Zensus 2011

Dorstener Bürger werden immer älter und weniger

zensus 2011

Die Ergebnisse der Volkszählung vom 9. Mai 2011 (Zensus 2011) liegen seit kurzem vor. Sie machen einmal mehr deutlich, in welchem Tempo und Ausmaß sich die Altersstruktur der Bevölkerung  Dorstens ändern wird. Die heiße Phase dieser Entwicklung beginnt gerade erst. Die Auswirkungen werden immer mehr an Gewicht gewinnen und in einem über wenigstens zwei Jahrzehnte anhaltenden Prozess die Welt in Dorsten verändern.

Die durchschnittliche Anzahl der Einwohner je Altersjahrgang weist auf die grundlegende Ursache der Entwicklung hin. Während die Altersjahrgänge der 40- bis 65-Jährigen durchschnittlich etwa 1.200 Personen zählen, sind es bei den jüngeren Altersjahrgängen nur noch durchschnittlich rund 800 Personen mit weiter sinkender Tendenz. Seit der Jahrtausendwende liegt die zahlenmäßige Stärke eines Geburtsjahrgangs bei nur noch 600 durchschnittlich. In diesen Zahlen spiegeln sich die geburtenstarken Jahrgänge der „Babyboomer” der 1950er- bis Mitte der 60er-Jahre wider und der abrupte Geburtenrückgang danach.

Einwohner im erwerbsfähigen Alter schwinden

Der Altersaufbau der Dorstener Bevölkerung folgt diesem Muster. Während die Anzahl der Einwohner im Alter von  40- bis 49 Jahren 12.900 beträgt, liegt sie für die Gruppe der 30- bis 39-Jährigen bei 8.100, mehr als ein Drittel niedriger also. Die geburtenstarken Jahrgänge der „Babyboomer” steuern nun auf die Altersgrenze zu und so werden jährlich etwa 1.200 Einwohner aus der Bevölkerungsgruppe im erwerbsfähigen Alter ausscheiden. Am unteren Ende der Altersskala rücken aber nur etwa 800 Personen im Alter von 18 Jahren und jünger nach. Die Zahl der Bürger im erwerbsfähigen Alter sinkt folglich. Innerhalb der nächsten zwei Jahrzehnte wird sich die Schere weiter öffnen, wenn die geburtenstärksten Jahrgänge das Rentenalter erreichen und  gleichzeitig die zahlenmäßige Stärke der nachwachsenden Jahrgänge weiter zurückgeht. Parallel dazu nimmt die Bevölkerung insgesamt ab. Zwischen der Zahl der Sterbefälle und der Zahl der Geburten klafft eine Lücke von derzeit etwa 200 jährlich. Auch hier wird sich die Schere infolge der ungünstigen Altersstruktur weiter öffnen und der demographisch bedingte Bevölkerungsschwund ansteigen.

Der demographische Wandel ist nicht mehr aufzuhalten

Zensus-Fragebogen zur Auswertung bei den Erhebungsstellen

Zensus-Fragebogen zur Auswertung bei den Erhebungsstellen

Diese Entwicklung ist vorgezeichnet, weil die Menschen, um die es geht, alle leben. Das real existierende Alterstableau schiebt sich im Zeitablauf unaufhaltsam der Alterung entgegen. Die einzige Variable in diesem Prozess sind die Wanderungsbewegungen. Der Wanderungssaldo hat die negativen Tendenzen in der Vergangenheit verstärkt. Die Bevölkerungsabnahme ging bisher je zur Hälfte auf das Konto der niedrigen Geburtenrate und der Wanderungsverluste. Die Prognosen unterstellen, dass Dorsten auch in Zukunft durch Abwanderung Bevölkerung verliert, und dementsprechend sehen die Perspektiven für die Einwohnerzahl Dorstens wenig erfreulich aus. Das Statistische Landesamt NRW erwartet bis 2030 einen Bevölkerungsrückgang auf 68.000. Die Zahl der Einwohner im erwerbsfähigen Alter könnte gleichzeitig auf 35.500 zurückgehen (Stand 2011: 48.500) und die Zahl der Einwohner, die 65 Jahre alt oder älter sind, auf 22.600 ansteigen (Stand 2011: 15.500). Nach 2030 wird sich der Bevölkerungsrückgang voraussichtlich beschleunigen.

