Arier waren Herrenmenschen, ein früher sprachwissenschaftlicher Begriff
Parallel und teilweise mit dem ethnischen Konzept verwoben bildete sich ab dem Beginn des 19. Jahrhunderts ein bis in die Gegenwart nachwirkendes völkisches Verständnis von Deutschtum und Staatsangehörigkeit heraus, das in der gemeinsamen Abstammung das primäre Unterscheidungsmerkmal zwischen Deutschen und Nichtdeutschen annimmt. Aufbauend auf den Schriften Novalis’ entwickelte Friedrich Schlegel um 1801 die Idee einer „wahren“ Nation, welche ein familienähnliches Netzwerk bilden und so auf gemeinsamen Abstammungslinien, also einer gemeinsamen Abstammung, aller Nationsmitglieder beruhen würde. Schlegel ging entgegen jeglicher historischer Erkenntnis davon aus, dass eine gemeinsame Sprache von gemeinsamer Abstammung zeuge.
Innerhalb der Völkischen Bewegung, die im deutschen Kaiserreich entstand, bildete das als Abstammungsgemeinschaft verstandene deutsche Volk das zentrale Ideologem. Man glaubte, dass es lange historisch vor dem realen deutschen Staat existiert habe, mit dessen Staatsangehörigen, dem Staatsvolk, es nicht identisch sei, und unwandelbare Eigenschaften habe. Mit dieser Vorstellung wurden Forderungen nach Germanisierung der auch von Angehörigen anderer Ethnien bewohnten Teile des Deutschen Reichs gerechtfertigt, die entweder eingedeutscht oder vertrieben werden sollten. Auch diente es zur Legitimierung imperialistischer Eroberungsprogramme, da die Deutschen ein „Volk ohne Raum“ wären. Das deutsche Volk wurde gegenüber anderen Völkern als höherwertig dargestellt, wobei der damit einhergehende Rassismus auch minderwertige Elemente im deutschen Volkskörper ausmachte, die es zu bekämpfen gelte. Damit waren nicht zuletzt Juden gemeint. Konsens zwischen den völkischen Rassisten herrschte in dieser Frage nicht: Einige wie Alfred Ploetz hielten Rasse und Volk für synonym, während andere wie Hans F. K. Günther glaubten, aus dem angeblich bestehenden Rassengemisch des bestehenden Volkes eine reine Rasse herauszüchten zu müssen. Das Ideal dieser Rasse von Herrenmenschen waren die Arier, ein ursprünglich sprachwissenschaftlicher Begriff, dem dann ein biologischer Sinn unterlegt wurde. In der Zeit des Nationalsozialismus wurde das Adjektiv arisch synonym für nicht-jüdisch gebraucht. Mit Arierparagrafen, Ariernachweisen und schließlich mit dem Reichsbürgergesetz von 1935 wurden die Juden in Deutschland aus der deutschen Volksgemeinschaft ausgegrenzt. – Einzelne Beobachter sahen dabei das völkische Element noch 1993 als das zentrale definierende Charakteristikum der deutschen Nation.
Siehe auch: Deutsch I – Sprache und Volk
Siehe auch: Deutsch II – Begriff: Deutsches Volk
Siehe auch: Deutsch III – Deutsche Nation
Siehe auch: Deutsch IV – Entstehung der Nation
Siehe auch: Deutsch V – Völkisches Konzept
Siehe auch: Deutsch VI – Gegenwart
Siehe auch: Deutsch VII – Begriffserklärungen: