Angeklagt und verurteilt (2022)

Kriminelle vor Gericht: Diebe, Betrüger, Schläger, Einbrecher, Räuber

Gerichtsverfahren dauern immer länger. Gerichtsverfahren dauern vor deutschen Strafgerichten immer länger. Immer häufiger werden deshalb Tatverdächtige aus der Untersuchungshaft entlassen. Das sei in den vergangenen fünf Jahren vermehrt nicht der Fall gewesen, fast 300 Tatverdächtige wurden deshalb freigelassen. Das beklagt der Deutsche Richterbund unter Verweis auf die neue Jahresstatistik – und macht den zunehmenden Personalmangel in der Justiz dafür verantwortlich. „Die seit Jahren steigende Verfahrensdauer und die wachsende Zahl von U-Haftentlassungen wegen unverhältnismäßig langer Verfahren sind Symptome einer hohen Arbeitsbelastung der Strafjustiz“, sagt Sven Rebehn, Bundesgeschäftsführer des Richterbundes. Ein Grund für die langen Verfahren ist laut Rebehn neben dem Personalmangel auch ein steigender Aufwand, „weil internationale Bezüge zunehmen, die Komplexität des Rechts stetig steigt.“ Strafverfahren vor einem Landgericht dauerten 2021 durchschnittlich 8,2 Monate, fast zwei Monate mehr als noch zehn Jahre zuvor. Grund ist mangelndes Personal. „Nach Einschätzung unserer 40 Mitgliedsgewerkschaften fehlen 360.000 Beschäftigte“, sagte der Deutsche Beamtenbund-Vorsitzende Ulrich Silberbach der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“. Silberbach verwies darauf, dass es sich bei der Zahl der fehlenden Stellen nur um eine Momentaufnahme handele. „In den nächsten Jahren wird die Zahl aufgrund der Pensionierung der Babyboomer-Jahrgänge noch viel größer. „Rechtsanwalt Benecken lässt seine Mandanten über den Alltag im Gefängnis erzählen.

Der bekannte Marler Rechtsanwalt Burkhard Benecken hat sie alle vertreten: Mörder, Vergewaltiger, Menschenhändler, Prostituierte, Drogendealer… Und er hat sie alle, während sie zwischen Stuttgart-Stammheim, Castrop-Rauxel und Berlin-Moabit hinter Gittern saßen, in den deutschen Haftanstalten besucht. Grund war das Sammeln von Aussagen der von einzelnen Gefängnisinsassen über ihren Alltag hinter Gittern –für sein mittlerweise fünftes Buch „Inside Knast – Leben hinter Gittern – der knallharte Alltag in deutschen Gefängnissen“. Wie sieht die Realität der 67.000 Inhaftierten aus? Wie lebt es sich auf acht Quadratmetern ohne Küche, Bad, Internet und Handy? Wie viel Gewalt herrscht unter den Häftlingen? Wer hat im Knast das Sagen? Unter den Geschichten findet der Leser auch die von Sunny, einem ehemaligen Edel-Callgirl aus Marl, das in einer Betrügerbande in  millionenschwerer Kriminalität verwickelt wurde, was ihre eine mehrjährige Haftstrafe einbrachte. Burkhard Benecken: „Was Sunny im Frauenknast erlebt hat, hat mich derart bewegt, dass ich ihr ein eigenes Kapitel in meinem neuen Buch gewidmet habe.“ „Sunny“ (31) hat ihr altes Leben hinter sich gelassen. Sie ist seit November 2020 verheiratet und hat vor zwei Monaten ihr drittes Kind zur Welt gebracht. In Kürze will sie einen türkischen Lebensmittelmarkt an der Römerstraße in Hüls eröffnen. Aber auch andere inhaftierte Mandanten lässt Benecken in seinem Buch „Inside Knast“ ungeschönt zu Wort kommen. „Inside Knast – Leben hinter Gittern – der knallharte Alltag in deutschen Gefängnissen“, 224 Seiten, Riva-Verlag München, 29,99 Euro.

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„Querdenker“– Anführer erhielt in Dorsten Freiheitsstrafe. Nach einer Strafanzeige der Stadt Dorsten ist ein führender Kopf der Querdenker-Szene in NRW, Michael Schele, verurteilt worden. Erstmals blieb es nicht bei einer Geldstrafe. – Es ärgerte ihn, dass während der Pandemie keine Partys und Treffen mehr stattfinden durften. Die Pandemie, behauptete er, gebe es gar nicht. Schele, wohnhaft in Hagen, gilt seit Jahren als Frontmann der Querdenker-Szene in Nordrhein-Westfalen. Polizei und Ordnungsbehörden hatten mit ihm schon oft zu tun. Mehrere Strafbefehle sind aktenkundig, Schele kam stets mit einer Geldstrafe davon. Nach zwei Demonstrationen von Corona-Leugnern vor gut einem Jahr in Dorsten ist Schele jetzt erstmals zu einer fünfmonatigen Freiheitsstrafe verurteilt worden, die zur Bewährung ausgesetzt wurde – wegen Beleidigung und übler Nachrede gegen Personen des politischen Lebens. Seine Opfer: Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) und Dorstens Bürgermeister Tobias Stockhoff (CDU). Die Stadt Dorsten hatte Anzeige gegen den Organisator der „Versammlung für Frieden, Demokratie und freie Meinungsäußerung. GEGEN Impfzwang“ wegen Beleidigung, übler Nachrede und aller sonstigen in Betracht kommenden Delikte erstattet. Bürgermeister Stockhoff war bei einer Demonstration am 13. Dezember 2021 über Lautsprecher u. a. als „gehirngewaschener Merkel-Hitlerjunge“ bezeichnet worden. Auf Videoaufnahmen waren die Aussagen deutlich zu hören gewesen. Den Ministerpräsidenten von Sachsen verunglimpfte der Querdenker vier Tage später in Dorsten vor laufender Kamera als Nachfolger des Nazi-Propagandaministers Joseph Goebbels, der angeblich einen Schießbefehl bei der Bewältigung der Corona-Pandemie gefordert habe.
Das Amtsgericht Dorsten hielt nach Angaben der Dorstener Stadtverwaltung bereits am 23. September in öffentlicher Verhandlung dem Angeklagten zugute, dass er die Vorwürfe einräumte, allerdings sei er bereits mehrfach einschlägig strafrechtlich in Erscheinung getreten. Eine Geldstrafe war nach Auffassung der Vorsitzenden Richterin nicht möglich, da das Verhalten des Angeklagten „eine erhöhte kriminelle Energie“ zeige. Insbesondere sei in der Verhandlung eine Schuldeinsicht nicht erkennbar gewesen. Die Stadt Dorsten, die – anders als polizeiliche Ermittler – zur Verhandlung nicht geladen war und erst später vom Ergebnis erfuhr, begrüßte das seit 1. Oktober rechtskräftige Urteil in einer schriftlichen Stellungnahme ausdrücklich (Quelle: Stefan Diebäcker in DZ vom 1. Dez. 2022).

Schlösser aufgebrochen: E-Bike-Bande muss ins Gefängnis. Drei Männer sind nach einer Serie von Kellereinbrüchen in Dorsten und Marl verurteilt worden. Das Thema Freiheit ist für sie nun erst einmal vorbei. Vor diesem Trio war kein Fahrrad sicher – und wenn es noch so gut abgeschlossen war: Im vergangenen Jahr haben drei Männer aus Dorsten reihenweise Keller leergeräumt. Die Tatorte lagen vor allem in Dorsten-Hervest und Alt-Marl. Jetzt sind die 27 bis 33 Jahre alten Angeklagten verurteilt worden. Das Essener Landgericht hat Strafen von bis zu drei Jahren und drei Monaten verhängt. Alle müssen ins Gefängnis. Die Serie begann im Januar 2021. Die Angeklagten hatten es vor allem auf E-Bikes und Trekkingräder abgesehen. Immer, wenn es dunkel wurde, machten sie sich auf den Weg. Sie hebelten Haus- und Kellertüren auf, auch Fahrradschlösser waren kein Problem. Die erbeuteten Räder hatten zum Teil einen Wert von mehreren tausend Euro. Manchmal war brachiale Gewalt gar nicht nötig. In einem Mehrfamilienhaus in Marl war der Schließmechanismus der Haustür mit Zigarettenkippen außer Betrieb gesetzt worden. So konnte die Tür nicht mehr richtig ins Schloss fallen. Im Prozess hatten die drei Angeklagten – darunter zwei Brüder – weitreichende Geständnisse abgelegt. Manchmal wurden nur Akkus der E-Bikes oder Werkzeug mitgenommen. Die Beute wurde über das Internet verkauft. Einige der Diebstahlsopfer hatten sie dort später wiederentdeckt und den Ermittlern die entscheidenden Hinweise gegeben (Quelle: jh in DZ vom 30. Nov. 2022).

Serien-Anrufe bei der Ex: 600 Euro Geldstrafe. Ein Mann aus Wulfen-Barkenberg hat seine Ex-Frau monatelang nicht in Ruhe gelassen. Bis sie ihn angezeigt hat. Jetzt ist er verurteilt worden. Leicht hat es der inzwischen 41-Jährige seiner Frau nicht gemacht. 13-mal stand er schon vor Gericht, einige Strafen musste er auch absitzen. Als sie sich schließlich trennen wollte, wurde er offenbar unerträglich. Das Essener Landgericht hatte den Wulfener im November 2022 wegen Stalking zu 600 Euro Geldstrafe verurteilt. Im Prozess wollte der Angeklagte auch gar nicht bestreiten, dass er nach seiner letzten Haftentlassung immer wieder bei seiner Ex-Frau angerufen hatte. Manchmal bis zu zwölfmal am Tag. Und das ging über Wochen und Monate. „Ich wollte ihr zeigen – ich bin für dich da“, sagte der 41-Jährige den Richtern. „Ich wollte unsere Ehe nach 17 Jahren retten.“ Dass die Frau ihre Ruhe haben wollte, hatte er nicht akzeptiert. Auch sie habe Kontakt gesucht, so seine Rechtfertigung. Das Amtsgericht Dorsten hatte den Barkenberger in einem ersten Prozess bereits zu derselben Geldstrafe verurteilt. Die Staatsanwaltschaft hatte jedoch Berufung eingelegt, um eine Haftstrafe zu erreichen. Schließlich stand der 41-Jährige unter Bewährung. Weil er inzwischen seine Ex-Frau in Ruhe ließ, hatte sie am Essener Landgericht am Ende seine Bestrafung mit 600 Euro bzw. 120 Tagessätze Haft) akzeptiert. Der Angeklagte selbst saß mal wieder im Gefängnis (Quelle: jb in DZ vom 10. Nov. 2022).

