Steuerfahndung

Zentrale Aufgabe ist die Aufdeckung von steuerlciehn Unregelmäßigkeiten

„Steuerfahnder suchen nach Geld – Geld,
das Menschen absichtlich nicht an den Staat gezahlt haben.
Dazu müssen die Ermittler manchmal sogar lernen,
wie Spielautomaten funktionieren.“
Frankfurter Rundschau

Steuerfahndung ist die Bezeichnung für ein besonderes Finanzamt oder eine Abteilung in einem Finanzamt mit besonderen Aufgaben. Die Aufgaben der Steuerfahndung sind die Aufklärung von Sachverhalten für die Besteuerung sowie die Durchführung und Auswertung von Ermittlungsmaßnahmen in Steuerstrafverfahren. Steuerstrafverfahren werden eingeleitet, wenn der Verdacht der Steuerhinterziehung besteht, z. B., weil die Steuerfahndung vermutet, dass in einer Steuererklärung falsche Angaben gemacht und dadurch Steuern verkürzt wurden. Gleiches gilt für den Fall, dass es an einer Steuererklärung fehlt, obwohl eine solche hätte abgegeben werden müssen. Die wichtigsten Ermittlungsmaßnahmen der Steuerfahndung sind die Durchsuchung von Wohn- und Geschäftsräumen, die Beschlagnahme von Unterlagen und Datenträgern sowie die Vernehmung von Zeugen und ggf. Beschuldigten.

Wann wird die Steuerfahndung tätig?

Die Steuerfahndung wird insbesondere tätig, wenn ein Anfangsverdacht der Steuerhinterziehung besteht. Dieser Anfangsverdacht kann auf verschiedene Weise entstehen. Häufige Fälle sind die Einleitung eines Steuerstrafverfahrens während oder nach einer Betriebsprüfung (Außenprüfung des Finanzamts, Prüfung durch den Zoll etc.), Anzeigen von Ex-Mitarbeitern oder Ex-Ehegatten oder auch die Auswertung von Steuer-CDs oder internationalen Mitteilungen. In allen Fällen bedeutet der Anfangsverdacht, dass aus Sicht der Steuerfahndung Tatsachen vorliegen, die die Annahme einer Steuerhinterziehung rechtfertigen.
Daneben wird die Steuerfahndung aber auch z. B. im Rahmen von Betriebsprüfungen tätig, ohne dass bereits ein Verdacht auf Steuerhinterziehung besteht. In dem Fall ist die Steuerfahndung lediglich für die Klärung steuerlich relevanter Sachverhalte zuständig. Dabei hat sie die gleichen Aufgaben, Rechte und Pflichten wie andere Finanzbeamte (z. B. der Betriebsprüfer). Sie ist dann lediglich aufgrund der Fähigkeiten der Steuerfahnder, Informationen zu sammeln und auszuwerten, aktiv. Zeitlich tätig ist die Steuerfahndung täglich ab früh morgens zwischen 6 und 8 Uhr. Zu dieser Uhrzeit finden nämlich die meisten Hausdurchsuchungen durch die Steuerfahndung statt.

Was tut die Steuerfahndung?

Der erste Kontakt zwischen der Steuerfahndung und dem Beschuldigten in einem Steuerstrafverfahren ist in der Regel die Durchsuchung von Wohn- und Geschäftsräumen oder die Einladung zur Vernehmung oder Aufforderung zur Stellungnahme per Brief. Insbesondere die Fälle der Durchsuchung verlaufen für den Beschuldigten dramatisch und zum Teil auch traumatisch. Bei einer solchen Razzia wird der Beschuldigte oftmals überrascht und geschockt. Diese Überrumpelungssituation wird von den Steuerfahndern typischerweise ausgenutzt, um von dem Beschuldigten Informationen zu bekommen. Zudem werden – wenn unternehmerische Tätigkeiten betroffen sind – in der Regel gleichzeitig Privatwohnung, die Betriebsstätten und ggf. auch ein Ferienhaus oder ähnliches durchsucht. In dieser frühen Phase des Steuerstrafverfahrens erhält derjenige einen Vorteil, dem es gelingt, von der jeweils anderen Seite zusätzliche Informationen zu bekommen.
Als Beschuldigter ist man nicht verpflichtet, der Steuerfahndung diese Informationen auch zu liefern. Im Gegenteil: Man hat das Recht zu schweigen und sollte davon in dieser Situation auch unbedingt Gebrauch machen. Eine Aussage, die man in dieser Situation tätigt, kann nicht wieder zurückgenommen werden. Eine Aussage, die man nicht gemacht hat, kann aber später im Verfahren nach reiflicher Überlegung nachgeholt werden, wenn sie für sinnvoll erachtet wird. In vielen Fällen stellen die Steuerfahnder Vorteile im weiteren Verfahren in Aussicht, wenn eine Aussage gemacht wird. Diese Ankündigungen sind jedoch in keiner Weise rechtlich verbindlich. Dies ist schon deshalb so, weil der Steuerfahnder nicht derjenige sein wird, der z. B. über eine Einstellung des Verfahrens, über die Höhe der Strafe oder über die Höhe der Steuer abschließend entscheidet.
Aufgrund der genannten Überrumpelungssituation und dem natürlichen menschlichen Reflex, sich gegenüber einem Vorwurf zu rechtfertigen, werden jedoch oftmals Aussagen von Beschuldigten getroffen, die im späteren Verfahren immer wieder eine Rolle spielen werden. Dies ist dann im Rahmen der Planung der weiteren Verteidigung einzubeziehen. Etwas leichter ist mit der Situation umzugehen, dass sich die Steuerfahndung per Brief an den Beschuldigten wendet. In diesem Fall sollte natürlich ebenfalls keine spontane Äußerung gegenüber der Steuerfahndung erfolgen, sondern das weitere Vorgehen in Ruhe – am besten mit professioneller Beratung – abgewogen werden.

