Kämmerer: Sie ist eine „Katastrophe“ - Bis 2028 alle Rücklagen aufgebraucht
Die finanzielle Situation des Kreises Recklinghausen ist dramatisch. Bis 2028 sind sämtliche Rücklagen aufgebraucht, warnt Kämmerer Dominik Schad. Kreisdirektor und Kämmerer Dominik Schad hat seinen ersten Haushaltsentwurf in den Kreistag eingebracht. Das Zahlenwerk weist ein Minus in Höhe von rund 31 Millionen Euro auf. Ausgleichen will er das Loch durch einen Griff in die Schatztruhe des Kreises. Dort lagern Rücklagen in Höhe von insgesamt 220 Millionen Euro, angespart in den vergangenen elf, zwölf Jahren, als es im Kreis Recklinghausen und seinen zehn Kommunen finanziell halbwegs aufwärts ging.
Doch damit ist es nun vorbei. Der jetzige Haushaltsentwurf sieht vor, dass 31 Millionen Euro aus den Rücklagen in den Etat fließen. Für Dominik Schad eine dramatische Entwicklung, wie ein Blick in die jüngere Vergangenheit zeige: „2022 haben wir noch 40 Millionen Euro Plus gemacht.“
Dieses Plus stammte vor allem aus der Kreisumlage, die die Städte ins Kreishaus überweisen. Nun soll das Geld dazu eingesetzt werden, dass die bei Bürgermeistern gefürchtete Umlage nicht weiter steigt. Eine Erhöhung der Umlage sei die Alternative für den Griff auf die Rücklage gewesen, sagt Schad. Doch woher kommt es, dass der Kreis plötzlich deutlich weniger Geld einnimmt, als er ausgibt oder ausgeben muss?
Kosten der Unterbringung von Flüchtlingen schlagen zu Buche
Bei den Städten des Kreises, deren Haushalte ebenfalls in Schieflage geraten, schlagen vor allem die Kosten für die Unterbringung von Flüchtlingen zu Buche. Dieser Posten entfällt auf Kreisebene weitestgehend. Dafür gebe es andere Sozialausgaben, die stark gestiegen sind. Zum Beispiel die Mietkosten für Bezieher von Bürgergeld. „Es gibt zwar weniger Empfänger“, sagt Dominik Schad. „Aber die Gesamtkosten steigen trotzdem, weil die Mieten stark gestiegen sind.“ Durch Tarifverträge steigen regelmäßig auch die Personalkosten des Kreises für seine Mitarbeiter, die sich auf 1862 Vollzeit-Stelen verteilen. Im kommenden Jahr soll der Mitarbeiterstamm zumindest nicht wachsen, sondern um fünf Stellen schrumpfen, obwohl es Mehrbedarf durch neue gesetzliche Regelungen etwa im Gesundheitsamt sowie im Kreisveterinäramt gebe. „Wir nähen den Haushalt ganz bewusst auf Kante“, sagt Schad. Doch das nutze nichts, wenn der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL), die Umlage, die der Kreis Recklinghausen wiederum an ihn zahlen muss, um zwölf Millionen Euro erhöhe. So geschehen für das kommende Jahr.
„Ungerechte Lastenverteilung in NRW“
Schad beschwört den LWL, ebenfalls möglichst zu sparen, wo es geht. Den eigentlichen Appell richtet er allerdings an Bund und Land. Es sei höchste Zeit, die Belastungen der Städte und Kreise zu senken. „In NRW müssen die Kommunen 57 Prozent der Sozialausgaben schultern“, so Schad. „Das ist bundesweit der höchste Wert.“ Unter den Städten in NRW greife die Armut um sich. Nur fünf von knapp 400 NRW-Städten sagen, dass es ihnen finanziell gut geht. Jede vierte Stadt zwischen Aachen und Höxter stehe vor der Haushaltssicherung.
Schad fordert einen Schuldenschnitt für Städte und Kreise sowie eine Umverteilung der finanziellen Belastung im Bereich der Sozialausgaben. Bund und vor allem das Land NRW müssten hier für Entlastung sorgen. Sonst werde der Spielraum für dringende Investitionen in die Sanierung von Gebäuden und Straßen immer kleiner. Bis 2028 will der Kreis hier 35 Millionen Euro investieren. Neben zahlreichen Kreisstraßen werde das Kreishaus saniert. Allein diese Maßnahme ist mit 102 Millionen Euro veranschlagt. Ferner sind Neubauten geplant für die Kreisleitstelle und das Straßenverkehrsamt.
Und was passiert, wenn die Reform der Belastungen und der Schuldenschnitt nicht kommen? Dominik Schad richtet sich in seinem Stuhl auf. „Da der Kreis nicht in die Überschuldung gehen darf, müssten wir dann die Umlage für die Städte erhöhen.“ Das wiederum würde die ohnehin ebenfalls dramatische finanzielle Situation der Städte verschärfen.
Ende November entscheidet der Kreistag
Doch der Kreisdirektor und Kämmerer will die Hoffnung nicht aufgeben. Es gebe auch positive Anzeichen: „Die Arbeitslosenquote ist heute deutlich niedriger als in den 90er-Jahren. Wir stehen bei den erneuerbaren Energien gut da. Und mit dem Bebauungsplan für den NewPark in Datteln haben wir Planungsrecht für ein wichtiges Industriegebiet.“ – Ende November soll der Kreishaushalt für 2025 vom Kreistag beschlossen werden. Aktuell beraten die Fraktionen intern über den von Dominik Schad vorgelegten Entwurf.
Quellen: DZ vom 4. Oktober 2024. – Pressestelle Kreisverwaltung Recklinghausen.