Lungenentzündungen

Infektionen treten zwar jedes Jahr auf, aber nicht in dem Maße wie 2024

Überdurchschnittlich viele Menschen und vor allem Kinder und Jugendliche litten im September 2024 an Lungenentzündungen. Ausgelöst durch einen besonderen Erreger: Mykoplasmen. Was steckt dahinter? Spezielle Bakterien können schwere Lungenentzündungen auslösen: die Mykoplasmen. Infektionen mit dem Erreger treten zwar jedes Jahr auf, aber nicht in dem hohen Maße wie 2024.

Was sind Mykoplasmen? Der Erreger mit dem lateinischen Namen Mycoplasma pneumoniae ist kein Virus, sondern ein parasitär lebendes Bakterium. „Mykoplasmen sind im Wesentlichen auf den Wirt angewiesen, und das ist ausschließlich der Mensch“, erklärt der Biologe Roger Dumke, der am Institut für Medizinische Mikrobiologie und Virologie am Uniklinikum Dresden das Konsiliarlabor des Robert Koch-Instituts für Mykoplasmen leitet. Die Erreger unterscheiden sich von anderen Bakterien darin, dass sie keine Zellwände haben und daher nicht mit weitverbreiteten Antibiotika wie Penicillin bekämpft werden können. Der Erreger wurde bereits 1938 beobachtet.
Wie gefährlich ist eine Infektion? Infektionen mit Mycoplasma pneumoniae verlaufen im Allgemeinen mild, können aber manchmal auch schwerwiegend sein. Vor allem durch Husten und Niesen wird der Erreger verbreitet. Die meisten Menschen erholen sich ohne Medikamente. „Patienten mit intaktem Immunsystem können mit dem Erreger relativ gut umgehen“, sagt Dumke. Manche jedoch brauchen spezielle Medikamente, um wieder gesund zu werden. „Die entsprechenden Antibiotika wirken gut“, sagt der Wissenschaftler. Resistente Erreger seien in Deutschland selten.
Wie sieht aktuell die Infektionslage aus? „Wir haben aktuell wesentlich mehr Fälle und damit auch einen höheren Prozentsatz an schweren Erkrankungen“, erklärt Dumke. „Die Welle ist unbestritten.“ Im Vergleich zu vor der Corona-Pandemie gebe es einen Anstieg der Infektionen um das zehn- bis 20-fache.
Warum kommt es jetzt vermehrt zu Infektionen? Dumke spricht von einem späten Nachholeffekt nach der Corona-Pandemie. Einerseits könne dieser mit Untertypen des Erregers zusammenhängen. Alle paar Jahre gibt es dort leichte Veränderungen, wodurch es auch früher schon zu Anstiegen der Infektionszahlen kam. Nach dem Wegfall der Corona-Schutzmaßnahmen könnten mögliche Veränderungen der Verteilung der Untertypen diesmal besonders ausgeprägt sein – und so das Immunsystem von mehr Menschen umgehen. Andererseits hatten nach Dumkes Auffassung die Menschen durch die Hygienemaßnahmen während der Pandemie wenig Kontakt mit dem Erreger. Die spezifische Immunantwort in der Bevölkerung in Deutschland auf Mycoplasma pneumoniae müsse erst wieder aufgebaut werden. „Die Welle wird sicherlich wieder abebben“, sagt er. „Wann sie das tut, ist noch nicht klar.“
Was sind Symptome? Der US-Gesundheitsbehörde CDC zufolge kann es zwischen ein und vier Wochen dauern, bis nach Kontakt mit den Bakterien Symptome auftreten. Am häufigsten ähneln sie einer Erkältung: Husten, Müdigkeit, Fieber oder Halsschmerzen. Bei Jüngeren können Durchfall, Erbrechen oder Keuchen auftreten. Wenn es Komplikationen gibt, können auch Asthmaanfälle oder schwere Lungenentzündungen dazukommen. Die Krankheit beginnt eher schleichend und wird nicht unbedingt sofort erkannt. Auch weil sie anders als bei einer typischen Lungenentzündung – die unter anderem mit hohem Fieber, Schüttelfrost und starkem Husten einhergeht – eher leichtes Fieber, trockenen Husten und Kurzatmigkeit hervorruft. Nach Angaben des Münchner Mediziners Powitz können Lungenentzündungen, die durch Mykoplasmen entstehen, schwerer verlaufen und länger dauern als bei sonstigen Erregern.


Quelle: Sebastian Fischer in RN vom 27. September 2024

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