Zwischen Wissenschaft mit praktischer Aufklärung vor Ort
1951 in Mülheim an der Ruhr bis 2007 in Essen; Historiker. – Ab dem Jahre 2000 war er Mitglied des Beirats des Jüdischen Museums Westfalen in Dorsten. Die Beziehungen zum jüdischen Museum sind allerdings älter. Als nach einem Todesfall in Bottrop 1989 das Haus- und Wohnungsinventar versteigert wurde, fand man unter dem Dach des Hauses einen verstaubten Weidenkorb, gefüllt mit etwa 150 meist hebräischen Büchern, die eine jüdische Familie bei der Deportation in Lager im Osten 1942 in Bottrop zurückgelassen hatte und dort vergessen wurde. Das im Entstehen begriffene jüdische Museum wollte den Bücherkorb unbedingt ersteigern. Aber auch die Alte Synagoge in Essen. In Absprache zwischen Wolf Stegemann und Christel Winkel vom Vorstand des jüdischen Museum, die den Korb vor Ort ersteigern wollten, und Dr. Michael Zimmermann von der Alten Synagoge, der den Korb ebenfalls ersteigern wollte, entstand noch während der Versteigerung eine hitzige Auseinandersetzung, wer nun ersteigern sollte, ohne den Preis hochzutreiben. Unter den missbilligenden Blicken der Anwesenden und des Auktionators entstand dann der Deal: die Alte Synagoge ersteigert, arbeitet den Fund wissenschaftlich auf, macht über den Korb eine Ausstellung und überlässt den Korb danach dem jüdischen Museum zum Ersteigerungspreis. Daher ist der Korb heute im Jüdischen Museum Westfalen in Dorsten zu sehen. Im Katalog „Spurensuche. Eine jüdische Gemeinde, die nicht mehr existiert“ haben die Dorstener Anke Klapsing und Wolf Stegemann in einem Aufsatz über das Projekt „Jüdisches Museum in Dorsten“ berichtet.
Akademische Lehrtätigkeit
Nach seinem Studium (1970-77) der Geschichte, Sozialwissenschaften und Latinistik in Bochum arbeitete er als wissenschaftlicher Angestellter bzw. Mitarbeiter an der Ruhr-Universität Bochum und promovierte 1986 über „Schachtanlage und Zechenkolonie. Leben, Arbeit und Politik in einer Zechensiedlung 1880 bis 1980″; Die Dissertation erschien 1987 in Essen als Buch. Neben Themen des Ruhrgebiets waren galt auch der Geschichte der Verfolgung von Sinti und Roma sowie den Juden sein wissenschaftliches Interesse. Bis 1994 war Michael Zimmermann Mitarbeiter der alten Synagoge in Essen. In dieser Zeit lernte er –wie eingangs geschildert – das Projekt „Jüdischen Museum in Dorsten“ der Forschungsgruppe Dorsten unterm Hakenkreuz kennen und habilitierte sich 1992/93 mit „Rassenutopie und Genozid. Die nationalsozialistische ‘Lösung der Zigeunerfrage’“, wofür er 1997 den Habilitationspreis der Universität Jena erhielt (Buchveröffentlichung: Hamburg 1996). Ab 1994 war Michael Zimmermann Mitarbeiter für kulturfachliche Grundsatzfragen im Dezernat für Bildung und Kultur der Stadt Essen.
Seine akademische Lehrtätigkeiten: 1996 Privatdozent an der Universität Jena, seit 2000 an der Ruhr-Universität Bochum, seit Sommersemester 2003 Gastprofessor am Institut für Zeitgeschichte in Wien In der ersten Hälfte der 1990er Jahre gehörte Zimmermann mehreren Kommissionen an: So der Kommission „Sinti und Roma“ der EKD, den Kommissionen zur Neugestaltung der KZ-Gedenkstätte Neuengamme und der KZ-Gedenkstätten in Brandenburg an sowie der Frankfurter Konzeptions-Kommission für das Fritz-Bauer-Institut. 2001 gehörte er zu den Gründern des Arbeitskreises „Sinti und Roma“ dieses Instituts. .
Konflikte mit Augenmaß beschwichtigt
Michael Zimmermann gehörte zu den frühen Initiatoren des bundesweiten Netzwerks der Geschichtswerkstätten und zu den Gründern der Zeitschrift „WerkstattGeschichte“, die nicht ohne Streit innerhalb der Geschichtswerkstätten um den Stellenwert von Wissenschaft im Verhältnis zu politisch-praktischer Aufklärung vor Ort entstand. Als jedoch die Auseinandersetzung zu einem Konfessionskonflikt zu eskalieren drohte, war er es, der mit kluger Sachlichkeit die Wogen zu schlichten verstand, Argumente wie Befürchtungen ernst nahm und zu einer Atmosphäre beitrug, in der eine Debatte wieder möglich wurde. Michael Zimmermann starb 2007 an Krebs.