NRW-Reformstau 2025

Programm der NRW-Regierungskoalition gegen innenpolitischen Reformstau

Mehr Chancengleichheit in Schulen, eine stärkere Spezialisierung in den Kliniken, wirksamerer Mieterschutz – die Regierung hat viel vor in NRW. Ein Ausblick auf das landespolitische Jahr 2025. In der zweiten Hälfte der Wahlperiode hatte die Landesregierung noch viel Reformstau: Was tun gegen Kita-Schließungen aus Personalmangel? Wie kommt mehr Bildungsgerechtigkeit in soziale Brennpunkte? Auch in den Bereichen Gesundheit, Mieterschutz, Flüchtlinge und Kriminalität gibt es viel zu tun. Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul (CDU) kündigt bereits an, die Sicherheitsbehörden mit neuen Befugnissen auszustatten: „Für Tiktok-Prediger und Demokratiefeinde wird es sehr ungemütlich“, sagte er. Im Folgenden eine Auswahl der Agenda der Regierungskoalition NRW für 2025:

Wendepunkt für Kriminalitätsbekämpfung: Für Reul (CDU) ist klar: „Das Jahr 2025 wird entscheidend sein, wie und ob wir für die nächsten Jahre bei der Kriminalitäts- und Terrorbekämpfung Schritt halten können.“ Deshalb werde Polizei und Verfassungsschutz nun das dringend nötige Update verpasst. „Wenn jetzt alle an einem Strang ziehen und keiner aus ideologischen Gründen blockiert, kommen wir im Kampf gegen Terroristen vor die Lage.“ Dafür müsse an rechtlichen Stellschrauben gedreht werden, um Ermittlern das richtige Rüstzeug an die Hand zu geben. Ziel sei es auch, im Bereich Kinderpornografie Täter schneller dingfest zu machen, um Kinder aus ihrem Martyrium zu befreien, betont der Minister.

2025 steht eine Neufassung des NRW-Verfassungsschutzgesetzes an. Damit werden insbesondere Pläne aus dem Sicherheitspaket der Landesregierung umgesetzt, etwa die Einführung der Quellen-Telekommunikationsüberwachung. Für die Sicherheitsbehörden relevante Personen nutzen unter anderem verschlüsselte Messenger-Dienste zur Planung, Vorbereitung und Durchführung von Anschlägen. Außerdem soll es den Sicherheitsbehörden ermöglicht werden, Künstliche Intelligenz und Gesichtserkennungssoftware zum Abgleich mit öffentlich zugänglichen Datenbanken zu nutzen. Erstmals sollen darüber hinaus in NRW Lagebilder zum Rechtsextremismus und zur Cybersicherheitslage erstellt werden. Außerdem sollen Brand- und Katastrophenschutz durch eine gesetzliche Neufassung gestärkt und modernisiert werden.

Umstrittene „Personal-Flexibilisierung“ in der Kita: Das Ministerium für Kinder und Familie plant, den Personaleinsatz im Kita-Bereich weiter zu flexibilisieren und das Kinderbildungsgesetz zu vereinfachen. Aus Sicht von NRW-Familienministerin Josefine Paul (Grüne) bringt es mehr Verlässlichkeit und Stabilität ins System, wenn in akuten Notlagen mit Ergänzungskräften gearbeitet werden kann. Zigtausende Eltern haben aber schon in Online-Petitionen dagegen protestiert, Kitas mit zu starken Lockerungen bei der Personalausstattung zu „Aufbewahrungsstätten“ abzuwerten. Für Schulen in schwierigen sozialen Lagen geht mit Beginn des Schuljahres 2025/26 das Startchancen-Programm in die zweite Runde. Nachdem in diesem Schuljahr bereits die ersten 400 Schulen gestartet sind, werden im nächsten Schuljahr über 500 weitere die Arbeit aufnehmen. Sie sollen dazu beitragen, die Bildungs- und Chancengerechtigkeit zu verbessern.

Mit Künstlicher Intelligenz Deutsch und Mathe lernen: Zur Schulanmeldung im Herbst 2025 soll den Schulen in NRW landesweit ein digitales Screening zur Verfügung gestellt werden, mit dem sie den Sprachstand der Kinder erfassen und Förderbedarf identifizieren können. Bereits in diesem Jahr haben 130 Grundschulen ein digitales Tool getestet. Für ein gemeinsames Pilotprojekt mit der Universität Siegen werden 25 Schulen der Sekundarstufe I erproben, wie Künstliche Intelligenz in den Fächern Mathematik und Deutsch sinnvoll eingesetzt werden kann.