Einbruch: Goldmünzen und Tresor weg – Freispruch. Bei einem schweren Einbruchsdiebstahl in Dorsten hatte/n der oder die Täter Beute gemacht. Tatort waren die Tierarztpraxis und das Wohnhaus einer Veterinärin. Beim Prozesstermin im Amtsgericht Dorsten Anfang November 2022 gab es eine Überraschung. Nachdem die Einbrecher einen Zugang zu dem Gebäude aufgehebelt hatten, ließen sie in den Praxisräumen den Tresor mitgehen – unter anderem mit Goldmünzen, Medikamenten und Dokumenten. Allein der Tresorinhalt sorgte für eine Schadenssumme von mehr als 2000 Euro. Im Privatbereich des Gebäudes fand/en der bzw. die Einbrecher Schmuck im Wert von gut 6000 Euro sowie eine auf eine mehrere tausend Euro geschätzte Münzsammlung mit Gedenkausgaben. Ins Visier der Ermittler geriet ein 43-jähriger britischer Staatsbürger. Doch war er wirklich der Täter? Das sollte am Mittwoch (2.11.) vor dem Dorstener Schöffengericht geklärt werden. Doch die Verhandlung fand überraschenderweise ohne den in England lebenden Angeklagten statt. Das Gericht hatte auf sein persönliches Erscheinen verzichtet, denn die Anklage der Staatsanwaltschaft war rechtlich nicht einwandfrei. Der Anwalt des Beschuldigten hatte nämlich kurz vor dem Prozess zwei Gutachten in Auftrag geben lassen, deren Ergebnisse seinen Mandanten entlasteten: Anhand eines Lichtbild-Vergleichs gab es keinerlei Ähnlichkeiten zwischen ihm und dem von einer Überwachungskamera gefilmten Täter, außerdem waren seine und die am Tatort gefundenen DNA-Proben nicht identisch. „Das hätte die Staatsanwaltschaft auch selbst viel früher herausfinden können“, kritisierte Strafrichtern Lisa Hinkers. Am Ende gab es einen glatten Freispruch (Quelle: Michael Klein in DZ vom 3. Nov. 2022).

„Schreihals“ zu drei Jahren und drei Monaten Haft verurteilt. Er ist als „Schreier von Dorsten“ in der Stadt berüchtigt. Im Oktober 2022 stand der 44-jährige Asylbewerber aus dem Sudan erneut vor Gericht. Er war erst Wochen vorher nach siebenmonatiger U-Haft vom Essener Landgericht zu einer elfmonatigen Bewährungsstrafe wegen sexueller Belästigung, Körperverletzung und Bedrohung verurteilt worden. Im zweitägigen Prozess vor dem Dorstener Schöffengericht wurden Ihm schwere sexuelle Nötigung in zwei Fällen, Beleidigung in fünf Fällen, Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte, tätlicher Angriff auf Polizeibeamte und Bedrohung vorgeworfen. – Es war ein heißer August-Nachmittag am Dorstener Kanal. In Höhe des Mercaden-Einkaufszentrums hatten eine 17-jährige Dorstenerin und ihre 14-jähige Freundin am Uferweg eine Decke ausgebreitet. Da kam er dann auf die beiden Mädchen zu, schrie allerdings nicht nur, sondern wurde nach Aussagen der 17-Jährigen sexuell übergriffig. „Er umklammerte mit einem Arm meine Brust, fasste mich zwischen den Beinen an“, sagte die Dorstenerin am 20. Oktober 2022 im Dorstener Amtsgericht. Nachdem der Mann an ihr diese sexuellen Handlungen begangen hatte, hatte der Mann seine Zunge so tief in ihren Mund gesteckt, „dass ich keine Luft mehr bekam“. Selbst als sie sich befreien und die Polizei anrufen konnte, „hatte er mich noch am Po berührt“.
Vorfälle am Busbahnhof und an den Mercaden: Auch eine 19-jährige Frau wurde Opfer des in einer Wulfener Unterkunft wohnenden Mannes – auch dieser Vorfall passierte im Sommer, direkt am Busbahnhof. Nachdem sich dort ein Bekannter von ihr verabschiedet hatte, um in seinen Bus zu steigen, „ist er mit einer Bierflasche in der Hand auf mich zugekommen“. Auch ihr drückte er die Zunge in den Mund, „ich habe mich gewehrt, doch der hat nicht lockergelassen“. Im Januar 2021 hatten zwei Anwohner des Lippetals (Vater und Sohn) eine unangenehme Begegnung mit dem Nordost-Afrikaner. Der 21-jährige Sohn bereitete sich damals im Homeoffice auf eine wichtige berufliche Abschlussprüfung vor. Aber jeden Tag habe der Angeklagte auf einer dortigen Kanaluferbank gesessen und derart laut herumkrakeelt, „dass ich mich überhaupt nicht aufs Lernen konzentrieren konnte“, so der Sozialversicherungsangestellte.
Mit seinem Vater hab er eines Mittags den „Schreier“ darauf hinweisen wollen, ruhig zu sein oder sich einen anderen Platz zu suchen. „Doch der fuchtelte vor uns betrunken mit einer Krücke herum, hätte uns damit getroffen, wenn wir nicht ausgewichen wären.“ Schließlich habe er den 21-Jährigen kräftig angespuckt. Eine ähnliche Attacke passierte einem Kunden in den Mercaden. „Frauen und Kinder haben dort vorher vor lauter Angst einen großen Bogen um ihn gemacht, als er mit einer Bierflasche durch das Einkaufszentrum lief“, so das Opfer. Und auch Polizisten wurden nach eigenen Angaben immer wieder von dem Angeklagten angespuckt oder getreten, wenn sie – was häufig vorkam – in Dorsten zu Einsätzen wegen des „Schreiers“ gerufen wurden. Zum Beispiel am Toom-Platz, wo Beamte einen Platzverweis gegen den Mann aussprachen, zum Beispiel am Lippetor, wohin Polizisten zu einer Körperverletzung gerufen wurden, die der „Schreier“ begangen soll, oder am Lippetor, wo der Angeklagte zuvor randaliert hatte.
Zweiter Verhandlungstag: Zu über drei Jahren Haft verurteilt: Die Verhandlung wurde am 28. Oktober fortgesetzt. Ein psychologisches Gutachten kam zu dem Schluss, dass der 44-Jährige über eingeschränkte intellektuelle Kapazitäten verfüge. Er habe nie die Schule besucht, nie schreiben, lesen oder rechnen gelernt. Acht bis zehn große Flaschen Bier habe der Mann zum Teil am Tag getrunken. Wenn er das Geld hatte, habe er Cannabis zweimal in der Woche konsumiert. Es gebe keine psychischen Erkrankungen bei ihm, keine Schizophrenie, keine erkennbaren Schäden im Gehirn durch die Suchtmittel. Vorsichtig äußerte sich das Gutachten zur Möglichkeit einer Persönlichkeitsstörung: Aufgrund des anderen Kulturkreises gebe es potenzielle Quellen für Missverständnisse. Festgestellt wurden aber „dissozial kriminelle Auffälligkeiten“ und ein „impulshaftes Verhalten“. Es gebe keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der Straffähigkeit. Drei Vorstrafen, unter anderem wegen sexueller Belästigung und Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte, hat der 44-Jährige bereits bekommen. Die Staatsanwältin bewertete die Handlungen des Mannes „als besonders ekelig“ und versetzte sich in die Rolle der drei jungen Frauen, die der Mann sexuell belästigt hatte und forderte drei Jahre und drei Monate Haft für den Angeklagten. Die Verteidigerin schloss sich im Wesentlichen den Ausführungen an und stellte das Strafmaß in das Ermessen des Gerichts. Der Angeklagte hatte das letzte Wort: „Ich bin wirklich unschuldig…!“
Wegen schwerer sexueller Nötigung in zwei Fällen, Beleidigung in fünf Fällen, Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte, tätlichem Angriff auf Polizeibeamte und Bedrohung verurteilte die Richterin den Sudanesen zu den beantragten drei Jahren und drei Monaten Haft, sagte aber auch, dass sie davon ausgehe, dass eine Berufung anstehe. Siehe auch: Schreihals. (Quellen: Michael Klein in DZ vom 24. Okt. 2022; Berthold Fehmer in DZ vom 29. Okt. 2022, unwesentlich gekürzt).

Corona-Soforthilfen: „Deutschlandweite Notlage ausgenutzt“. Ein angeblicher Solo-Selbständiger kassiert mit seinen Firmen bei den Corona-Hilfen ab – auch in Dorsten. Der 50-Jährige ist am 24. Oktober 2022 zu fünf Jahren und drei Monaten Haft verurteilt worden. Er hatte für seine Dorstener Firma und einige weitere Schatten-Unternehmen zu Unrecht Corona-Soforthilfen kassiert. Schaden: fast 30.000 Euro. Der Corona-Lockdown hatte kaum begonnen, da hatte sich der Angeklagte auch schon an seinen Computer gesetzt und für seine Wulfener Datentechnik-Firma 15.000 Euro beantragt. Dabei versicherte er, dass sein Unternehmen gesund und aktiv ist. Doch genau das war nicht der Fall. Tatsächlich hatte er festangestellt einen Job bei einer Supermarktkette, sein Monats-Netto belief sich auf rund 2500 Euro.
Die Firmen, von denen einige auch in Sprockhövel gemeldet waren, stammten noch aus seiner früheren Selbstständigkeit. „Der Angeklagte hat eine deutschlandweite Notlage ausgenutzt“, so die Staatsanwältin im Prozess. Er habe darauf spekuliert, dass gerade zu Beginn der Pandemie nicht so genau geprüft werde. Insgesamt hatte der 50-Jährige über 70.000 Euro beantragt. Alles ist dann aber doch nicht ausgezahlt worden. Besonders dreist war, dass die Anträge auf Subventionen für Solo-Selbstständige der Angeklagte gestellt wurden, obwohl er im Mai 2020 am Dorstener Amtsgericht gerade erst zu zwei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt worden war. Damals hatte er für tausende Euro unter falschen Namen Herrenbekleidung bestellt und nicht bezahlt. Der 50-Jährige hatte lange in Wulfen gewohnt – und dort auch immer neue betrügerische Ideen entwickelt. Inzwischen ist er bereits siebenmal wegen Betrugs verurteilt worden. Und es könnte sogar noch schlimmer kommen. Es gibt noch eine weitere einjährige Bewährungsstrafe, die ebenfalls am Dorstener Amtsgericht verhängt worden war. Hier muss der Angeklagte mit dem Widerruf der Bewährung rechnen, sodass ihm sogar sechs Jahre und drei Monate Haft bevorstehen. Den Corona-Betrug hatte der 50-Jährige am Essener Landgericht sofort gestanden. Grund seien unter anderem Depressionen gewesen. „Ich habe mich immer mehr in meine Welt zurückgezogen“, sagte er den Richtern (Quelle: jh in DZ vom 26. Oktober 2022).

