Lange Wartezeiten für einen Werkstatttermin! Das erleben gerade Autofahrer
Das waren noch Zeiten, als man jederzeit mit seinem Auto beim Vertragshändler vorfahren konnte. Eine kleine Diagnose fand schon vor Ort statt und die Reparatur wurde nur Tage später durchgeführt. Aktuell ist man davon in vielen Werkstätten in Dorsten weit entfernt. Das fragt sich auch Youtuber Stefan Lenz in seinem Video „Was geht eigentlich bei den Autohäusern ab?“ Schon über 91.000 Abrufe und fast 1000 Kommentare hatte sein Clip bislang (Ende Oktober 2024) bekommen. Darin erzählt Lenz u. a. den Fall einer Bekannten, die Mitte Mai mit einem Motorschaden liegen blieb. Für den 18. August hatte sie endlich einen Termin bekommen. Aber nicht etwa für die die Reparatur, sondern „nur“ für das Auslesen des Fehlerspeichers. Ein Einzelfall? Keineswegs, wie uns Autohändler Oliver Sprungmann, der immerhin für fünf Automarken sprechen kann, berichtet: „Ich war erst vor ein paar Tagen auf einer Händlertagung und da erzählten mir Kollegen, dass Kunden bei ihnen bis zu vier Monate auf einen Termin warten müssten“. Davon sei man in Dorsten gottlob noch weit entfernt. Zufriedenstellend sei die Lage aber auch hier nicht – weder für die Werkstatt, noch für die Kunden. Das unterstreicht auch Hartmut Woßilat vom Autohaus Heddier: „In besten Zeiten hatten wir vielleicht fünf Tage Vorlauf, im Moment muss man wenigstens 14 Tage einplanen“, so der Kundendienstleiter.
Manchmal dauert es empfindlich länger
Auch die Ersatzteilversorgung sei noch immer nicht auf dem vorbildlichen Stand, wie vor der Corona-Pandemie war: „An gängigen Inspektionsutensilien, wie Öl- und Luftfilter, mangelt es nicht. Aber bei speziellen Karosserie- oder Motorteilen dauert es manchmal empfindlich länger“, so Woßilat.
Einen wesentlichen Grund für die Misere hat Oliver Sprungmann schon ausgemacht: „Das hängt zum Teil mit dem starken Abgang der Boomer-Jahrgänge in die Rente zusammen.“ Und in den letzten Jahren sei Nachwuchs einfach Mangelware gewesen. „In diesem Jahr habe ich schon einige Bewerbungen bekommen. Das bringt natürlich Hoffnung. Außerdem interessieren sich vermehrt Mädchen für eine Ausbildung in der Werkstatt und da haben wir bereits gute Erfahrungen gemacht“, so Sprungmann weiter.
Üppig ist die Zahl der Bewerbungen aber noch lange nicht und auch Hartmut Woßilat möchte bei jungen Interessenten wieder mehr Begeisterung für den Werkstattberuf wecken.
Zukunftsängste mit Blick auf das Verbrennerverbot wollen sowohl Oliver Sprungmann, als auch Hartmut Woßilat etwaigen Bewerbern nehmen: „Wir setzen auf Fortbildung und auch wenn der Trend in Richtung Elektro geht, braucht niemand zu befürchten, dass er in ein paar Jahren nur noch Achsschenkel wechseln kann und darf“, heißt es nahezu wortgleich.
Selbst Umschulungswilligen stehen die Dorstener Autohäuser inzwischen offen gegenüber. „Man braucht nicht immer nur Hochvolt-Elektroniker. Auch normale Arbeiten, wie Reifenwechsel, Wartungsarbeiten, Flüssigkeitswechsel müssten schließlich gemacht werden“, so Oliver Sprungmann. Mit einem weiteren Ansatz gegen den Personalmangel verfolgt er derzeit: „Wir versuchen, ausgeschiedene Mitarbeiter wieder zu reaktivieren, denen beispielsweise das Rentnerdasein zu langweilig ist“.
Kleine Händler machen sich Sorgen
Zu beobachten ist aber auch eine Kannibalisierung in der Branche. Mit Wechselprämien und einer 4-Tage-Woche wird da gelockt. Das überfordert vor allem kleinere Händler: „Bei mir haben im vergangenen Jahr zwei Mechaniker gekündigt. Jetzt mache ich mir nur noch Gedanken, wie ich den Absprung finde“, erzählt einer dieser kleinen Händler aus Dorsten, der namentlich nicht genannt werden möchte. Auch bei ihm stapeln sich die reparaturbedürftigen Fahrzeuge auf dem Hof. Nur an Kapazitäten für die Reparaturen mangelt es. Ein Problem in diesem Zusammenhang, dass Autofahrer auf jeden Fall im Blick haben sollten, ist zudem die Werksgarantie. „Wir haben eine Marke, die bis zu sieben Jahren Garantie gewährt. Da achten die Hersteller sehr genau darauf, dass Wartungsintervalle nicht überzogen werden“, erläutert Oliver Sprungmann.
Inspektionen frühzeitig planen
Harmut Woßilat ergänzt: „Wir schreiben die Kunden sogar rechtzeitig an. Aber für die Empfänger ist das manchmal nur ein Blatt Papier, das achtlos zur Seite gelegt wird. Da sollte man genau lesen, was da geschrieben steht.“ Sowohl Sprungmann als auch Woßilat empfehlen daher ihren Kunden, Inspektionstermine frühzeitig zu planen.
Denn in den kommenden Wochen wird sich die Situation verschärfen – spätestens nach den ersten Frostnächten. Grund ist der nahende Winter und der damit verbundene obligatorische Reifenwechsel an den Fahrzeugen, der enorme Werkstattkapazitäten bindet. „Die neue Verordnung für Winterreifen macht die Sache auch nicht gerade einfacher“, so Hartmut Woßilat. „Manchmal werden Termine nicht wahrgenommen und da versuchen wir dann, anstehende Reparaturen dazwischenzuschieben – um den Kunden bestmöglich zu helfen – vor allem in Notfällen“, sagt Oliver Sprungmann. Und dem stimmt auch Hartmut Woßilat zu.
Quelle: DZ vom 28. Oktober 2024
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