Steuerfahndung und Ergebnisse

Steuerfahnder führen natürlich Buch über die Ergebnisse ihrer Tätigkeit. Daraus lässt sich die erhebliche Bedeutung ablesen, die die Steuerfahndung generell im deutschen Steuersystem hat. Es lässt aber auch erahnen, welche Konsequenzen für die Betroffenen entsprechende Ermittlungsmaßnahmen der Steuerfahndung haben. Die Zahlen werden regelmäßig durch das Bundesfinanzministerium veröffentlicht.
Im Jahr 2019 gab es 34.682 Fälle der Steuerhinterziehung mit einer 2,8 Milliarden Mehrwertsteuer; im Jahr 2020 waren es 34.140 Fälle mit 3,3 Mrd. Mehrwertsteuer; 2021 waren es 32.000 Fälle mit 2,2 Mrd. Mehrwertsteuer und im Jahr 2022 waren es 30.008 Fälle mit 2,4 Mrd. Mehrwertsteuer. Damit ist selbstverständlich noch nichts darüber gesagt, ob bzw. in welchem Umfang dieses Mehrergebnis bei den Steuern durch die Steuerfahndung berechtigterweise festgestellt wurde. Das Ergebnis der Steuerfahndungsprüfung sollte auf jeden Fall durch einen Rechtsanwalt oder Steuerberater überprüfen werden. Dies gilt sowohl für die steuerlichen als auch für die strafrechtlichen Konsequenzen. Steuerlich sollte allerspätestens gehandelt werden, wenn handeln, wenn geänderte Steuerbescheide erlassen wurden. Gegen diese Steuerbescheide sollte unbedingt fristgerecht Einspruch erhoben werden, damit noch eine umfassende Prüfung der Rechtmäßigkeit dieser Bescheide möglich ist. Weiterhin wird es häufig erforderlich sein, dass ein sogenannter Antrag auf Aussetzung der Vollziehung der Steuerbescheide gestellt wird, da ansonsten Vollstreckungsmaßnahmen wie Kontopfändungen drohen.
Strafrechtlich sollte allerspätestens gehandelt werden, wenn ein Strafbefehl erlassen oder Anklage erhoben wiurde. Gegen den Strafbefehl muss fristgerecht Einspruch eingelegen werden, um zu verhindern, dass das Strafverfahren endgültig beendet wird und die Ergebnisse im Strafbefehl sozusagen unumstößlich werden. Im Fall einer Anklage kann versucht werden, das Gerichtsverfahren doch noch im sogenannten Zwischenverfahren zu verhindern, was allerdings nur in sehr seltenen Fällen gelingt. Ansonsten muss dann sehr zeitnah die Verteidigung vor Gericht in der Hauptverhandlung vorbereitet werden. – Die hier genannten Zeitpunkte sind jeweils die spätesten. Je früher ,am mit einer professionellen und durchdachten Verteidigung beginnen, desto wirksamer kann diese Verteidigung sein.

Was darf die Steuerfahndung?

