Fünf Generationen zogen an den Seilen, in Holsterhausen und Dorsten
1903 in Dorsten bis 1978 ebd; Seiler. – Er war der letzte Seiler in Dorsten, einer Stadt, in der dieses Handwerk wegen des Schiffbaus einst blühte. Heute ist das Seilerhandwerk historisch und nur noch im Freiluftmuseum Hagen zu besichtigen. Die dortige Seilerei baute Johannes Ammenwerth in den 1960er-Jahren mit auf, als sein Betrieb in Dorsten die Arbeit bereits eingestellt hatte. Das Handwerk lernte der 1903 Geborene bei seinem Vater Johannes Bernard Ammenwerth, dessen Wissen vom Großvater und Urgroßvater stammte. Fünf Generationen sind in diesem Handwerk nachzuweisen. Der erste Ammenwerth, ein Johannes Bernardus (1757 bis 1830), gründete 1773 die „Seilspinnerei“ in Holsterhausen „Am Werth“; daher auch der Name Ammenwerth. 1843 zogen die Ammenwerths nach Dorsten und errichteten am Recklinghäuser Tor die neue Seilerei. Das über 300 Meter lange Gebäude am Wall (heute Ostwall), übernahm der letzte Seiler Johannes Ammenwerth nach dem Tod des Vaters. Seile benötigten die wenigen in der Lippestadt verbliebenen Schiffbauer, Landwirte und der aufstrebende Bergbau, der schließlich Ammenwerths größter Abnehmer wurde. Manchmal war Johannes Ammenwerth mit seinen zwei oder vier Gesellen tagelang in der Schachtanlage tätig, um neue Seile aufzulegen, die Loren für die Kohleförderung zogen. Die Ammenwerth’schen Bergbauseile fanden im Bergbau lange Zeit Verwendung, da sie einen Stahlkern hatten. Weil die Kohleförderung ein kriegswichtiger Einsatz war, wurde Johannes Ammenwerth im Krieg „unabkömmlich“ gestellt; er machte Dienst bei der Feuerwehr und wurde in den letzten Kriegsmonaten Luftwaffenhelfer. 1944 heiratete er Maria. Das Ehepaar hatte drei Kinder: Ferdinande (1946), Hans-Josef (1948), Theo (1952).
Elternhaus an der Recklinghäuser Straße wurde im Krieg zerstört
Bei der großen Bombardierung der Stadt ging auch die Ammenwerth’sche Seilerei in Flammen auf. Nach dem Krieg baute Johannes Ammenwerth sein Elternhaus in der Recklinghäuser Straße wieder auf, nicht aber die Seilerei. Die Zeit hat aus diesem alten Handwerk Geschichte werden lassen. Ammenwerth spezialisierte sich noch auf das Spleißen, dann fertigte und handelte er mit Sicherheitsgurten für Elektrounternehmen, deren Mitarbeiter auf Strommasten steigen mussten. Parteilos war er, wenngleich er mit seinen Freunden Bellendorf, Riedel und Elsenbusch beim abendlichen Stammtisch im Café Maus eifrig über Politik diskutierte. Im Kolpingverein spielte er die Klarinette und hin und wieder stieg er als Beiermann in den Agathaturm, um die Tradition des Läutens in den Seilen nicht ganz zu verlernen. Johannes Ammenwerth starb 1978. Mit ihm endete das Seilerhandwerk in der Lippestadt.