war sozusagen die Geburtsstunde der heutigen Bezirksregierung. In dieser Verordnung waren die künftigen Aufgabenbereiche der „Regierungen“ der Monarchie einheitlich geregelt. Zugleich wurde das Nebeneinander verschiedener Verwaltungseinrichtungen beendet, da diese „Einheit und Übereinstimmung verhindere und den Geschäftsgang schleppend“ machte. Die Neuerung bestand darin, alle Verwaltungsangelegenheiten der Landeshoheit zusammenzufassen. Damit gab der Staat der horizontalen Bündelung von Aufgaben und Zuständigkeiten den Vorzug vor der bisherigen säulenartigen Struktur von Fachabteilungen. Diese Weichenstellung hatte angesichts der bis 1866 anhaltenden Zersplitterung des Staatsgebiets auch den Vorteil, allerorten mit staatlicher Präsenz aufwarten zu können. Die Regierungen bildeten dabei den Staat als einheitliche Organisation ab. Dieses Verwaltungssystem besteht bis heute.
Ebenso wie in allen anderen preußischen Verwaltungszentren amtierte der Oberpräsident in der jeweiligen Provinzialhauptstadt zugleich als Präsident der Regierung, überließ die Amtsgeschäfte aber einem Regierungsvizepräsidenten. 1887 wurde diese Personalunion aufgehoben und Münster erhielt einen eigenen Präsidenten. Die Spitzenbeamten, oftmals adeliger Herkunft, stammten aber in den seltensten Fällen aus Westfalen. Sie kamen wiederholt aus den preußischen Ostgebieten und blieben auch nicht lange in der Stadt. Die meisten waren evangelischer Konfession. Alle verfügten über eine juristische Ausbildung und lange Verwaltungserfahrung. Einige Namen sind bis heute im Regierungsbezirk geläufig, auch deshalb, weil Straßen nach diesen benannt wurden, etwa nach Ludwig Freiherr Vincke oder Franz von Duesberg.
Sitz im Fürstenhof am Domplatz
Am 3. August 1816 nahm die „Königliche Regierung“ in Münster ihre Arbeit mit Sitz im so genannten Fürstenhof am Domplatz auf. Eine der ersten Amtshandlungen war die Unterteilung ihres Bezirks in zehn Landkreise und den Stadtkreis Münster. Ihre Verwaltung bestand aus zwei Abteilungen: Die erste befasste sich mit Fragen der Landeshoheit, also mit der Polizei- und Kommunalaufsicht, mit Militärangelegenheiten sowie mit dem Bauwesen und mit Schulbelangen, soweit sie nicht in kirchlicher Verantwortung standen. Die zweite Abteilung war für die direkten Steuern, die Domänen und Forsten sowie für Etat- und Rechnungswesen zuständig. Effiziente Strukturen sorgten, unter steter Rücksprache mit den Landräten, für einen zügigen, streng geregelten Ablauf der Vorgänge. Diese wurden wiederum nach einer bestimmten Ordnung dem Abteilungsdirigenten und schließlich dem Regierungspräsidenten vorgelegt. Die ihm wichtig erscheinenden Sachverhalte übermittelte er dem Oberpräsidenten und dieser dann dem Innenminister in Berlin, beziehungsweise dem Monarchen selbst.
