Seit Generationen schreiben Kinder dem Weihnachtsmann ihre Wünsche
Viele Kinder sind regelmäßig vor Weihnachten dabei, ihre sehnlichsten Wünsche zu notieren. Je nach Region gehen diese eher ans Christkind oder an den Weihnachtsmann. Rund um beide Gestalten ranken sich viele Erzählungen und Traditionen. – Der gemütliche alte Mann verteilt an Heiligabend traditionell in Nord- und Ostdeutschland Geschenke. Denn historisch hat sich in diesen Gebieten der Protestantismus durchgesetzt. Das Christkind indes residiert postalisch in einer Region Deutschlands, die bis heute von katholischen Traditionen geprägt ist. Das Christkind ist also der Gabenbringer für alle katholischen Jungen und Mädchen? So leicht ist es nicht, zumindest wenn man auf den Verlauf der Geschichte guckt. Das engelsgleiche Wesen mit den wallenden Locken ist eine evangelische Erfindung und später zum Katholizismus konvertiert. Es geht auf niemand Geringeren als den großen Reformator Martin Luther höchstselbst zurück. Damit kann das Christkind als der wohl prominenteste Konvertit der Kirchengeschichte gelten.
Bischof aus Myra: „Kyndisch ding“
Aber der Reihe nach: Heiligenverehrung, damit konnte Luther nichts anfangen. Allein Jesus Christus sollte den Menschen einen direkten Zugang zu Gottes Gnade ermöglichen. Entsprechend dieser theologischen Grundüberzeugung wetterte der Reformator dagegen, dass der heilige Nikolaus, ein legendenumwobener Bischof aus Myra, den Kindern Geschenke brachte. In seiner Predigt am 6. Dezember 1527 sagte er dem Kult rund um den katholischen Heiligen den Kampf an. Das sei doch alles ein „kyndisch ding“, klagte er. Gaben bringen sollte nur der „Heilige Christ“, und zwar am ersten Weihnachtstag.
Weihnachtsmann – säkularisierter Gabenbringer
In Nord- und Ostdeutschland dominiert heute der Weihnachtsmann. Und auch hier wird es noch einmal kurios. Ist der Mann mit dem Rauschebart doch eine neuzeitliche Adaption des Nikolaus, des katholischen Bischofs, des Heiligen, mit dem Luther so rein gar nichts anzufangen wusste. Als Sieg des Katholizismus sollte man seine Existenz jedoch nicht verbuchen, vielmehr muss der Weihnachtsmann als Symptom der fortschreitenden Entkirchlichung verstanden werden. Ein säkularisierter Gabenbringer in mehr und mehr gottesfernen Gesellschaften.
Den Weihnachtsmann als Figur gibt es seit dem 19. Jahrhundert. Im Lied „Morgen kommt der Weihnachtsmann“ von Hoffmann von Fallersleben, erschienen um 1835, taucht der gemütliche alte Mann beispielsweise auf. Der Fairness halber kann noch erwähnt werden, dass sich in ihm viele, viele Einflüsse auch aus anderen Nationen vermengen. Der deutsche Weihnachtsmann ist eng verwachsen mit Santa Claus, dem Weihnachtsmann der US-Amerikaner. Viele bringen seinen roten Mantel mit Coca-Cola in Verbindung: Der Brausehersteller tourt alljährlich schließlich werbewirksam mit einem Santa-Truck durch die Lande.
Quelle: Thomas Paterjey in RN (DZ) vom 25. Dezember 2024