Grundsteuerpläne NRW

Juristen haben finanzielle Bedenken gegen die Grundsteuerpläne des Landes

Die Bürger in Nordrhein-Westfalen müssen sich darauf einstellen, dass in vielen Kommunen das Wohnen im Zuge der Grundsteuerreform teurer wird. Zwar hatte die Landesregierung den Städten und Gemeinden die Möglichkeit eingeräumt, ab 2025 einen Anstieg bei den Wohnimmobilien mithilfe unterschiedlich hoher Hebesätze für Gewerbe- und Wohnimmobilien abzufedern. Doch davon werden viele keinen Gebrauch machen. Denn ein aktuelles Gutachten im Auftrag des Städtetags NRW, das unserer Redaktion vorliegt, kommt zu dem Schluss, dass dagegen massive rechtliche Bedenken bestehen. Verfasst haben es die Jura-Professoren Steffen Lampert aus Osnabrück und Lars Hummel aus Hamburg. Mit dem Hebesatz wird der Steuermessbetrag einer bestimmten Immobilie multipliziert; daraus ergibt sich die zu zahlende Grundsteuer.

Landesgesetzliche Neuregelung nicht rechtssicher anwendbar

Der Geschäftsführer des Städtetags NRW, Helmut Dedy, fasst die Ergebnisse in einem Schreiben an die Oberbürgermeister so zusammen: „Das Gutachten kommt zu dem Ergebnis, dass die landesgesetzliche Neuregelung nicht rechtssicher anwendbar ist. Die nur grobe Differenzierungsmöglichkeit nach Wohn- und Geschäftsgrundstücken ist nach Auffassung der Gutachter ungeeignet, um vor Ort eine Steuererleichterung für Wohngrundstücke regeln zu können.“ Schon bei einer Anhörung im Landtag hatten Vertreter der kommunalen Spitzenverbände ihre Bedenken gegen die differenzierten Hebesätze zu Protokoll gegeben und zugleich erklärt, dass wohl zahlreiche Kommunen nicht von der eingeräumten Möglichkeit Gebrauch machen würden – was dann in vielen Kommunen zu einer höheren Belastung beim Wohneigentum führen wird. Da die Grundsteuer auch auf die Mieter umgelegt werden kann, sind nahezu alle Bürger in NRW davon betroffen. Der Städtetag rät nun seinen Mitgliedskommunen, bei den anstehenden Haushaltsberatungen auf die Unsicherheiten hinzuweisen.

Widersprechende Aussagen

Erst Anfang September hatte NRW-Finanzminister Marcus Optendrenk (CDU) ein eigenes Gutachten vorgelegt, das zu dem Schluss kam, dass die differenzierten Hebesätze zulässig seien, und keine bedeutsamen rechtlichen Risiken für die Kommunen bei der Anwendung der Neuregelung sah. Dedy zufolge zeigt das Städtetagsgutachten dagegen auf, „dass klagewilligen Steuerpflichtigen und Verbänden mehrere Argumentationslinien gegen differenzierende Hebesatzsatzungen zur Verfügung stehen. Zumindest hohe Fallzahlen an Widersprüchen gegen neue Grundsteuerbescheide, die auf differenzierenden Satzungen beruhen, sind damit sehr wahrscheinlich.“ Beide Gutachten kämen zu dem Ergebnis, dass im Falle einer festgestellten Gleichheitswidrigkeit einer Differenzierung das Steuerausfallrisiko der Kommunen hoch wäre.
FDP-Fraktionsvize Ralf Witzel sieht sich in seiner Kritik bestärkt: „Die Gutachter bestätigen unsere kritischen Befunde. Das Modell des Finanzministers erreicht seine versprochenen Ziele gar nicht. Wir können Stadträten daher gegenwärtig nicht guten Gewissens ein Hebesatzsplitting empfehlen. Mit einer Zustimmung gehen Kommunen finanzielle und rechtliche Wagnisse ein, ohne die zugrunde liegenden Probleme des Scholz-Modells zu beseitigen.“ Das Städtetagsgutachten werfe unter anderem die Frage auf, „ob es dem Gesetzgeber nicht möglich gewesen wäre, trennschärfer zu differenzieren, als er es durch die Differenzierung zwischen Wohn- und Nichtwohngrundstücken unternahm“. Tatsächlich listet das NRW-Finanzministerium selbst auf seiner Homepage insgesamt neun unterschiedliche Grundstücksarten auf: Demnach fallen unter das Wohneigentum Einfamilienhäuser, Zweifamilienhäuser, Mietwohngrundstücke sowie das Wohnungseigentum selbst. Zu den Nichtwohngrundstücken zählt es Teileigentum, Geschäftsgrundstücke, gemischt genutzte Grundstücke, sonstige bebaute und unbebaute Grundstücke.


Quelle: Maximilian Plück in RN vom 27. September 2024

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