Geplantes Zechensterben: Schließung von „Auguste Victoria“ in Marl
Blick in die Nachbarstadt Marl: Nach 115 Jahren hat die Marler Steinkohlenzeche „Auguste Victoria“ (AV) am 18. Dezember 2015 ihre Schächte planmäßig dichtgemacht. Dorstens Bergwerk „Fürst Leopold/Wulfen“ ist bereits 2001 verschwunden. Bis 2018 werden auch die letzten beiden Zechen in Bottrop und in Ibbenbüren ihre Förderung einstellen. Die Zeiten, in denen der Staat bereit war, Jahr für Jahr Milliarden auszugeben, um die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Steinkohle gegen die Konkurrenz von Übersee sicherzustellen, sind dann endgültig vorüber.
Namenspatronin der Marler Traditionszeche war die Frau des letzten deutschen Kaisers Wilhelm II. In Spitzenzeiten arbeiteten dort 11.000 Menschen. 2014 waren es nur noch 2.800 Beschäftigte, zuletzt 1.000. Die Jahresförderung lag bei rund zwei Millionen Tonnen. Im Ruhrgebiet waren im Jahr 2.000 noch zwölf Zechen in Betrieb, die noch 1957 mit 610.000 Beschäftigten über 150 Millionen Tonnen förderten. 2014 kamen gerade noch 7,6 Tonnen zutage, die von kaum mehr als 10.000 „Kumpels“ ans Tageslicht gebracht wurden.
Zechenbetreiber (RAG) und die Stadt Marl wollen das 90 Hektar große Zechengelände für Logistik oder gemischte Gewerbebetriebe vermarkten und so mittelfristig 1.000 neue Stellen ansiedeln. Bergeleute, die auf 50 Lebensjahre zugehen, werden plötzlich zum „alten Eisen“ gerechnet und gehen in den Vorruhestand. Jüngeren werden ein zeitlang die Löhne weitergezahlt; sie müssen sich dann in einer neuen Berufswelt zurechtfinden.
Am Tag der Schließung der Zeche hatte der Bundesligist Schalke 04 anlässlich der letzten Schicht von „Auguste Victoria“ die entlassenen rund 1.000 Bergleute zu dem Spiel gegen Hoffenheim ins Gelsenkirchener Stadion eingeladen. Zu Beginn sangen sie in der durch einzelne Lichter erhellte Arena das traditionelle Bergarbeiterlied „Glückauf, glückauf, der Steiger kommt“. Die „Ruhr Nachrichten“ schrieben: „Da blieb kaum ein königsblaues Auge trocken…“