Friedhof (Essay)

Ein persönlich nahestehender Erinnerungsort, der Tod und Leben vereint

Manch einem Friedhof haftet ein verstaubtes Image an. Dass Tod und Abschied aber nicht nur bedrückend sein müssen, beweisen kreative und bunte Ideen in NRW. Ein Überblick: Friedhöfe sind ein Ort der Stille und der Trauer. Doch das oftmals verstaubte Image der Begräbnisstätten hat sich aus Expertensicht stark gewandelt. „Ein Friedhof ist über der Erde auch ein Ort für die Lebenden“, sagte Christian Jäger, Geschäftsführer des Bestatterverbandes NRW. Die teils parkähnlichen Anlagen dienen als grüne Lunge der Stadt dem Mikroklima. Und aus Sicht des Bestatterverbandes ist im angemessenen Rahmen durchaus noch mehr möglich. Noch seien die Begräbnisstätten im „Dornröschenschlaf“, doch Kreativität, Veranstaltungen und gastronomische Angebote fänden sich langsam auf den Friedhöfen wieder.
In einigen Kommunen werden unter anderem mobile Cafés auf dem Friedhof aufgebaut. Einmal im Monat treffen sich rund 20 Menschen auf einen Plausch mitten auf einem Friedhof in Rheine. „Erzählen, lachen, sich austauschen – auch so was darf man auf dem Friedhof“, erklärte Anna Held, Pastoralreferentin der katholischen Kirchengemeinde im Stadtteil Eschendorf. Das Angebot bringe Menschen zusammen, die sonst nur in stiller Trauer das Grab ihrer Angehörigen besuchten. Auch in vielen weiteren NRW-Kommunen sind ähnliche Angebote zu finden, so etwa in Neuenkirchen, in Marl oder in Düren.

Buntes Abschiednehmen vom Leben

Mit Musik und Illumination wird der Friedhofsbesuch in Düsseldorf an Allerheiligen (1. November) zum Event. Besucher des Nordfriedhofs können nicht nur im Stillen trauern, sondern den Friedhof als Kulturstätte und Ort der Natur in der Stadt erleben. Folk und Jazzmusik, bunt beleuchtete Bäume und Grabmäler sowie eine Taschenlampenführung sind laut Stadt geplant. Farbenvielfalt und Kreativität sind auch die Stichworte rund um eine Beerdigung. „Was wir seit einigen Jahren beobachten: Die Abschiednahme wird sehr viel bunter gestaltet“, erklärte Jäger. Verstorbene würden oft zu Lebzeiten schon festlegen, wie sie verabschiedet werden wollten. „Dann kommen Gäste auch mal bunt gekleidet zur Trauerfeier.“
Diesen Trend bestätigte auch Marie Thiermann vom Bestattungsunternehmen „Lebenslicht“ in Düsseldorf. „Meistens ist das Leben bunt und vielfältig“ – so dürften auch die Abschiedsfeier und ein Begräbnis sein. Urne oder Sarg könnten bunt bemalt werden. Die „Lebensfeier“, wie Thiermann sie nennt, habe sie auch schon im Zoo, in einer Kneipe oder in der Reithalle organisiert. „Ob wir jetzt die Erde vom Friedhof nehmen, die Sägespäne aus Opas Werkstatt oder Konfetti, um der verstorbenen Karnevalistin zu gedenken“, der Kreativität seien nur selten Grenzen gesetzt.

Bestattungsform „Blätter im Wind“ und QR-Codes

Und auch beim Grab selbst kann es bunt werden. „Blätter im Wind“ heißt eine Bestattungsform auf dem Friedhof in Würselen bei Aachen. Dabei handelt es sich um bunte Glas-Blätter, die mit dem Namen des Verstorbenen beschriftet werden können und an einem Gestell aus dünnen Edelstahlrohren schweben. Die Verstorbenen werden unter der Blätter-Installation in einem Urnengemeinschaftsgrab beigesetzt. Nicht nur vor Ort, sondern auch digital kann vielfältig Abschied genommen werden. „Wir sind eine sehr verstreute Gesellschaft geworden“, sagte Jäger. Eine hybride Abschiednahme, etwa über ein Online-Trauerportal sei durchaus üblich. Etwas ungewöhnlicher wird es beim QR-Code auf dem Grabstein. Der TV-Moderator und Wissenschaftsjournalist Jean Pütz äußerte vor einigen Jahren, dass er seinen Grabstein mit einem digital einscannbaren Code versehen wolle, der ein von ihm aufgenommenes Video abspiele. Kein Einzelfall: Auf dem Kölner Melaten-Friedhof ziert etwa das Grab von Heinz Kunert ein QR-Code, der über das Leben des Erfinders informieren soll.

Siehe auch: Friedhöfe (Artikelübersicht)


Quelle: Pauline Maus in RN (DZ) vom 29. Oktober 2024

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