Krankenhausreform am Start – mehr Expertise: Jetzt wird es ernst mit der neuen Krankenhausplanung in NRW: Die Feststellungsbescheide, mit denen bis Jahresende 2024 allen Krankenhäusern die Entscheidungen über ihre künftigen Aufgabenschwerpunkte verbindlich mitgeteilt wurden, treten zum 1. April 2025 in Kraft. Für bestimmte Leistungsgruppen werden Übergangsfristen bis Ende 2025 vorgesehen. Mit der neuen Krankenhausplanung soll die Qualität der stationären Versorgung verbessert werden. Spezialisierung und Sicherung der Grundversorgung in der Fläche sind wesentliche Ziele. Das bedeutet auch, dass manche Krankenhäuser gerade hochkomplexe Leistungen künftig nicht mehr anbieten dürfen, wenn sie nicht über ausreichend Expertise und Erfahrung verfügen. Bis zum Sommer soll der Landespsychiatrie mit passgenauen Empfehlungen und Hilfen an den Anstieg psychischer Belastungen und Erkrankungen angepasst werden. Das Land skizziert dabei Maßnahmen zur Weiterentwicklung der Prävention sowie zur Versorgung Betroffener.

Mieterschutz – Daumenschrauben gegen Missstände: Zum Frühjahr ist eine Neufassung der Mieterschutzverordnung geplant. Dabei geht es vor allem um die sogenannte Mietpreisbremse. Falls die bundesgesetzliche Regelung nicht verlängert wird, will NRW in seiner Verordnung die Kappungsgrenze für Mieterhöhungen in bestehenden Verträgen und den Kündigungsschutz neu regeln. Verlängert der Bund die Mietpreisbremse, soll sie auch in NRW entsprechend umgesetzt werden. Die Mieterschutzverordnung begrenzt sowohl Preissteigerungen bei Neuvermietung als auch die Erhöhung von Bestandsmieten. Zudem gibt sie Mietern nach der Umwandlung von Mietwohnungen in Eigentumswohnungen einen erweiterten Kündigungsschutz. Bislang gelten diese Auflagen nur in 18 von 396 Kommunen in NRW. Künftig sollen es mehr sein. Darüber hinaus wird das Wohnraumstärkungsgesetz überprüft. Das im Sommer 2021 verabschiedete Gesetz, das bis zu 500.000 Euro Bußgelder erlaubt, sollte eine Handhabe bieten gegen die Dauervermietung von Wohnungen an Kurzzeit-Touristen, unangemessene Unterbringung von Leiharbeitern und gegen Schrottimmobilien. Kontrollaktionen und Rückmeldungen der Kommunen seien Anlass, weitere Verbesserungen und Schärfungen an dem Gesetz vorzunehmen, sagte Bauministerin Ina Scharrenbach. Sie wolle „nicht lockerlassen und ausbeuterischen Unternehmen weiter im Nacken sitzen“. Außerdem sollen Ausbau, Aufstockung oder Umnutzung im Bestand erleichtert werden.

Sanierungsoffensive:
Im Verkehrsressort sind für das kommende Jahr 42 Brückenersatzneubauten mit einem Gesamtvolumen von 103 Millionen Euro vorgesehen. Überdies wurde ein Sonderprogramm „Straßeninfrastruktur Südwestfalen“ aufgelegt, weil die Region massiv durch die Sperrung der A 45 und den Neubau der Talbrücke Rahmede belastet ist. Die Maßnahmen dort umfassen etwa 470 Kilometer Bundes- und Landesstraßen. Die anstehenden rund 120 Einzelmaßnahmen sollen im kommenden Jahr mit den Akteuren vor Ort priorisiert und in ein Sanierungskonzept überführt werden.

Moorschutz für das Klima und Strategie gegen Hochwasser: Das Umweltministerium will den Schutz der Moore im nächsten Jahr besonders in den Fokus nehmen und versuchen, dafür möglichst viel Geld aus einem milliardenschweren Bundesprogramm für natürlichen Klimaschutz einzuwerben. Zudem soll eine „Zukunftsstrategie Wasser NRW“ beschlossen werden, unter anderem für den Ausbau des Pegelnetzes sowie beschleunigte Förderungen von Hochwasserschutzmaßnahmen für die Kommunen. Hintergrund sind zunehmende Extrem-Wettereignisse.

Testlauf für die Bezahlkarte:
In den Landeseinrichtungen für Asylbewerber soll im nächsten Jahr die Bezahlkarte getestet werden, bevor das System auch in den Einrichtungen der Kommunen eingesetzt wird. Ob sie das wollen, sollen diese am Ende selbst entscheiden.


Quelle: Bettina Grönewald in RN (DZ) vom 25. Dezember 2024

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