Das sind die Rahmendaten, auf die die Kommunalpolitik sich einstellen muss. Dorsten muss sich kleiner setzen. Im Schulbereich ist das schon Alltag. Hinsichtlich anderer Politikfelder kann man bezweifeln, dass die Verantwortlichen die Weichen richtig stellen. Die Ergebnisse des Zensus 2011 belegen die Dynamik und die Unabänderlichkeit des demographischen Wandels. Der Glaube daran, dass ein Wunder geschieht und alles ganz anders kommt, ist keine überzeugende Grundlage für Zukunftsentscheidungen.

Städte klagen gegen Zensus-Ergebnis

Nach Angaben des Bundestages hatten bis Januar 2014 bereits 833 Kommunen Widerspruch gegen die neuen amtlichen Einwohnerzahlen eingelegt. In einigen Bundesländern gibt es den Weg über Widerspruchbescheide nicht. Hier wird direkt geklagt. 57 Kommunen hatten bis Mitte Januar 2014 diesen Weg gewählt und Klage eingereicht. Bisher hat nur das Verwaltungsgericht Greifswald einen Antrag der Stadt Greifswald mit Ersuchen auf einstweiligen Rechtsschutz gegen die neuen amtlichen Zensusergebnisse abgelehnt. Alle anderen gerichtlichen Entscheidungen stehen soweit bekannt noch aus. Keine größeren Unterschiede zu den Einwohnerzahlen der bisherigen Bevölkerungsfortschreibung wiesen die amtlichen Einwohnerzahlen von fast zwei Prozent der Gemeinden auf. In 36 % der Gemeinden hingegen stieg die amtliche Einwohnerzahl, mit der Folge, dass diesen Kommunen nun mehr Geld aus den kommunalen Finanzausgleichen zu steht.

Städte halten das Verfahren der Volksbefragung für fehlerhaft und damit rechtswidrig. Denn in Gegensatz zu einer klassischen Volkszählung seien im Zensus-Verfahren die unterschiedlichen Einwohnerstrukturen nicht berücksichtigt worden. In manchen Fällen sei die Basis nur 3,7 Prozent der Haushalte gewesen. Die Kommunen monieren auch, dass sie keinen Einblick in die Zensusunterlagen erhalten.

32 Kommunen klagern vor Gericht

In Baden-Württemberg akzeptieren 73 Prozent der Kommunen mit mehr als 10.000 Einwohnern das Resultat des Zensus nicht. Mindestens 37 Gemeinden wollen vor Gericht ziehen. Auch in Nordrhein-Westfalen gingen 32 Kommunen gegen die Ergebnisse der Volkszählung vor Gericht gehen, weitern Kommunen bereiten Klagen vor. In Niedersachsen haben 40 Gemeinden Klagen angekündigt, wollen aber den endgültigen Bescheid im April 2014 abwarten. In Thüringen wehren sich noch 53 Kommunen gegen die Ergebnisse der Volkszählung, auch Berlin und 45 brandenburgische Kommunen haben Widerspruch gegen den Statistik-Bescheid eingelegt. Die Verfahren sollten im ersten Halbjahr 2014 abgeschlossen werden. Den Städten und Gemeinden bleibt dann ein Monat Zeit, um vor dem jeweils zuständigen Verwaltungsgericht zu klagen. Aus Bayern sind 30 Klagen geplant, auch Hamburg behält sich rechtliche Schritte vor.

Doch ihre Chancen sind eher gering: Sie müssen beweisen, dass bei ihnen mehr Menschen wohnen, als die Zahlen des neuen Zensus ausweisen. Das sei sehr schwierig, da die  Einwohnerzahl nicht lückenlos zu überprüfen sei, meint der Städte- und Gemeindebund. Im Melderegister könnten durchaus Einwohner enthalten sein, die längst weggezogen sind, sich aber nicht abgemeldet haben. Im Saarland Klagt nur eine Stadt (Neunkirchen) und in Rheinland-Pfalz keine.


Quelle:
Entnommen DORSTEN-transparent (Autor Helmut Frenzel). – Statistisches Landesamt NRW, Zensus 2011, Bevölkerung Dorsten. – Dipl.-Soz. Hannah Amsbeck, Universität Bielefeld.

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