Bevölkerungsbewegungen 2024 in NRW

Mehr Städter ziehen aufs Land – Besonders traf es auch den Kreis Borken

Ein Bericht zu den Wanderungsbewegungen in NRW zeigt: Die Großstädte verlieren an Attraktivität. Während die Bauministerin als Ursache die Förderpraxis sieht, führt die Opposition eine verfehlte Wohnungspolitik an. – Die Menschen in NRW zieht es fürs Wohnen immer häufiger in ländliche Regionen. Das belegt ein aktueller Bericht der Bauministerin Ina Scharrenbach (CDU), der in der kommenden Woche den Landtag beschäftigt. Demnach hat sich in den vergangenen 15 Jahren der Trend massiv gedreht. So belegen Zahlen des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung für das Land NRW, dass noch im Betrachtungszeitraum 2009 bis 2012 die Hochschulstandorte Münster, Bonn, Köln und Düsseldorf das Ranking bei den Binnenwanderungsgewinnen anführten. Unter Binnenwanderungsgewinn versteht man die Differenz von Zuzügen und Fortzügen in einem bestimmten Gebiet innerhalb eines bestimmten Zeitraums, wobei die Ausländermigration dabei nicht berücksichtigt wird. Damals überstiegen in 80 Prozent der Landkreise die Wegzüge die Zuzüge. Besonders hart traf es den Kreis Borken und den Märkischen Kreis, die Verluste von je mehr als 10.000 Einwohnern hinnehmen mussten. Während die Uni-Städte starken Zulauf verzeichneten, hatten aber 64 Prozent der kreisfreien Städte mit Abwanderungsverlusten zu kämpfen, besonders Remscheid, Hagen und Gelsenkirchen.
Doch die Anziehungskraft der Metropolen hat massiv nachgelassen. Zum Vergleich: Von 2019 bis 2022 standen mit den Kreisen Euskirchen, Heinsberg, Düren, Wesel, Soest und Kleve gleich sechs Landkreise an der Spitze bei Bevölkerungszuwächsen. „Die ländlichen Räume in Nordrhein-Westfalen sind Zukunftsräume“, sagte Ministerin Scharrenbach unserer Redaktion: „Raus aus der Stadt, rein in das Land.“ Viele Faktoren wie der regionale Arbeitsmarkt, Bildungs-, Kultur- und Freizeitangebote, der Wohnungsmarkt und die Verkehrsanbindung spielten bei der Wohnortwahl eine erhebliche Rolle.

Mehr als die Hälfte der Menschen in NRW wohnen ländlich

Gerade einmal acht Landkreise mussten Abwanderungen verkraften, am stärksten betroffen war Unna. Bei den kreisfreien Städten traf es am härtesten Mönchengladbach mit einem Wegzug von 14,16 je 1000 Einwohner. Dahinter landeten Bielefeld, Bonn, Essen, Köln und Düsseldorf. „Mehr als die Hälfte der Menschen in Nordrhein-Westfalen wohnen in unseren ländlichen Räumen. Und wie die aktuellen Zahlen zeigen, zieht es immer mehr Menschen raus aufs Land“, sagte Scharrenbach. Das Ministerium unterstütze Städte, Gemeinden und Regionen. Scharrenbach nannte diesbezüglich die öffentliche Wohnraumförderung, Städtebauförderung oder Unterstützung bei der Schaffung von Baurecht.
Die Opposition ist weniger euphorisch als die Ministerin. Sebastian Watermeier, wohnungs- und baupolitischer Sprecher der SPD-Fraktion, nannte es gegenüber unserer Redaktion „nicht überraschend, dass insbesondere aus den Kommunen mit besonders starkem Nachfrageüberhang am Wohnungsmarkt ein Wegzug in die ländlichen Räume erfolgt“. Er warf Scharrenbach vor, die Ministerin verschärfe diesen Trend, weil sie ohne Not die Mieterschutzverordnung nur auf 18 von 396 NRW-Kommunen beschränke. „Die Menschen reagieren in ihrer Not mit dem Wegzug, weil Wohnraum in den Städten für sie nicht mehr bezahlbar ist, weder im Bereich der Eigentumsbildung noch im Bereich der Miete. Insofern erhöht sich inzwischen auch der Nachfragedruck in den Anrainerkommunen.“

SPD: „Es fehlen klare Handlungsschwerpunkte“

Eine Folge des Wegzugs seien verstärkte Pendlerströme, warnte der SPD-Politiker, die die unbefriedigende Situation auf den Straßen sowie in Bussen und Bahnen noch verstärkten. „Insbesondere für berufstätige Familien ist das eine Katastrophe. Umso verantwortungsloser ist es, weder im Wohnungsbau noch bei der Verkehrsinfrastruktur mit klaren Handlungsschwerpunkten zu reagieren“, kritisierte Watermeier.


Quelle: Christian Albustin und Maximilian Plück in RN (DZ) vom 21.September 2024

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