Bundeskanzler Scholz besuchte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge
Bundeskanzler Olaf Scholz hat bei einem Besuch des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bamf) im Juli 2024 schnellere Asylverfahren angemahnt. Bei einem Gespräch mit Mitarbeitern versprach er auch, auf europäischer Ebene bei Ländern wie Italien Druck zu machen, dass diese Asylbewerber im Zuge des sogenannten Dublin-Verfahrens zurücknehmen. „Es muss so sein, dass wir da eine veränderte Praxis erreichen“, sagte Scholz in Nürnberg. Er sei mit seinen Kollegen in mehreren Ländern Europas im „Dauergespräch“.
Für die Bamf-Mitarbeiter sind die Probleme bei der Rücknahmebereitschaft ein tägliches Ärgernis, wie sie im Gespräch mit dem Kanzler deutlich machten. Italien und andere Länder akzeptieren derzeit keine oder nur eine geringe Zahl von Flüchtlingen, zu deren Aufnahme sie aber nach dem Dublin-Abkommen verpflichtet wären. Der Dublin-Verordnung zufolge ist immer nur ein EU-Staat für die Prüfung und Abwicklung von Asylverfahren zuständig – in der Regel jenes Land, auf dessen Boden der Schutzsuchende zuerst europäischen Boden betreten hat.
Insgesamt mahnte Scholz mehr Tempo bei der Bearbeitung von Asylanträgen an. Dies sei entscheidend, auch für die Akzeptanz in der Bevölkerung. „Wir müssen dafür Sorge tragen, dass wir state of the art sind“, sagte der Kanzler mit Blick auf die Digitalisierung. Es müsse dafür Sorge getragen werden, dass die digitale Geschwindigkeit hoch bleibe, auch künstliche Intelligenz spiele eine Rolle. Eine entscheidende Frage sei die Ausstattung des Bundesamtes mit ausreichend Personal. Sowohl im zurückliegenden Bundeshaushalt als auch im neuen Haushalt sei dies berücksichtigt worden. Wichtig sei auch, dass Asylanträge auf Ebene der Bundesländer noch in den Erstaufnahmeeinrichtungen gestellt würden – vor der Verteilung auf die Kommunen. „Dass das flächendeckend so gelingt, ist ganz entscheidend“, sagte Scholz. Dies könne eine „dramatische Beschleunigung“ des Verfahrens zur Folge haben.
Gerichtsentscheidung bei Asylverfahren im Schnitt 20 Monate
Er sprach sich auch für mehr Tempo bei den Verwaltungsgerichtsverfahren aus. In Rheinland-Pfalz ist die erste Instanz bei solchen Verfahren in weniger als sechs Monaten abgeschlossen. Dort sind alle Asylgerichtsverfahren auf ein Verwaltungsgericht (VG Trier) am Standort der für Prozessverfahren zuständigen Bamf-Außenstelle zusammengefasst. Der bundesweite Schnitt liege jedoch bei 20 Monaten. Die Zahl der Asylanträge ist in Deutschland im laufenden Jahr wieder rückläufig, allerdings auf hohem Niveau. Von Januar bis Juni wurden 121.000 Anträge auf Asyl gestellt – knapp 20 Prozent weniger als im gleichen Zeitraum des Vorjahres. Die meisten kamen aus Syrien, Afghanistan und der Türkei. Entschieden wurde in diesem Jahr bereits über 150.000 Anträge. Die Schutzquote lag bei 47 Prozent. Im vergangenen Jahr wurden insgesamt 351.000 Erstanträge gestellt.
„Die leichte Entspannung, die sich beim Migrationsgeschehen aktuell abzeichnet, gibt den Gemeinden, Städten und Landkreisen zwar ein wenig Luft, um sich zu sortieren und zu organisieren. Letztlich handelt es sich ja aber nur um eine punktuelle Entlastung“, sagte Uwe Zimmermann, stellvertretender Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebundes. Doch vielfach werde unterschätzt, dass Integration ein langwieriger Prozess sei. „Bei einem quantitativ ausgereizten System – wie zum Teil in Kitas und Schulen – kann es erst dann langfristig zu einer Entspannung kommen, wenn der Zuzug sich dauerhaft und nicht nur temporär verringert“, sagte Zimmermann.
Siehe auch: Asyl (Artikelübersicht)
Siehe auch: Asylreform 2023
Siehe auch: Kirchenasyl erfolgreich
Siehe auch: Zuwanderungen
Siehe auch: Willkommenskultur
Siehe auch: Flüchtlingsunterbringung Dorsten
Quelle: Jan Sternberg in RN vom 9. Juli 2024