Aufgrund der zweigeteilten Aufgabenstellung der Steuerfahndung zwischen der Ermittlung im Besteuerungsverfahren und der Ermittlung im Steuerstrafverfahren sind auch die Befugnisse zweigeteilt. Bei der Ermittlung von Sachverhalten für das Besteuerungsverfahren hat die Steuerfahndung die gleichen Befugnisse wie andere Finanzbeamte – z. B. Betriebsprüfer. Das heißt, sie darf den Steuerpflichtigen nach Auskünften befragen und sich steuerlich relevante Unterlagen vorlegen lassen. Im Steuerstrafverfahren orientieren sich die Befugnisse der Steuerfahndung an denen von Staatsanwaltschaft bzw. insbesondere der Polizei in anderen Strafverfahren. Hier kommen also auch die bereits erwähnten heftigen Eingriffsmaßnahmen der Durchsuchung und Beschlagnahme in Betracht. Gleichzeitig werden in den letzten Jahren (seit einer Gesetzesänderung im Jahr 2017) vermehrt bereits frühzeitig im Ermittlungsverfahren Maßnahmen der sogenannten Vermögensabschöpfung bzw. in diesem Stadium der Sicherung der Vermögensabschöpfung treffen. Auch diese sind besonders einschneidend und können die Beschlagnahme von Bargeld und die Kontopfändung bzw. Pfändung anderer Forderungen im Rahmen des sogenannten Vermögensarrestes umfassen. Dass die Steuerfahndung grundsätzlich diese Befugnisse hat, bedeutet natürlich noch nicht, dass sie alle diese Maßnahmen auch in jedem Fall und in jedem beliebigen Ausmaß nutzen darf. Das Vorgehen der Steuerfahndung unterliegt einer gerichtlichen Kontrolle. Die Maßnahmen können mit den richtigen Rechtsbehelfen angegriffen und überprüft werden. Ob dies Aussicht auf Erfolg hat und ob es taktisch sinnvoll ist, kann nur im Einzelfall entschieden werden.

Die Steuerfahndung steht vor der Tür – Wie verhalten?

Die harte Wahrheit ist: Wenn ein Durchsuchungsbeschluss vorliegt, lässt sich die Durchsuchungsmaßnahme sowohl praktisch als auch rechtlich nicht verhindern. Sollte die Tür nicht geöffnet werden, darf sich die Steuerfahndung im Extremfall mit Gewalt Zutritt verschaffen. Sollte man als Beschuldigter versuchen, Beweismittel zu vernichten, kann dies im Fall der Aufdeckung des Versuchs nachteilige Folgen bis hin zu einer Untersuchungshaft haben. Einziges sinnvolles Ziel sollte daher sein, darauf hinzuwirken, dass die Durchsuchung möglichst wenig nachteilige Folgen für das folgende Verfahren hat.

Die Steuerfahndung ist abgerückt – Was ist jetzt zu tun?

Nach Beendigung der Durchsuchungsmaßnahme oder in dem Fall, dass der Beschuldigte lediglich einen Brief mit der Vorladung zur Vernehmung erhalten hat, sollten er einen spezialisierten Verteidiger für Steuerstrafsachen kontaktieren (wenn dies nicht bereits im Rahmen der Durchsuchung erfolgt ist). In der Regel wird dann der erste Schritt sein, dass der Verteidiger für Sie Akteneinsicht beantragt. Erst auf Grundlage der Aktenkenntnis durch einen Fachmann kann über das weitere Vorgehen entschieden werden.

  • „Die Steuerfahndung“ heißt das von den Juristen und Autoren Dr. Michael Steck, Dr. Rainer Spatscheck und Dr. Talaska  im Verlag Dr. Otto Schmidt 2017 bereits in 5. Auflage herausgegebene 570 Seiten umfassende Hardcover Buch. Das Werk ist Teil des Reihe Beratungsbücher für Berater und kostet 79,80 Euro. Der Inhalt befasst sich rund um die Steuerfahndung: von den Präventivmaßnahmen im Vorfeld einer drohenden Fahndung über das richtige Verhalten, wenn die Steuerfahndung klingelt, bis hin zu effektivem Rechtsschutz und wirksamer Verteidigung im laufenden Verfahren, z. B. Grundlagen und Grundregeln der Steuerfahndung und Verteidigung: Die Fahndung: Vorbereitung auf den Fahndungseingriff, inkl. Selbstanzeige und Berichtigung nach § 153 AO; Ermittlungen beim Beschuldigten, Ermittlungen bei Dritten, insbesondere bei Banken, Ermittlungen im Ausland und für das Ausland, Rechte und Rechtsschutz im Steuerfahndungsverfahren, Einzelthemen wie Verwertungsverbote, Verjährung, Zollfahndung etc. (ISBN 978-3-504-62318-0)

Siehe auch: Steuern
Siehe auch: Steuern in Dorsten
Siehe auch: Plastiksteuer
Siehe auch:
Kommunalsteuern


Quelle: Jan-Hendrik Leifeld (Güstrow), Rechtsanwalt, Steuerberater und Fachanwalt für Steuerrecht, Fachanwalt für Strafrecht und Zertifizierter Berater für Steuerstrafrecht (Fernuni Hagen).

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