Im Nationalsozialismus lediglich Befehlsempfänger
Arbeitsweise und Aufgaben der münsterschen Regierung überdauerten das Ende der Monarchie im Jahre 1918. Verschiedene Krisen der Weimarer Republik, besonders die Ruhrbesetzung 1923 und die 1930 ausbrechende Weltwirtschaftskrise, setzten der Behörde in einem bisher nicht gekannten Ausmaß zu. 1932, im Zuge der rechtswidrigen Absetzung der preußischen Regierung durch Reichskanzler Franz von Papen, geriet auch Münster in den Strudel der großen Politik. Ohne Angabe von Gründen wurde der Hausherr am Domplatz, Rudolf Amelunxen, kurzerhand abgesetzt. Sein Nachfolger, Hermann Pünder, war nur ein Jahr im Amt und wurde 1933 von den Nationalsozialisten seines Postens enthoben. Danach standen bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs vier Parteigänger der NSDAP an der Spitze der münsterschen Regierung. Als Befehlsempfänger des allmächtigen Gauleiters Alfred Meyer besaßen sie keinerlei Gestaltungsmöglichkeiten und waren, wie zahlreiche andere in Münster ansässige Staatsinstitutionen, in die Vernichtungsmaschinerie des „Dritten Reichs“ eingebunden. Planungen, die Regierungspräsidien im Bereich des NS-Gaues Westfalen-Nord aufzulösen und mit dem Oberpräsidium zu verschmelzen, wurden nicht mehr umgesetzt. Kriegsbedingt hatte die „Behördenstadt Münster“ ohnehin schon schweren Schaden genommen. Im Dezember 1944 wurden Abteilungen, deren Arbeit mit keinem Publikumsverkehr verbunden war, vorübergehend nach Bad Driburg verlegt.
Landesbehörde als staatliche Mittelinstanz
Die tiefste Zäsur in der Geschichte der münsterschen Regierung vollzog sich nach Kriegsende. Weite Teile der Region waren zerstört. Wichtigste Aufgabe des im Sommer 1945 von der britischen Besatzungsmacht zum Regierungspräsidenten bestellten Franz Hackethal war die Organisation des Wiederaufbaus, besonders der Infrastruktur, und die Schaffung demokratischer Strukturen in den Kommunen. Mit der Gründung des Landes Nordrhein-Westfalen im August 1946 ging zugleich auch eine Aufwertung der Behörde einher. Münster war nun nicht mehr einer von 34 preußischen Regierungsbezirken, sondern einer von ursprünglich sechs zwischen Rhein und Weser. Zugleich wurden die seit 1815 bestehenden Oberpräsidien abgeschafft. Deren Aufgabenbereiche wurden entweder den Landesoberbehörden oder den Regierungspräsidien übertragen. Die Bezirksregierung Münster ist nach vielen Reformen und inneren Neustrukturierungen heute eine Landesbehörde, die als staatliche Mittelinstanz viele Aufgaben der Landesregierung bündelt. Zugleich vertritt sie die regionalen Interessen und nimmt weiterhin hoheitliche Aufgaben wahr.
Die Regierungspräsidenten
Reichfreiherr Heinrich Friedrich Karl vom und zum Stein 1802-1804, Freiherr Ludwig von Vincke 1816-1844, Justus von Schaper 1845-1846, Eduard von Flottwell 1846-1850, Franz von Düesberg 1850-1871, Friedrich von Kühlwetter 1871-1882, Robert Eduard von Hagemeister 1883-1887, August von Liebermann 1887-1890, Hermann von Schwarzenberg 1890-1897, Alfred von Gescher 1897-1909, Jaroslaw von Jarotzky 1909-1913, Felix Graf von Merveldt 1913-1922, Heinrich Haslinde 1922–1926, Carl Hettlage 1926, Rudolf Amelunxen 1926-1932, Hermann Pünder 1932–1933, Kurt Matthaei 1933-1934, Kurt Klemm 1934-1941, Günther Graf von Stosch 1941–1943, Theodor Pründt 1943, Walter Ruhs 1944-1945, Clemens Freiherr von Oer 1945, Franz Hackethal 1945-1956, Bernhard Reismann 1957-1958, Josef Schneeberger 1959-1973, Egbert Möcklinghoff 1973-1978, Erwin Schleberger 1978-1995, Jörg Twenhöfen 1995–2006, Peter Paziorek 2007-2011, Reinhard Klenke, seit 2011.
Quellen:
Stark gekürzt entnommen der Homepage der Bezirksregierung (Autor: Bernd Haunfelder), Stand 2012. – Bernd Haunfelder „Die münsterschen Regierungspräsidenten im 20. Jahrhundert“, Einleitung Amt und Namen, Bezirksregierung Münster 2006.