Wulfener wegen Kindesmissbrauchs zu Haftstrafe verurteilt. Ein Mann aus Wulfen machte Kinderporno-Videos von seiner Stiefschwester. Das kleine Mädchen war erst vier Jahre alt, als der Stiefbruder mit seinem Handy den entblößten Intimbereich des Kindes fotografierte. Mitte Oktober 2022 wurde der 24-Jährige aus Dorsten-Wulfen wegen Kindesmissbrauchs und Kinderpornografie vom Essener Landgericht zu drei Jahren und zwei Monaten Haft verurteilt. Seine Familie hat angeblich komplett mit ihm gebrochen. Es war im Sommer 2021, als die Vierjährige ins Zimmer des Angeklagten kam. Sie war noch nicht lange in der Familie. Die Mutter des 24-Jährigen hatte das Mädchen aufgenommen, weil es bei den leiblichen Eltern offenbar Probleme gab. Dass der Angeklagte kinderpornografische Fotos und Videos seiner Stiefschwester gemacht und sie dabei auch angefasst hatte, war bei einer Wohnungsdurchsuchung aufgefallen. Die Dateien zeigten alles. Mal schlief das kleine Mädchen, mal saß es auf dem Boden, mal hielt es ein Kuscheltier im Arm. Die Ermittler hatten Hinweise erhalten, dass sich der Angeklagte auch im Internet auf Kinderporno-Seiten tummelt. Im Prozess hatte der 24-Jährige ein umfassendes Geständnis abgelegt. Den Richtern hatte er unter anderem diesen Satz gesagt: „Ich kann mir das selbst nicht erklären.“ Er will auch inzwischen damit begonnen haben, alles aufzuarbeiten (Quelle: jh in DZ vom 12. Oktober 2022).

Kinderporno-Bilder auf Handy bringen Dorstener vor Gericht. Im Sommer 2021 wurde ein 33-jähriger Mann aus Alt-Wulfen festgenommen. Er war angeschwärzt worden, seinen eigenen Sohn (1), seinen Stiefsohn (8) und die nicht mehr im gemeinsamen Haushalt lebende Stieftochter (19) sexuell missbraucht zu haben. Die schweren Vorwürfe lösten sich zwar komplett in Luft auf. Im Zuge ihrer Ermittlungen fand die Kripo auf dem sichergestellten Smartphone des bei einem Paketdienst arbeitenden Lagerarbeiters einige widerwärtige Dateien mit kinderpornografischem Inhalt. Daher musste sich der Mann Mitte Oktober 2022 vor dem Dorstener Schöffengericht verantworten. Es waren zwar keine Videos und Fotos, die der Mann selbst erstellt hat, aber allein der Besitz von solchem Material ist strafbar. Das Video zeigte ein ungefähr zwölf Jahre altes Mädchen, dessen Hand den Penis eines Erwachsenen umfasst. Auf den elf Fotos waren schlimme Szenen zu sehen, auf denen zum Teil Männer mit Kleinkindern Geschlechtsverkehr hatten. Der Angeklagte räumte ein, das Video zu kennen. „Ich glaube, das hat mir meine Stieftochter vor zwei Jahren mal geschickt.“ Die Fotos seien aber womöglich unter Arbeitskollegen in Chat-Gruppen bei WhatsApp, Telegram oder Messenger geteilt worden, in denen er auch Mitglied ist: „Die Bilder kenne ich aber gar nicht“, sagte er aus. Strafrichterin Lisa Hinkers beurteilte diese Einlassung als Schutzbehauptung. „Nur dann, wenn die Fotos vorher geöffnet wurden, werden sie anschließend auf dem Handy gespeichert“, erklärte sie. Wie auch immer, der bislang nicht vorbestrafte Angeklagte bekam eine Bewährungsstrafe von einem Jahr und drei Monaten Haft sowie eine Geldstrafe in Höhe von 900 Euro (Quelle: Entnommen Michael Klein in DZ vom 20. Okt. 2022).

Nach Alkohol-Exzess: Einbruchsdiebstahl im Jugendzentrum „Das Leo“. Auf einer Geburtstagsfeier wurde ein trockener Alkoholiker aus Dorsten rück- und dann straffällig: Wegen Einbrüchen ins „Leo“ und ins Levi-Strauss-Büro wurde er verurteilt – und hatte Glück. Zwei Flaschen Whiskey, drei Flaschen Jägermeister, eine Flasche Wodka und dazu noch Bier: Derart feuchtfröhlich feierten ein 46-jähiger Dorstener, seine damalige Lebensgefährtin und ein gemeinsamer Bekannter im Februar 2022 zwei Tage lang den Geburtstag der Frau. Ein Exzess mit Folgen: „Dadurch bin ich damals nach langer Haft und sechs Monate Entzug erstmals wieder rückfällig geworden“, so der 46-Jährige am 12. Oktober vor dem Dorstener Schöffengericht. Denn auf jener Geburtstagsfeier wurde er nicht nur rückfällig, sondern zum wiederholten Male straffällig. Mit einem anderen Bekannten, der als „Handlanger“ bei dem Beutezug dabei war und dessen Namen der Angeklagte nicht preisgeben wollte, suchte er zunächst das städtische Begegnungszentrum „Das Leo“ auf dem Dorstener Zechengelände heim. Dort schlug er eine Fensterscheibe ein (Sachschaden: 2000 Euro) und entwendete aus einer Schublade im Thekenbereich eine private Wechselgeldkasse mit 15 Euro. Dann ging es hinüber zur Lohnhalle, wo das Diebes-Duo im Levi-Strauss-Projektbüro ebenfalls Sachschaden anrichtete sowie einen Computer-Monitor mitgehen ließ. Während der Mittäter unerkannt flüchten konnte, kehrte der Angeklagte zum Tatort zurück – und wurde dort von der Polizei geschnappt. „Warum ich zurückging, weiß ich nicht mehr, war wohl zu viel Alkohol im Spiel“, sagte der Angeklagte. Inzwischen hat er sich persönlich beim Leo-Team für den Einbruch entschuldigt. „Das war ihm wichtig, weil seine Tochter regelmäßige Besucherin im Jugendzentrum gewesen ist“, so der Anwalt des 46-Jährigen. Auch den Schaden will und muss der Angeklagte laut Gerichtsurteil wiedergutmachen, denn in den letzten Monaten hat er auf Montage gearbeitet und gut verdient. Da auch die Bewährungshelferin eine positive Prognose ausstellte, kam der vielfach vorbestrafte Mann zu seinem Glück glimpflich davon: Obwohl er bei den Einbrüchen unter Bewährung stand, verhängte das Schöffengericht erneut nur eine zehnmonatige Bewährungsstrafe (Quelle: Michael Klein in DZ vom 13. Okt. 2022).

„Schreier“ wieder auf freiem Fuß – Therapie aussichtslos. Nach sieben Monaten Untersuchungshaft ist ein 34-jähriger Mann aus Dorsten am 20. September wieder aus dem Gefängnis entlassen worden. Wie es mit ihm, den viele nur „Schreier“ oder „Schreihals“ nennen, weitergehen soll ist völlig offen. Der schwerste Vorwurf ließ sich nicht beweisen. Elf Monate Haft auf Bewährung – wegen sexueller Belästigung, Körperverletzung und Bedrohung: So lautete das Urteil der Richter am Essener Landgericht. Von einer Vergewaltigung, die ebenfalls mit angeklagt war, war am Ende keine Rede mehr. In diesem Punkt ist der 34-Jährige freigesprochen worden. Das hatte zuvor auch die Staatsanwaltschaft beantragt. Es ist der Alkohol, der das Leben des Angeklagten auch bestimmt hat. Im Prozess war von einer eindeutigen Abhängigkeit die Rede, die auch zu Straftaten führe. Eine Zwangstherapie, die möglicherweise hätte angeordnet werden können, hat aus Sicht der Richter jedoch keinerlei Erfolgsaussicht. Der 34-Jährige spricht praktisch kein Wort Deutsch, ist Analphabet und intelligenzgemindert. Therapiegespräche könnten daher gar nicht stattfinden, hieß es. Verurteilt worden ist der Dorstener, weil er vor den „Mercaden“ einen kleinen Jungen bedroht, einer Frau ans Gesäß gefasst, einen unbeteiligten Zeugen im Gerangel verletzt und eine Radfahrerin zu Sturz gebracht hat. Teilweise war er dabei schwer betrunken. Im Prozess hatte der Angeklagte mithilfe eines Dolmetschers erklärt, dass er eigentlich nur wieder in den Sudan zurückwolle. Dort sei er groß geworden. Das sei seine Heimat. So schnell wird das aber nicht gehen. Es wartet nämlich schon gleich der nächste Prozess auf den Dorstener. Diesmal wieder am Amtsgericht. Dort soll es um weitere Belästigungen und Körperverletzungen gehen. Das Urteil aus Essen hat der 34-Jährige bereits akzeptiert (Quelle:  jh in DZ vom 21. Sept. 2022).

Hitler-Fotos veröffentlicht – Verfahren wurde eingestellt. Ein 38-jähriger Dorstener hatte Fotos von Adolf Hitler auf seinem öffentlichen Facebook-Profil geteilt. Im März 2020 hatte ein Rechtsanwalt die Polizei auf das Facebook-Profil des Dorsteners aufmerksam gemacht. Unter dem Hitler-Bild stand ein ziemlich eindeutiger Text. „Seit über 55 Jahren vermisst. Adolf bitte melde dich! Deutschland braucht dich!!!“ Vor dem Dortmunder Landgericht wurde der Dorstener Mitte September 2022 wegen Verbreitung von Nazi-Propaganda angeklagt. Nach zwei Verhandlungstagen stellten die Richter das Verfahren ohne Verurteilung ein. Als Auflage musste sich der Dorstener allerdings verpflichten, in den kommenden sechs Monaten 200 Stunden gemeinnützige Arbeit zu leisten. In dem Verfahren hatten die Richter auch seine Vorstrafen zu bewerten. Über zwölf Mal war der 38-Jährige bereits wegen Raubes und Körperverletzung verurteilt worden. Eine Verurteilung wegen einer politischen Straftat war nicht darunter. Doch die Richter hatten Gründe, das Verfahren so mit der Einstellung für den Angeklagten harmlos zu beenden. Sie honorierten damit sein Geständnis und seine Einwilligkeit. – Kaum hatte die Staatsanwältin die Anklageschrift verlesen, platzte es auch schon aus dem Angeklagten heraus. „Das ist wirklich eine blöde Sache gewesen“, gab er zu. „Aber eins möchte ich klarstellen: Ich bin absolut nicht rechts. Ich habe eine solche Gesinnung nicht.“ Die Hitler-Bilder bezeichnete er vielmehr so: „Das war nichts weiter als ein Gag, ein echt blöder Gag.“ Keineswegs lasse er sich in die rechte Ecke drängen. Im weiteren Verlauf der Verhandlung wollte er sich mit der Staatsanwältin darauf einigen, „dass ich einfach dumm bin“. Er habe schlicht übersehen, dass er die Bilder nicht nur mit seinen Facebook-Freunden teilte, sondern sie öffentlich zugänglich machte. Die Hitler-Fotos, die er öffentlich teilte, reihten sich ziemlich gut in die übrigen Veröffentlichungen auf seiner Facebook-Seite ein. Unter anderem stand dort der Spruch zu lesen: „Flüchtlinge rein? Ich sage nein. Die Arche ist längst voll.“ Und zu Ostern wünschte er sich ebenfalls öffentlich: „Mein Wunsch zu Ostern? Dass die Deutschen endlich ihre Eier wiederfinden.“ Seit diesen zur Anklage geführten Vorfällen im März 2020, hatte er seine Aktivitäten in den Sozialen Netzwerken offensichtlich unter Kontrolle. Beiträge, die er seitdem öffentlich geteilt hatte, geben der Polizei und der Staatsanwaltschaft keinen Anlass mehr für Ermittlungen. – Nach der Einstellung des Prozesses muss der 38-jährige Dorstener jetzt 200 Stunden gemeinnützige Arbeit leisten (Quellen: DZ vom 8. und 13. September 2022 – von).

