733 Millionen Menschen hungern - Frauen unverhältnismäßig stark betroffen
Ich erinnere mich an einen sichtlich heruntergekommenen Mann, der vor Jahren in der Dorstener Innenstadt Menschen mit dem Hinweis, dass er kein Geld für Essen und daher Hunger habe, um Geld angebettelt hatte. Ob er nun wirklich Hunger hatte, konnte bezweifelt werden, denn ich sah ihn vom Fenster des damaligen Hauses der Ruhr-Nachrichten (Dorstener Zeitung) in der Straße Südwall oft, wenn er auf der gegenüberliegenden Mauer des Parkplatzes oder in der Eckkneipe am Esser Platz saß und genüsslich aß und trank. Immer, wenn ich ihn mit „Hunger“ betteln sah und hörte, fiel mir auch mein eigenes Erleben als Nachkriegskind ein, in der man nicht nur das Wort Hunger oft hörte, sondern den Hunger auch spürte. Heute ist er hier nicht mehr real, woanders aber schon. – Wolf Stegemann
Afrika südlich der Sahara und Südasien sind Regionen großer Hungerraten
Der weltweite Kampf gegen den Hunger kommt nach einer Untersuchung der Welthungerhilfe kaum mehr voran. Noch immer seien weltweit 733 Millionen Menschen betroffen, teilte die Organisation in Berlin bei der Vorstellung ihres neuen Welthunger-Index (WHI) mit. Afrika südlich der Sahara sowie Südasien seien dabei die Regionen mit den höchsten Hungerraten. „Es ist inakzeptabel, dass die Weltgemeinschaft ihrer Verpflichtung, den Hunger zu beenden, nicht ausreichend nachkommt“, sagte Marlehn Thieme, Präsidentin der Welthungerhilfe. „Wir wissen, dass die globalen Krisen unmittelbare Auswirkungen mit schwerwiegenden Folgen für die Ernährungslage der Familien haben und ihre Fähigkeiten erschöpfen, immer neue Schocks zu bewältigen.“
Die Werte des Welthunger-Index werden auf der Grundlage einer Formel aus vier Indikatoren berechnet: Unterernährung, Wachstumsverzögerung bei Kindern, Auszehrung bei Kindern und Kindersterblichkeit. Zusammen soll dies den „multidimensionalen Charakter von Hunger erfassen“. Der Bericht 2024 legte einen Schwerpunkt auf den Zusammenhang zwischen fehlender Geschlechtergerechtigkeit, Ernährungsunsicherheit und den Folgen des Klimawandels. Frauen und Mädchen seien am stärksten von Hunger betroffen und litten unverhältnismäßig stark unter den Folgen des Klimawandels. „Geschlechtergerechtigkeit ist ein wichtiger Hebel, um den Hunger nachhaltig zu beseitigen. Regierungen müssen in Gesundheit, Bildung und ländliche Entwicklung investieren, um die bestehenden Ungleichheiten zu beseitigen und Frauen besseren Zugang zu Ressourcen und Entscheidungen zu ermöglichen“, forderte Mathias Mogge, Vorstandsvorsitzender der Welthungerhilfe.
In 22 Ländern hat der Hunger seit 2016 zugenommen
Die Ernährungslagen in 136 Ländern werden in dem Bericht geschildert. Die Index-Werte für 2024 und vorläufige Einstufungen zeigen, dass der Hunger in sechs Ländern als sehr ernst eingestuft wird: Burundi, Jemen, Madagaskar, Somalia, Südsudan und Tschad. In weiteren 36 Ländern wird der Hunger als ernst eingestuft. In 22 Ländern hat der Hunger seit 2016 sogar zugenommen. In weiteren 20 Ländern stagnieren die Fortschritte weitgehend. – „Das Ziel, den Hunger bis 2030 zu beseitigen, scheint unerreichbar. Bei gleichbleibendem Tempo seit 2016 wird der globale WHI-Wert nicht einmal bis im Jahr 2160 – also in mehr als 130 Jahren – ein niedriges Niveau erreichen“, stellen die Autoren insgesamt fest.
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