86-Jährige gefesselt und ausgeraubt – ein Täter musste fast vier Jahre in Haft. Vor rund sechs Monaten ist eine Seniorin aus Dorsten in ihrem eigenen Haus überfallen worden. Die ehemalige Unternehmerin wurde an einen Stuhl gefesselt und dann ins Badezimmer gesperrt. Am 6. Dezember 2022 wurde einer der Täter im Essener Landgericht zu drei Jahre und neun Monate Haft verurteilt. Dass das Urteil nicht noch härter ausgefallen ist, hat der Angeklagte einer Kehrtwende im Prozess zu verdanken. In letzter Sekunde hatte er sich doch noch bereiterklärt, mit den Ermittlern zusammenzuarbeiten. Erstmals gab er Details zu seinen zwei Mittätern preis. Der 48-Jährige war am 20. März mit zwei Komplizen von Mönchengladbach nach Dorsten gefahren. In Bottrop wurden die Handys ausgeschaltet, um nicht geortet zu werden. Der Verteidiger sprach trotzdem von einer „dilettantischen Tat“. Keiner der Täter war vermummt, am Auto prangte das richtige Nummernschild. Das alles ist von Überwachungskameras am Haus der Seniorin aufgezeichnet worden. Vor allem der Angeklagte war auf den Videos nicht zu übersehen. Bei der Polizei war der 48-Jährige kein Unbekannter. Im Prozess war die Rede davon, dass er schon mehrfach ältere Personen überfallen hat – mal als falscher Polizist, mal als angeblicher Kunsthändler. Rund sieben Jahre hat er schon im Gefängnis gesessen. Auch bei der Seniorin aus Dorsten hatte er sich als „Herr Schmitz von der Kripo“ vorgestellt. Die 86-Jährige hat ihn in die Wohnung gelassen, war dann aber doch misstrauisch geworden. In dieser Situation hatte der Angeklagte zu einem Schal gegriffen und die alte Dame damit gefesselt. Die Beute bestand aus Goldschmuck im Wert von rund 2000 Euro. Ausgeben konnte der 48-Jährige das Geld allerdings nicht mehr. Als er zurück in Mönchengladbach war, wartete schon die Polizei auf ihn. Hintergrund der Tat waren angeblich Spielschulden, die der Angeklagte nicht zurückzahlen konnte. Er selbst hatte im Prozess von rund 20.000 Euro geredet. Ganz weg ist er vom Glücksspiel offenbar immer noch nicht. Bei der Festnahme ist in seinem Auto eine Casinokarte gefunden worden (Quelle: jh, cas in DZ vom 8. Sept. 2022).

Dorstener (42) rastete immer wieder aus – zwei Jahre Haft. Nach einer Serie von Ausrastern hat ein Mann aus Dorsten seine Freiheit erst einmal verspielt. Vor Gericht zeigte er sich allerdings von seiner besten Seite. Wer den Mann aus Dorsten vor Gericht erlebt hat, kann kaum glauben, für wie viel Angst er vor rund einem Dreivierteljahr gesorgt hatte. Er hatte ständig einen Schraubendreher dabei und brüllte Morddrohungen in die Nacht. Doch jetzt wird erst mal Ruhe einkehren. Das Essener Landgericht hat den 42-Jährigen Ende August 2022 zu einer zweijährigen Haft ohne Bewährung verurteilt. Wegen seiner Drogenproblematik wird der bullige Dorstener die Strafe allerdings nicht im Gefängnis absitzen, sondern in einer geschlossenen Therapieeinrichtung. Für wie viele schlaflose Nächte der 42-Jährige gesorgt hatte, ist kurz vor der Urteilsverkündung noch einmal klargeworden. Da hatte eine Nachbarin ausgesagt, die ihre Tränen am Ende nicht mehr unterdrücken konnte. Bei ihr war der Angeklagte eine Woche lang immer wieder am Haus aufgetaucht und hatte geschrien: „Ich stech‘ Dich ab.“ Dabei war er „eigentlich der liebste Mensch“, sagte die Frau den Richtern. Vor Gericht hat sich der Dorstener dafür mit leisen Worten entschuldigt. Er war zur Tatzeit nicht immer er selbst. Davon gingen auch die Richter aus. In das Urteil sind außerdem Einbrüche und andere Ausraster einbezogen wurden. Einmal hatte er es sogar geschafft, die Tür der Sparkasse an der Julius-Ambrunn-Straße aufzuhebeln. Die Beute: eine Schreibmappe und eine Getränkeflasche (Quelle: jh in DZ vom 30. Aug. 2022).

Teststellen aufgebrochen: Fünf Jahre Haft für „Container-Einbrecher“. 20 Coups in zwei Monaten: Nach einer atemberaubenden Diebstahlsserie in Dorsten, Haltern, Marl und Umgebung ist ein „Container-Einbrecher“ am Essener Landgericht zu fünf Jahren Haft verurteilt worden. Unzufrieden war der Dorstener (36) mit dem Ergebnis aber nicht. „Damit kann und muss er leben“, sagte sein Verteidiger. Der vorbestrafte Einbrecher hatte sofort beim Prozessauftakt ein volles Geständnis abgelegt. Im Dezember 2021 und im Januar 2022 hatte er mindestens 20 Einbruchscoups in Coronatest-Container in der Region verübt. In Dorsten an der Kurt-Schumacher-Straße. In Haltern an der Seestadthalle. In Marl an der Brassertstraße und der Zechenstraße. Weitere Tatorte des Dorsteners lagen in Düsseldorf, Wesel, Duisburg und Essen. Seine Beute bestand überwiegend aus Laptops, WLAN-Cubes, Handys, Schnelltests und Masken. Der Beutewert betrug mehrere tausend Euro und diente vor allem der Beschaffung von Geld für neue Drogen. Auf die Spur des Dorsteners waren die Ermittler nach einem anonymen Hinweis aufgrund veröffentlichter Videoaufnahmen von dem Coup in Haltern. Die Richter haben neben der Haftstrafe seine Unterbringung in einer geschlossenen Drogen-Entziehungsanstalt angeordnet. Nach erfolgreicher Therapie (Dauer zwei Jahre) könnte die Resthaftstrafe zur Bewährung ausgesetzt werden (Quelle: wvb in DZ vom 19. Aug. 2022).

Cannabis-Plantage in Lembeck ausgehoben – 2022 Gerichtsurteil. Der dörfliche Dorstener Ortsteil Lembeck ist für etliche landwirtschaftliche Produkte bekannt. Seit 2021 auch eine professionelle Cannabis-Anpflanzung, die allerdings, bevor sie geerntet werden und Ertrag einbringen konnte, von der Polizei „geerntet“ wurde. Es war nämlich eine ausgewachsene Cannabis-Plantage unweit der Lembecker Dorf-Hauptstraße, deren Existenz ein anonymer Hinweisgeber per Telefon gegenüber der Dorstener Wache weitergegeben hatte. Der mit dem Hinweis bei der Polizei Angezeigte, ein 39-jähriger Lembecker, sowie die Hof-Bewohnerinnen, eine 55-Jährige sowie ihre 34-jährige Tochter, die sich kurz zuvor mit einem touristischen Unternehmen selbstständig gemacht hatten, standen Mitte August 2022 wegen Drogenanbaus und -handels vor dem Dorstener Schöffengericht.
Nach dem damaligen Hinweis ließ die Drogenfahndung der Kripo eine Drohne über dem Gelände kreisen. „Sogar draußen im Garten wuchsen Cannabis-Stauden“, erklärte ein Polizist im Zeugenstand. Bei der Hausdurchsuchung (dabei wurde eine Geburtstagsfeier gesprengt) entdeckten die Beamten in einer eigens dafür ausgestatteten Halle Dutzende von weiteren Pflanzen – insgesamt fast zwei Kilo schwer. Das hätte für „Joints“ in vierstelliger Zahl gereicht. Das Schöffengericht wurde während der Vernehmungen im Gerichtssaal den Eindruck nicht los, dass der 39-jährige Angeklagte  – wegen Drogengeschichten vorbestraft – der Haupttäter sei. Doch das konnte durch die polizeiliche Ermittlungsarbeit nicht bewiesen werden: Es wurden in der Halle keine Fingerabdrücke gesichert, lediglich zwei einzelne Samen wurden bei ihm zu Hause gefunden – deren Besitz ist nicht strafbar: Daher gab es für ihn einen Freispruch. Die Schuld auf sich nahmen Mutter und Tochter: Die 55-Jährige ließ über ihren Anwalt erklären, sie habe die Pflanzen aus „medizinischen Gründen“ angebaut. Sie leide an einer schweren Arthrose, die Joints sollten ihre Schmerzen lindern. „Ich wollte aber nur die Blüten wegen ihres CBD-Wirkstoffs rauchen.“ Ihre Tochter gestand, dass die in ihrem Zimmer gefundene Cannabis-Menge ihr selbst gehöre, „ansonsten habe ich meiner Mutter geholfen“.
Angesichts der Größe der Plantage und ihrer nahezu professionellen Ausstattung zweifelte der Staatsanwalt die „medizinischen Beweggründe“ der Beschuldigten an. „Reine Schutzbehauptung“, sagte er. Auch das Schöffengericht glaubt in der Urteilsbegründung, die beiden Frauen hätten nebenbei Geld hinzuverdienen wollen, weil ihre touristische Haupteinkommensquelle, die einige Vor-Investitionen erfordert hatte, in der Corona-Zeit kaum sprudelte: 18 Monate auf Bewährung für die Mutter, acht Monate Bewährungsstrafe für die Tochter (Quelle: Michael Klein in DZ vom 13. August 2022).

Wegen Tresor-Räuberei in Wulfen wurde Einbrecher verurteilt. Gleich mehrere Tresor-Räubereien hatte die Staatsanwaltschaft einem 38-jährigen Wulfener vorgeworfen: Er soll laut Hinweis eines ominösen Zeugen vor vier Jahren unter anderem mit einem Komplizen im Sozialkaufhaus „Kaktus“ in Wulfen einen Tresor mit 3200 Euro Bargeld und aus dem OGS-Bereich der Albert-Schweitzer-Schule eine Geldkassette mit 230 Euro und einen Laptop gestohlen haben. Doch die Beweise standen auf so tönernen Füßen, dass das Dorstener Strafgericht die Verfahren in diesen beiden Fällen gar nicht erst eröffnete. So reduzierte sich die Anklageschrift in dem Strafprozess, der Ende Julie 2022 in Dorsten gegen den bei einem Abbruchunternehmen beschäftigten Angeklagten geführt wurde. Doch auch hier fiel ein Punkt der Anklageschrift in sich zusammen. Der Beschuldigte bestritt, in einer Julinacht 2019 bei einem Einbruch ins AWO-Familienzentrum im Gemeinschaftshaus Wulfen den Tresor mit Bargeld und EC-Karten gestohlen zu haben. Von einer Karte wurde Geld abgehoben – die Überwachungskamera der Bank zeigte aber einen anderen Mann als den Angeklagten. – Zum Verhängnis wurde dem Wulfener aber, dass er in einer geselligen Runde sich damit brüstete, den Tresor einer Bäckerei im Wulfener Markt aufgebrochen und daraus 1353 Euro gestohlen zu haben. Dies räumte er auch vor Gericht ein, dazu eine Autofahrt ohne Führerschein und Versicherung, aber mit gestohlenen Kennzeichen. Urteil: sieben Monate auf Bewährung, dazu 900 Euro Geldbuße an den Dorstener Tierschutzverein (Quelle: MK in DZ vom 29. Juli 2022).

Bier und kalte Pizzen: Dieb verzehrt die Beute direkt in Supermärkten. In Dorstener Supermärkten hat er seine Beute direkt vor Ort verzehrt, außerdem wurden ihm Ebay-Betrügereien vorgeworfen. Ein 29-jähriger Mann wurde vom Schöffengericht Dorsten verurteilt. Ob bei Kaufland und bei Toom in der Dorstener Innenstadt, ob bei Aldi oder Edeka in Hervest – immer wieder das Gleiche: Der Ladenlieb verzehrte seine Beute noch in den Supermärkten, ohne sie später an der Kasse zu bezahlen: Cola, Jägermeister, Bier, den Inhalt von Sushi-Boxen, sogar die eine oder andere kalte Pizza verschlang er direkt am Tatort zwischen den Regalen. „Ich hatte eben Lust dazu“, erklärte der Täter, ein 29-Jähriger Mann aus Dorsten, der sich für diese und einige weitere Vorwürfe im Dorstener Amtsgericht verantworten musste. Eine Verhandlung, in der Schöffenrichter, Staatsanwältin und Pflichtverteidiger sich immer wieder ratlos anschauten – denn der Angeklagte war augenscheinlich nicht mehr so ganz im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte, konnte der
Verhandlung nur schwer folgen, machte wirre Aussagen.
Zur Tatzeit von April bis Oktober 2021 soll der 29-Jährige zudem bei Ebay-Kleinanzeigen von Computern über Nähmaschinen bis hin zu Rasenmäher-Robotern mehrfach technische Geräte angeboten und damit interessierte Käufer um mehr als 10.000 Euro betrogen haben. Die Interessenten überwiesen nämlich die vereinbarte Kaufsumme auf das Konto des Dorsteners, die Ware bekamen sie aber nicht. „Mit Ebay habe ich aber nichts zu tun“, beteuerte der Angeklagte. „Aber ein Bekannter hat sich damals meine Kontokarte für finanzielle Transaktionen ausgeliehen und mir danach 900 Euro geschenkt.“ Eine Schutzbehauptung? Wie sich im Laufe des weiteren Prozesses herausstellen sollte: womöglich doch die Wahrheit. Denn als sein Pflichtverteidiger den Namen des Bekannten hörte, war er elektrisiert: Zufälligerweise ist der ebenfalls sein Mandant, er vertritt ihn wegen zahlreicher Ebay-Betrügereien vor dem Essener Landgericht. „Aber kürzlich ist er nach Australien abgetaucht.“ Der 29-jährige Dorstener wurde wohl tatsächlich von diesem vermeintlichen Freund ausgenutzt. Zwei Betrugsopfer hatten nämlich noch die Sprachnachrichten mit dem vermeintlichen Verkäufer auf ihrem Handy und spielten die Unterhaltung im Gerichtssaal ab. Es war in beiden Fällen nicht die Stimme des Angeklagten zu hören. Hingegen erkannte sein Verteidiger sogar einmal eindeutig die Stimme des in Australien untergetauchten Mannes. Die Vorwürfe wegen der Ebay-Betrügereien wurden eingestellt, weil sie dem Dorstener nicht zweifelsfrei nachgewiesen werden konnten. Für die weiteren Diebstähle (unter anderem eine Handtasche und ein E-Bike) bekam der Dorstener ein Jahr auf Bewährung. Den Inhalt des Urteils verstand er erst, nachdem es ihm mehrfach erklärt worden war (Quelle: MK in DZ vom 11. Juli 2022).

Nach Ausrastern auf dem Holsterhausener Schützenfest drei Jahre Gefängnis. Nach einer Serie von unerklärlichen Wut-Ausrastern ist ein Vater aus Hervest-Dorsten verurteilt worden. Die Richter am Essener Landgericht haben drei Jahre Haft verhängt. Der Angeklagte weiß selbst, dass er reizbar ist. Vielleicht griff er auch deshalb immer wieder zum Marihuana-Joint. Selbst vor einem Termin bei einem vom Gericht beauftragten Psychiater hatte er noch schnell einen Joint geraucht. So etwas hatte der Gutachter auch noch nicht erlebt. Alleine scheint der 28-Jährige nicht mehr von den Drogen loszukommen. Nach eigenen Angaben ist er nur auf der Arbeit „clean“. Die Richter hatten keinen Zweifel, dass der Angeklagte 2019 auf dem Schützenfest in Holsterhausen eine Frau angerempelt und ihrem Begleiter die Nase gebrochen hat. Der Grund? Offenbar schlechte Laune. „Sie konnten sich mal wieder nicht im Zaum halten und haben überreagiert“, so die Richterin beim Urteil.
Später soll der Angeklagte in Hervest sogar versucht haben, nachts einen anderen Mann auszurauben. „Gib mir all Deine Sachen, sonst schieße ich“, soll er sich damals geäußert haben. Das Opfer hatte jedoch flüchten können. Vor Gericht hat der 28-Jährige die Taten bestritten. Auch sein Verteidiger  hatte aufgrund von verbleibenden Zweifeln Freispruch beantragt. Die Richter sahen das jedoch anders (Quelle: Jörn Hartwich in DZ vom 5. Juli 2022).

Falsche Polizisten kassierten ab: Fahrer verurteilt. Ein Kurierfahrer holt bei einer Frau aus Dorsten Schmuck und Geld im Wert von über 20.000 Euro ab. Die Anrufer müssen extrem überzeugend gewesen sein. Gleich mehrfach haben vor allem ältere Menschen falschen Polizisten im vergangenen Jahr Bargeld und Schmuck übergeben. Was sie nicht ahnten: Sie waren skrupellosen Betrügern in die Falle gegangen. Auch eine Frau aus Dorsten gehörte zu den Opfern. Einer, der am Rande mit dabei war, ist Ende Mai 2022 in Essen verurteilt worden. Die Richter am Essener Landgericht haben dreieinhalb Jahre Haft verhängt. Mit dem Betrug selbst hatte der 53-Jährige allerdings nichts zu tun. Er war nur der Abholer. Der Angeklagte hatte einen Job als Kurierfahrer gesucht und bekommen. Am 4. Oktober 2021 war er auch in Dorsten-Feldmark. Dort hatte er den Auftrag, gegen 18 Uhr eine Tasche abzuholen, die vor einer Haustür deponiert war. Gepackt hatte sie eine 77-Jährige – mit Schmuck und Bargeld im Wert von über 20.000 Euro. Ihr war von falschen Polizisten vorgegaukelt worden, dass sie Opfer eines Überfalls werden könnte und ihre Wertsachen lieber in Sicherheit bringen solle. Im Gegensatz zu vielen anderen, hat sie jedoch alles wiederbekommen. Der Angeklagte war kurze Zeit später festgenommen worden. Die Beute anderer Opfer – insgesamt über 170.000 Euro – soll in der Türkei gelandet sein. Der Lohn des 53-Jährigen soll sich pro Fahrt auf 100 bis 200 Euro belaufen haben (Jörn Hartwich in DZ vom 26. Mai 2022).

Hunde ausgehungert und verwahrlost: Streit um Rettungsaktion. Kein Straftatbestand. In einer Wohnung in Dorsten wurden 2018 zwei völlig verwahrloste Pudel entdeckt. Für die Rettungsaktion musste die Besitzerin zahlen. Doch sie weigerte sich. Daher kam es im Mai 2022 zur Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht in Gelsenkirchen. – Es musste ein trauriger Anblick gewesen sein: Vor viereinhalb Jahren wurden in einer Wohnung in Dorsten-Hervest zwei Pudel entdeckt, die weder Futter noch Wasser hatten und auch sonst ziemlich verwahrlost waren. Für die Rettungsaktion der Hunde muss die ehemalige Hundehalterin zahlen. Das hatte das Verwaltungsgericht in Gelsenkirchen entschieden. Die beiden Pudel, die auf die Namen „Maxi“ und „Josi“ hörten, waren damals sofort untersucht und vier Wochen lang im Dorstener Tierheim wieder aufgepäppelt worden. Die Kosten hatte das Kreisveterinäramt später für Unterbringung, Tierarztkosten und Transport auf 873,20 Euro beziffert. Das war der Frau aus Hervest, die damals offenbar unter großen gesundheitlichen Problemen litt, zu viel. Ihrer Meinung nach hätten „Maxi“ und „Josi“ damals sofort einer Nachbarin übergeben werden können. Dann wären auch keine Tierheimkosten angefallen. So einfach war die Sache aber nicht. „Das war aus tierärztlicher Sicht nicht zu verantworten“, so der Verwaltungsrichter. Außerdem sollten die Hunde dauerhaft in gute Hände gegeben und nicht mal eben schnell irgendwo zwischengeparkt werden. Dass die Hervesterin ihre Hunde „Maxi“ und „Josi“ nicht wieder zurückbekommt, stand damals schnell fest. „Die Haltungsbedingungen waren katastrophal“, heißt es im Urteil (Quelle: Jörn Hartwich in DZ vom 14. Mai 2022).

Schmuck aus Polizistentrick-Betrug bei Juwelier in Dorsten versetzt. Nachdem die 52-jährige Dorstenerin ihrem Sohn 1240 Euro per Western Union in die Türkei transferiert hatte, machte sie den anderen Teil der Beute zu Bargeld. Sie verkaufte diverse Schmuckstücke für 1650 Euro bei einem Juwelier in der Innenstadt, zwei Diamant-Ringe behielt sie für sich. Sie steckten an ihren Fingern, als die Polizei die Frau Minuten später beim Bäcker gegenüber schnappte. Die Pretiosen und das Bargeld stammten von einem sogenannten „Polizistentrick-Betrug“, mit dem tags zuvor eine Seniorin um einige wertvolle Dinge erleichtert worden war. Aber nicht nur die 52-Jährige musste sich dafür am Anfang Mai 2022 vor dem Dorstener Schöffengericht verantworten, sondern auch ihr 27-jähriger Neffe. Seine Fingerabdrücke fanden sich nämlich an der Innenseite der Geldkassette, die der alten Frau damals gestohlen worden war. Das Duo auf der Anklagebank schwieg zu den Vorwürfen. Ins Visier der Polizei waren sie geraten, weil vor drei Jahren einer Spezial-Ermittlungskommission der Kripo Essen aufgefallen war, dass eine bestimmte Bande bei ihren „Polizisten-Tricks“ neuerdings auch die EC-Karten samt PIN der Opfer einkassiert hatte. Regelmäßig hoben sie jeweils kurz vor und kurz nach 24 Uhr die maximal verfügbare Summe von den Konten der Opfer ab.
Als Kopf der Bande geriet ein Mann aus Dorsten in Verdacht, der in der Türkei untergetaucht war und dort von einem Call-Center aus die kriminellen Taten logistisch steuert. Er ist der Sohn der Angeklagten.
Wie die damalige Leiterin der Kripo-Kommission im Gerichtsaal erklärte, hatten die Beamten die Telefonanschlüsse des Bandenchefs überwacht. In einem Gespräch kündigte er an, zur geplanten Geburt seines Sohnes mit einem gefälschten italienischen Pass nach Deutschland einreisen zu wollen. Daraufhin hörte die Polizei auch die Telefone seiner Frau und seiner Mutter ab. Der Tatverdächtige kam zwar dann doch nicht nach Hause zurück. Die Beamten bekamen bei ihrer Abhöraktion aber mit, wie er seiner Mutter ankündigte, dass jemand mit dem gleichen Namen wie sein Cousin bald „übertrieben viel Gold“ bei ihr abliefern würde.
Als „falscher Polizist“ und Abholer der Beute bei der Seniorin sowie Übergeber war damals ein junger Mann angeheuert worden. Er wurde inzwischen verurteilt, gab aber als Zeuge im Gerichtssaal an, den Angeklagten nie zuvor gesehen haben. Gleichwohl wurden sowohl der 27-Jährige als auch seine Tante zu sechs Monaten auf Bewährung verurteilt (Quelle: Michael Klein in DZ vom 5. Mai 2022).

Ehestreit in Dorsten: Mutter nach Faustschlag knapp dem Tod entronnen. Konflikte, die innerhalb einer Ehe passieren, haben oft ein Nachspiel vor Gericht. So auch der Beziehungsstreit in einer Familie in Dorsten, der im Laufe des Jahres 2021 immer weiter eskalierte. Die Ehefrau erfuhr schließlich, dass ihr 31-Jähriger Mann – Vater der drei gemeinsamen Töchter – eine Geliebte hatte. Als sie deswegen im Juli die Trennung wollte, rastete ihr Ehemann in der Wohnung aus. Er rammte ihr mit Wucht die Faust in den Oberbauch und traf dabei die Milz. Mit lebensgefährlichen Verletzungen musste die Frau ins Dorstener Krankenhaus gebracht werden. Dort wurde das Opfer drei Mal notoperiert, zum Schluss musste das Organ entfernt werden. Die Ärzte waren lange nicht sicher, ob sie überhaupt durchkommen würde, so viel Blut hatte sie verloren. „Sie wird gesundheitlich bis an ihr Lebensende an den Folgen der Tat leiden“, erklärte ihre Anwältin. Sie vertrat das Opfer im Gerichtssaal vor dem Dorstener Amtsgericht, weil die Ehefrau psychisch noch immer so stark unter dem Eindruck des Geschehens stand, dass sie laut ärztlichem Attest nicht persönlich vor Gericht aussagen konnte.
Der Ehemann räumte die Tat ein. Nachdem er sie lebensgefährlich verletzt hatte, verließ er die Wohnung und führ weg, ohne sich um seine verletzte Frau zu kümmern. Dass sie die Attacke dennoch überlebte, hat sie einer ihrer Töchter zu verdanken. Denn das Mädchen hatte zusehen müssen, wie der Vater auf die Mutter losgegangen war. Es rief danach geistesgegenwärtig einen Bekannten der Familie an, der Polizei und Notarzt informierte. Die Rettungsdienste fanden die Frau schließlich auf dem Badezimmerboden liegend vor. Es war aber nicht die einzige Beziehungstat, die dem Mann vorgeworfen wurde. Einen Monat zuvor, diesmal unter den Augen aller drei Töchter, bedrohte er seine Ehefrau mit einem Butterbrotmesser, weil sie ihm nicht die Familienkasse mit Bargeld geben wollte. Um die Kinder nicht weiter zu ängstigen, lockte die Frau ihn hinaus in den Flur, wo der 31-Jährige sie an den Haaren die Treppe hinunterzog.
Gegenüber der Vernehmungsrichterin erklärte das Opfer, ihr Ehemann sei früher immer ein „sehr liebevoller Mensch und Familienvater gewesen“. Seine Wesensänderung konnte sie nicht richtig erklären, allerdings sprach sie von Drogenkonsum ihres Mannes. Der Angeklagte brachte ein Schreiben in den Gerichtsaal mit, das bestätigte, dass er in den nächsten Tagen eine Therapie antreten könne. Das Schöffengericht verurteilte den Mann zu einer Haftstrafe von einem Jahr und zehn Monate. Sein Verteidiger kündigte indes an, gegen das seiner Meinung nach zu hohe Strafmaß in Berufung gehen zu wollen (Entnommen Michael Klein in DZ vom 16. Apr. 2022).

Polizei überführte Kurier aus Dorsten mit falschen Geldscheinen. Als im Mai 2021 ein Senior 46.000 Euro abheben wollte, wurde der Bank-Mitarbeiter stutzig. Zum Glück für den alten Mann: Er wäre sonst um eine Menge Geld erleichtert worden. Denn als der Kunde andeutete, warum er die Summe benötigte, vermutete der Bank-Mitarbeiter einen sogenannten „Polizisten-Trick“ – und informierte die „richtige“ Polizei über seinen Verdacht. So landete ein jetzt 21-jähriger Dorstener am 27. April 2022 vor dem Jugendschöffengericht. Der Mann, der in der Lippestadt in einer Wohngruppe lebte, sollte damals als „Kurierfahrer“ für die Betrüger-Bande das in einer Mülltonne vor dem Haus des inzwischen verstorbenen Opfers abgelegte Geld abholen. Nachdem die Polizei damals von dem Bank-Angestellten informiert worden war, deponierte sie Geldschein-Kopien an dem vereinbarten Übergabe-Ort. Als der 21-Jährige die Mülltonne öffnete, wurde er festgenommen. „Ich bekam damals einen Anruf, dass ich 300 Euro bekommen würde, wenn ich das Geld abhole“, sagte der Syrer aus. „Über die Hintergründe wusste ich aber nichts.“ Das nahm ihm das Gericht auch so ab. Zwei Monate später wurde der junge Mann erneut straffällig. Im Recklinghäuser Hauptbahnhof wurde er von der Bundespolizei mit einer Schreckschusspistole, für die er keine Erlaubnis hatte und die er an dem Tage weiterverkaufen wollte, und mit Marihuana erwischt. Das Gericht verhängte gegen ihn eine einjährige Bewährungsstrafe inklusive zwei Wochen „Warnschuss-Arrest“ (Quelle: Michael Klein in DZ vom 28. April 2022).

Täter verurteilt: Einbruch-Serie in Garagenhöfe auf der Hardt. Bei seiner Festnahme wurde bei einem Einbrecher ein selbst gebauter Infrarot-Garagenöffner gefunden. Hat er damit weitere Diebstähle in Dorsten begangen? Das musste das Gericht jetzt klären. Nachdem es mit einem Brecheisen das Eingangstor aufgehebelt hatte, stellte das Diebes-Duo im Mai 2021 am städtischen Betriebshof in Dorsten seine Beute zum Abtransport bereit. Doch bevor sie mit den Elektro-Geräten verschwinden konnten, wurden die beiden Männer auf frischer Tat ertappt. Einer der beiden kam in U-Haft. Die Polizei fand bei der Leibesvisitation einen Explosionskörper und einen selbst gebauten Infrarot-Garagenöffner in seiner Tasche. In seiner Wohnung wurde Diebesgut gefunden. War der 40-Jährige etwa auch für eine ominöse Einbruchserie verantwortlich, die zuvor vor allem auf Garagenhöfen im Stadtteil Hardt die Anwohner beunruhigte und bei denen es keinerlei Schäden an den Türschlössern gab? Wegen dieses Vorwurfs musste sich der Schweißer nun vor dem Schöffengericht verantworten. Der Angeklagte gestand vor Gericht, in den Garagen Werkzeuge und Angelgeräte entwendet zu haben. Allerdings sei ihm der Garagenöffner erst bei der Tat im Entsorgungsbetrieb in die Hände gefallen und nicht schon vorher. „Ich bin nur in Garagen eingebrochen, deren Tore angelehnt waren“, erklärte er. Und wozu hatte er die große Feuerwerksrakete dabei? Um bei Einbrüchen verschlossene Türen zu sprengen? „Nein, die ist von Silvester übrig geblieben.“ Für seine Taten – hinzu kam noch der Diebstahl eines E-Bike-Trafos am Toom-Platz und der Einbruch in ein Haus der Dorstener Wohnungsgesellschaft – wurde er zu 18 Monaten auf Bewährung plus 3600 Euro verurteilt (Quelle: Michael Klein in DZ vom 21. Apr. 2022).

Drogendealer packt vor Gericht schonungslos aus. Im Auto eines Drogendealers aus Dorsten wurden Marihuana und Amphetamin gefunden. Was er nach seiner Festnahme erzählte, war überraschend. Sein Verteidiger im Prozess: „Dieser Mann ist kein gemeingefährlicher Drogendealer.“ Und so sahen es am Ende auch die Richter am Essener Landgericht. Sie haben den 44-jährigen aus Dorsten-Holsterhausen Mitte April 2022 zu zwei Jahren und neun Monaten Haft verurteilt. Es war im Oktober 2021, als die Drogenfahnder im Haus des vierfachen Familienvaters aufgetaucht sind. In der Wohnung fanden sie zwar nichts – dafür lagerten im Auto nicht nur Amphetamin und Marihuana, auch ein Teleskopschlagstock (Totschläger) und ein Einhandmesser. Drogenhandel mit Waffen: Mindeststrafe fünf Jahre Haft. Dazu kam es nicht, denn der Angeklagte war voll geständig, auch kooperativ nach seiner Festnahme bei der Polizei. Seine Angaben führten im Dealer-Milieu zu weiteren Ermittlungsverfahren. Rund 100 Gramm Marihuana und dazu 100 Gramm Amphetamin hatte der Dorstener pro Woche gekauft. Rund zehn Prozent waren für den Eigenkonsum, der Rest wurde zu Geld gemacht. Der Angeklagte war bereits im März vergangenen Jahres vom Amtsgericht Dorsten wegen Drogenhandels zu anderthalb Jahren Haft auf Bewährung verurteilt worden. In der Familie  kümmerte er sich weiterhin um seine kleine Tochter und um seinen hilfsbedürftigen Vater. Doch einer geregelten Arbeit ging er nicht nach. Nach dem Ende des Steinkohlebergbaus war er praktisch arbeitslos. Ab dieser Zeit begannen dann auch die Straftaten. 16 Einträge weist sein Vorstrafenregister bereits auf – meist wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis oder Betrugs. Auch im Gefängnis hat der Dorstener schon mehrfach gesessen. Einen Teil der neuen Strafe muss er nun in einer geschlossenen Therapieeinrichtung verbringen (Quelle: Jörn Hartwich in DZ vom 21. Apr. 2022).

Böser Sturz: Gericht verurteilt Frau nach Alkoholfahrt auf E-Scooter. Mit einer Menge Alkohol im Blut hatte eine Frau aus Dorsten einen schlimmen Unfall mit einem nicht versicherten E-Scooter. Dafür wurde sie jetzt verurteilt. Und hatte dabei noch viel Glück. Dass ein Sturz mit einem E-Scooter schlimme Folgen haben kann, musste im September des letzten Jahres eine 51-jährige Dorstenerin erfahren. Vor allem, wenn man dabei eine Menge Alkohol intus hat. Ihre Trunkenheitsfahrt beschäftigte Ende März 2022 das Dorstener Schöffengericht – denn die Hervesterin hatte sich auch deshalb strafbar gemacht, weil der Roller nicht versichert war. „Ich habe den auf dem Flohmarkt gekauft und wusste nicht, dass er ein Kennzeichen braucht.“. Der Unfall passierte gegen 21 Uhr auf dem Radweg der Glück-Auf-Straße. An dem Tag hatte sie zuvor ihre Wohnung geputzt, dabei „drei, vier Flaschen Bier getrunken“, sagte sie aus. „Abends habe ich dann gemerkt, dass ich tagsüber gar nichts gegessen hatte und wollte deshalb zu einem Imbiss fahren.“ Doch unterwegs verlor sie die Kontrolle über das Zweirad. Augenzeugen informierten Polizei und Notarzt, mit einem Rettungswagen wurde die Frau ins Krankenhaus gebracht. Eine Blutprobe zeigte 1,28 Promille. Die Richterin sprach von einer „Riesendummheit“ der Angeklagten. Denn das Gerichtsverfahren hätte durchaus dazu führen können, dass die Hervesterin zu fast drei Jahren  verurteilen worden wäre.
Die 51-Jährige war nämlich keine Unbekannte für die Justiz. Wegen ihrer Drogensucht hatte sie in der Vergangenheit mehrfach mit einer Waffe Einbruchsdiebstähle begangen – und stand zum Zeitpunkt der Alkoholfahrt unter gleich vierfacher Bewährung. Doch die Angeklagte hatte Glück – was sicherlich auch am positiven Bericht lag, den der Bewährungshelfer für seine Klientin im Gerichtsaal abgab. „Ich habe selten jemanden erlebt, der nach einer Inhaftierung so sehr versucht, sein Leben auf die Reihe zu bringen“, sagte er. Die Angeklagte hatte auch deshalb Glück, weil sie nicht erneut wegen eines Diebstahlsdelikts – also einschlägig – in Erscheinung getreten war. So konnte es das Schöffengericht bei einer Geldstrafe von 700 Euro bewenden lassen, womöglich wird aber die Bewährungszeit noch verlängert (Quelle: Michael Klein in DZ vom 24. März 2022

Mord aus Heimtücke: Lebenslänglich für Dorstener. Das Landgericht Fulda hat am Montag sein Urteil in einem Tötungsprozess gesprochen. Es verurteilte einen Dorstener Angeklagten (39) zur Höchststrafe. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass der 39-jährige Mann aus Dorsten im Februar 2021 einen 41 Jahre alten Landsmann, einen Syrer, in Fulda-Neuenburg erschossen hat. Der Dorstener hatte seinem Opfer früh morgens aufgelauert, als der Mann in sein Auto stieg. Er gab einen Schuss auf den Kopf des Insassen ab und flüchtete. Das Opfer erlag seiner Verletzung am Tatort. Nach der Tat flüchtete der Dorstener mit dem Auto von Fulda-Neuenburg nach Dorsten. Nach einer wilden Verfolgungsjagd durch Spezialeinsatzkräfte der Polizei auf der A31 konnte der mutmaßliche Täter in der Ausfahrt Dorsten-Holsterhausen ausgebremst und gestellt werden. Seitdem saß der 39-Jährige in Untersuchungshaft. Ein Amtsgericht stellte den Haftbefehl gegen ihn aus. Nach mehreren Prozesstagen plädierte die Staatsanwaltschaft am Ende der Beweisaufnahme auf Mord und forderte die Höchststrafe, weil sie niedrige Beweggründe und Heimtücke, als gegeben sah. Der Anwalt des Angeklagten ging von einer Affekttat aus. Das Gericht stimmte tendenziell mit der Staatsanwaltschaft überein und verurteilte den 39-jährigen Dorstener wegen Mordes zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe. Das Gericht sprach in seiner Urteilsbegründung von einer „kaltblütigen Hinrichtung“. Das Opfer sei chancenlos gewesen, als der Täter ans Auto trat, aus seiner Waffe feuerte und den Mann mit einem Kopfschuss tötete. Die Leiche des 41-jährigen Mannes wurde kurz nach der Tat in dem Auto entdeckt. Von da an fahndete die Polizei nach einem mutmaßlichen Täter und heftete sich umgehend an die Fersen des Dorsteners. Die Beamten gingen früh davon aus, dass Täter und Opfer sich kannten. In der Ausfahrt der A31 in Holsterhausen-Schermbeck endete die spektakuläre Flucht des jetzt verurteilten Angeklagten. Mit einem Auffahrunfall „bremsten“ die Spezialeinsatzkräfte den 39-Jährigen in seinem Fahrzeug aus und nahmen ihn fest. Etliche Zeugen verfolgten damals geschockt das filmreife Geschehen (Quelle: Claudia Engel in DZ vom 8. März 2022).

Außergewöhnlicher Prozess: Freispruch trotz DNA-Nachweis. Nach einem Wohnungseinbruch in Dorsten wurden DNA-Spuren eines vorbestraften Mannes gefunden. Doch laut der Stempel in seinem Reisepass war er zur Tatzeit im Kosovo. Wie konnte das sein? Manchmal ist es nicht so, wie es auf den ersten Blick scheint, deshalb ist es besser, immer die Dinge zu hinterfragen.“ Dieses Resümee zog der Strafverteidiger am Mittwoch nach einem außergewöhnlichen Verfahren vor dem Dorstener Schöffengericht. Denn sein Mandant schien wegen eines eigentlichen untrüglichen Indizienbeweises eines Einbruchsdiebstahls bereits überführt – doch dann wendete sich das Blatt. Die Kripo hatte nach einem Wohnungseinbruch auf der Hardt, bei dem Ende Oktober 2020 Bargeld entwendet worden war, verwertbare DNA-Mischspuren an einem Aktenkoffer und einer Geldkassette sichern können. In der polizeilichen Datenbank konnte ein Teil der Spur zweifelsfrei einem 42-jährigen Mann zugeordnet werden, der schon mal wegen einer solchen Tat verhaftet worden war. Doch der Angeklagte präsentierte vor Gericht seinen Reisepass mit einem Ein- und Ausreisestempel. Demzufolge war er zur Tatzeit für zwei Wochen zu einem Heimaturlaub in den Kosovo gefahren. „Mit meiner Familie, zu einer Hochzeit“, erklärte er. Auch damalige Fotos mit Verwandten legte er vor, mit dem 28. Oktober 2020 als Datum versehen. Seine Frau bestätigte als Zeugin diese Aussagen. Doch wie kam seine DNA in die Wohnung? Der Angeklagte und sein Anwalt stellten eine Theorie auf: Der 42-Jährige hatte damals auf einer Baustelle gearbeitet, auf der immer mal wieder Materialien verschwunden waren. „Auch die Arbeitshandschuhe, die ich damals benutzt habe.“ Was also, wenn womöglich der Handschuh-Dieb gleichzeitig der Einbrecher gewesen sei? Die Gutachterin der Uni Münster, die damals für die Polizei die DNA-Probe ausgewertet hatte, hielt das zwar für sehr unwahrscheinlich (die Teilspur des Angeklagten in der DNA-Mischung war viel ausgeprägter als die eines möglichen direkten Verursachers), konnte es aber dennoch nicht kategorisch ausschließen. Denn es gäbe einzelne Studien, die genau ein solches „Handschuh-Szenario“ beschreiben würden. „Handschuhe sind gute Spurenträger“, erklärte sie. Vor allem, wenn man sich damit den Schweiß von der Stirn wischt oder Mund und Nase damit berührt. So plädierte selbst die Staatsanwältin auf Freispruch. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass jemand dafür die Stempel in seinem Reisepass fälscht“, meinte sie. Und der Anwalt betonte: „Zum Glück war mein Mandant damals zufällig im Ausland. Er hätte ansonsten noch so sehr seine Unschuld beteuern können und wäre trotzdem verurteilt worden.“ Auch das Schöffengericht sprach den Familienvater frei. „Und dennoch ist es seltsam, dass wir irgendwie nicht daran glauben, dass er nichts mit der Sache zu tun hat“, hegte die Vorsitzende Richterin einige Restzweifel (Quelle: Nach Michael Klein in DZ vom 25. Febr. 2022).

Zwei Jahre Haft für zwei große Einbrüchen. Werkzeug für 6.000 Euro lieh sich ein Hausbauer vom THW aus, es wurde von der Baustelle gestohlen. Ein Verdächtiger wurde vor Verhandlung vor dem Amtsgericht Dorsten überführt und bestraft. Unter dem Fake-Verkäufer-Namen „Martin Apfel“ wurden 2021 bei Ebay-Kleinanzeigen einzelne Beutestücke aus zwei Groß-Einbrüchen in Dorsten angeboten: darunter eine Kettensäge und ein Abbruchhammer. Die Diebstahlsopfer hatten die Ware anhand der Seriennummer (Säge) und anderer Merkmale unzweifelhaft als ihr Eigentum identifizieren können. Ins Visier der Ermittler geriet ein 36-jähriger Schweißer aus Deuten: Die Adresse seines Einfamilienhauses war als Abholort bei Ebay angegeben worden, die E-Mail-Angaben trugen seinen echten Nachnamen. Und als die Polizei bei der Hausdurchsuchung schließlich nicht nur Drogen, sondern auch besagte Kettensäge fand, wählte eine Kripo-Beamtin die bei Ebay hinterlegte Telefonnummer von „Martin Apfel“: Das Smartphone des Verdächtigen klingelte.
Im Prozess vor dem Schöffengericht stritt der Angeklagte Ende Januar 2022 am Mittwoch bis auf den Drogenbesitz aber alles ab. Weder habe er etwas mit dem Einbruch in den Container einer Friedhofsgärtnerei in Rhade zu tun (bei dem Sägen, Laubbläser, Rasenmäher für 4500 Euro entwendet wurden) noch mit dem Diebstahl aus einem Rohbau in Alt-Wulfen, wo Werkzeugmaschinen für 6000 Euro weggeschleppt worden waren. Womöglich habe er Feinde, die ihm etwas anhängen wollen, äußerte er sich vor Gericht. „Vor zwei Jahren wurde in Deuten bereits mein Bienenstand angezündet und die Bienen sind verbrannt.“ Doch es gab weitere Indizien, die gegen seine Einlassungen sprachen. Während der Verteidiger auch am Ende des Prozesses noch meinte, die Anklage „steht auf tönernen Füßen“, urteilte das Gericht: Zwei Jahre Haft, da der Deutener unter Bewährung stand (Quelle: Michael Klein in DZ vom 27. Jan. 2022).

Überfall mit Waffen bei Autokauf auf einem Schulparkplatz. Beim Internet-Verkaufsportal „Ebay“ fand der 36-jährige Ingenieur aus Hannover einen Gebrauchtwagen ganz nach seinem Geschmack: Einen Audi A 4, Kombi, gut 13.000 Euro sollte das Auto kosten. Doch als er schließlich mit seinem Schwager das Gefährt bei der Fahrzeug- und Geld-Übergabe auf dem Parkplatz der Albert-Schweitzer-Grundschule in Dorsten am 4. September 2020 abholen wollten, machten sie nicht nur die Bekanntschaft des Auto-Verkäufers, der mit einem Bekannten zum vereinbarten Treffpunkt gekommen war, sondern auch mit zwei „merkwürdigen Gestalten“, die plötzlich maskiert und bewaffnet aus dem kleinen Wäldchen nebenan aufgetaucht waren, den Kaufwilligen mit einer Waffe verletzten und von ihm das Geld forderte. Sein Begleiter wurde ebenfalls niedergeschlagen. Schließlich konnte sich der 36-jährige Ingenieur in sein Auto retten. Als er dort mit seinem Handy den Notruf wählte, ließen die beiden Täter von ihren Opfern ab und flüchteten ohne das Geld, das der Hannoveraner in einer Gurttasche verstaut hatte.
Vor Gericht mussten sich Mitte Januar 2022 aber nicht die beiden immer noch unbekannten Bewaffneten verantworten, sondern der 27-jährige Autoanbieter, der den Treffpunkt vorgeschlagen hatte, und dessen Begleiter. Denn die Staatsanwaltschaft war im Zuge der Ermittlungen zu der Auffassung gelangt, die beiden hätten sich der Mithilfe schuldig gemacht, also mit den bewaffneten Masken-Männern zusammengearbeitet. Ein kniffliger Fall. Laut der beiden Hannoveraner hatten sich die beiden Beschuldigten, die im Gerichtssaal übrigens keine Angaben machten, „das ganze Spektakel seelenruhig angeschaut“ – ohne einzuschreiten und ohne von den Maskierten beachtet worden zu sein. Wenn sie aber Mittäter gewesen waren: Warum haben sie an dem Abend selbst die Polizei zu Hilfe gerufen, nachdem die „Haupttäter“ weg waren? Warum hat der 27-Jährige von vornherein dem Opfer seinen richtigen Vor- und Zunamen genannt, wenn er doch eine solche Straftat plante? Selbst die Staatsanwältin meinte am Ende, vielleicht sei dies alles nur ein „Zufall“ gewesen, vielleicht hätte lediglich jemand vorher durch Gespräche mitbekommen, dass die Angeklagten an dem Abend in Dorsten Geld für ein Auto erhalten sollten – und das Wissen für den Überfall genutzt. Am Ende ließ sich eine Mittäterschaft der Angeklagten nicht beweisen: Es gab einen Freispruch (Quelle: Michael Klein in der DZ vom 20. Jan. 2022).

Mutter von drei Kindern handelte mit Drogen. Eine alleinerziehende 32-j#hrige Mutter von drei Kindern im Alter von 9 bis 15 Jahren rutschte in die Drogensucht ab, dealte und musste sich im Januar 2022 vor dem Dorstener Schöffengericht verantworten. Im August 2020 fand die Polizei in ihrer Wohnung 100 Gramm Amphetamine, dazu Marihuana, Kokain, Verpackungsmaterial  und Feinwaagen. „Drogenhandel“ so hieß dann auch der Vorwurf der Staatsanwaltschaft. Doch die Angeklagte wollte das alles für mehrere hundert Euro nur für den Eigenbedarf gekauft haben. Der Staatsanwalt glaubte ihr nicht, zumal die Polizei WhatsApp-Nachrichten sichergestellt hatte, die belegen sollten, dass die Frau doch gedealt hatte. Schließlich legte die Dorstenerin, die inzwischen clean ist, ein Geständnis ab. Das Gericht verurteilte sie zu 18 Monaten auf Bewährung. „Die Bewährungszeit von drei Jahren soll wie ein Damoklesschwert über ihr hängen, denn ihr muss klar werden, dass sie ansonsten ihre Kinder längere Zeit nicht sehen wird“, erklärte die Richterin. Zum eigenen Schutz soll sie sich regelmäßig bei der Drogenberatungsstelle melden, um zu zeigen, dass sie weiter drogenfrei lebt (Quelle: Michael Klein in DZ vom 18. Jan.2022).

Prozess Mitte Januar 2022 als Folge einer Sprengstoff-Polizei-Razzia 2019 in Rhade. Nachdem die Polizei am 20. August 2019 die frei im Internet zugängliche Sprengstoff-Plattform „xplosives.net“ stillgelegt hatte, fuhr bei einer internationalen Groß-Razzia mit 1000 eingesetzten Beamten gegen 7 Uhr eine spektakuläre Kolonne von Einsatzfahrzeugen auch an der Straße „Am Stuvenberg“ in Rhade vor. Darunter ein Panzerwagen, der zur Sicherung von Sprengstoffen dient. Denn auch der Mann aus Rhade war ins Visier der Strafverfolgungsbehörden geraten. Er gehörte zu den 360 aktiven Mitgliedern, die sich online über Sprengstoffe und zum Teil auch über den Bau von Waffen austauschten. Bei der Wohnungsdurchsuchung des damals 30-Jährigen sicherten die Einsatzkräfte jedenfalls eine Menge Chemikalien, Patronen-Munition, USB-Sticks – und fanden zwei Gegenstände, die dem Mann jetzt ein Verfahren vor dem Dorstener Schöffengericht einbrachten – wegen Verstoßes gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz und unerlaubten Waffenbesitzes. Vor allem der erste Vorwurf ist normalerweise eine schwere Straftat. Der Angeklagte hatte von einer 5,6 Millimeter-Geschosspatrone, die er vor 16 Jahren aus einer Kaserne als „Andenken“ mitgehen ließ, also Diebschlag oder Unterschlagung. Beim zweiten Anklagepunkt handelte es sich um eine 9 Millimeter-Gas-Signalpistole, also um eine Schreckschusswaffe, die der Mann im Internet erworben hatte. Das Problem dabei: Die Waffe ist in Deutschland nicht zugelassen, weil sie nicht das nötige Prüfsiegel aufweist. Der Staatsanwalt attestierte dem Angeklagten einen Hang „zu allem, was knallt, das fasziniert ihn“, Der Staatsanwalt forderte ein Jahr und drei Monate auf Bewährung, der Verteidiger plädierte auf „minderschweren Fall“, das Gericht verhängte sechs Monate auf Bewährung, dazu 600 Euro Geldstrafe. „Wir wollen das alles nicht verharmlosen, ihn aber auch nicht unnötig kriminalisieren“, hieß es. Zumal der Angeklagte bislang nur eine Vorstrafe hatte: Er war unberechtigt in ein stillgelegtes Bergwerk eingedrungen und hatte davon unvorsichtigerweise ein Foto auf einer „Verlassenen-Orte“-Internetseite gepostet (Quelle: M. Klein in DZ vom 14. Jan. 2022).

Oma in Dorsten sauer: Enkel sorgt für Drogen-Razzia in ihrem Haus. Bei einer Drogenrazzia in Dorsten fanden Kripobeamte in der Wohnung eines jungen Mannes gut 300 Gramm Marihuana und ein Messer. Der 21-jährige Angeklagte bewohnte eine Wohnung im Haus der Oma in Dorsten. Der Enkel hat seine Großmutter nach eigenen Angaben ziemlich sauer damit gemacht, dass in seiner Abwesenheit vor gut einem Jahr die Kripo mit einem Durchsuchungsbeschluss zu der gemeinsamen Adresse ausrückte. Das Drogendezernat hatte einen anonymen Hinweis bekommen, dass er mit Rauschgift handelt. Die Polizisten wurden fündig. 320 Gramm Marihuana lagen auf dem Wohnzimmertisch. Dazu eine Feinwaage, Verpackungsmaterial – und ein Messer. Der junge Mann stritt vor dem Schöffengericht Dorsten Mitte Januar 2022 ab, mit dem Stoff gedealt zu haben. Vielmehr habe er in einer „Einkaufsgemeinschaft“ mit Freunden einen Lieferanten beauftragt, das Cannabis für ihren Eigenbedarf vorbeizubringen. „Der hat dann die gesamte Tüte mit den anderen Sachen drei Tage bei mir gelagert“, sagte er vor dem Schöffengericht aus. Der Angeklagte beteuerte, dass er mit dem Thema Rauschgift abgeschlossen habe, das auch sein Verhältnis zu den Eltern sehr belastete. Inzwischen arbeite er wieder als Azubi in der Firma des Vaters, habe den Kontakt zu den alten Freunden abgebrochen. Dass er nicht mit Drogen gehandelt habe, glaubten ihm Staatsanwältin und Gericht aber nicht. Dass mit dem Messer eine Waffe bereit gelegen hatte, machte die Sache für ihn nicht besser. Um die von der Anklagevertreterin geforderte Haftstrafe kam er herum. Urteil: ein Jahr und zehn Monate auf Bewährung (Quelle: Michael Klein in der DZ vom 11. Jan. 2022).

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