Vom Kaurischneckenhaus über Münzen und Geldscheine zur Kreditkarte
Vorbemerkung: Mit dieser Artikelreihe zum Thema Geld (1 bis 5), teils versehen mit Dorstener Befunden, wird ein historischer Überblick über das Geld bis zur Gegenwart gegeben. Thema der Beiträge: 1) Überblick – 2) Münzen – 3) Inflation– 4) Notgeld der Stadt Dorsten – 5) Deutsche Mark/Euro. Die Beiträge sind auch online in „Dorsten-transparent” veröffentlicht.
Lebensmittel, Nutztiere, Waffen, Schmuck und Kleidung als Warengeld
„Geld regiert die Welt” ist nur eines von vielen Sprichwörtern, die den großen Einfluss dieses Zahlungsmittels beschreiben. Und zur Welt gehört auch die Stadt Dorsten, die derzeit – und schon längere Zeit – nicht gerade im „Geld schwimmt”. Dabei sind die Formen des Geldes sehr unterschiedlich, wie ein Blick auf seine spannende Geschichte zeigt. Geld begegnet uns überall im täglichen Leben, als Banknoten und Münzen, als Buchgeld auf Bankkonten oder als digitales Geld auf Karten und dem Smartphone. Entscheidend ist nicht, welches Material oder welche Form Geld hat. Entscheidend ist, dass es allgemein als Zahlungsmittel akzeptiert wird. Geld muss drei Funktionen erfüllen: Die Tauschmittelfunktion, die Funktion als Recheneinheit und die Funktion als Wertspeicher. Selbst in primitivsten Gesellschaften fanden bereits nützliche und wertvolle Gegenstände als Zahlungsmittel Verwendung. Natural- oder Warengeld sind Oberbegriffe für diese Frühformen des Geldes. Dabei wurden im Laufe der Geschichte die unterschiedlichsten Dinge benutzt: Lebensmittel, Nutztiere, Waffen, Schmuck und Kleidung. Aber auch die Gehäuse von Schnecken. So ist das nach Raum und Zeit bisher am weitesten verbreitete Zahlungsmittel die Kaurischnecke, die oftmals fälschlich auch als ‘Kaurimuschel’ bezeichnet wird. Kaurischnecken, das bisher erfolgreichste Zahlungsmittel der Weltgeschichte, kamen in weiten Teilen Afrikas und Asiens zum Einsatz. Funde in China lassen sogar darauf schließen, dass die Kaurischnecke dort schon im 2. Jahrtausend vor Christus als Geld genutzt wurde. Bis nach Europa oder nach Kleinasien sind die Kaurischnecken jedoch nicht gekommen.
Die Entstehung des Münzgeldes – Unförmige Klumpen im 7. Jahrhundert
Dieses Natural- oder Warengeld wurde mit zunehmendem Handel durch Münzen abgelöst, die ausschließlich Geldfunktion hatten. Die ersten Münzen wurden im Königreich Lykien im 7. Jahrhundert vor Christus geschlagen. Dabei handelte es sich um unförmige Klumpen aus einer natürlich vorkommenden Gold-Silber-Legierung. Das Münzgeld erleichterte den Handel wesentlich und so breitete sich die neue Kulturtechnik des Bezahlens in der Antike von Kleinasien nach Europa aus, auch in Griechenland und in Rom wurden Münzen geprägt. Die antiken Herrscher begannen damit, ihre Porträts auf die Münzen zu prägen, die so nicht nur Zahlungsmittel waren, sondern auch Bildträger. Mit dem Ende des Römischen Reiches im 5. Jahrhundert nach Christus endete auch die antike Münzära, in der Spätantike und im Frühmittelalter ging der Umlauf von Münzen in ganz Europa stark zurück. Erst im Hochmittelalter, im 12. Jahrhundert, vollzog sich in Italien wieder der Übergang von der Natural- zur Geldwirtschaft und damit kamen auch wieder Münzen auf. Allerdings gab es kein einheitliches Münzsystem wie im Römischen Reich mehr. So kursierten im durch Kleinstaaterei geprägten Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation viele verschiedene Währungen. Im Spätmittelalter setzte sich schließlich der Rheinische Gulden als eine Art Leitwährung durch.
Die Entstehung des Papiergeldes in Europa: 1833 in Großbritannien
Das Papiergeld, wie wir es heute kennen, hat sich erst relativ spät durchgesetzt. Dabei taucht Papiergeld als Zahlungsmittel in der Geschichte immer wieder auf, wie zum Beispiel in China im 10. Jahrhundert nach Christus. In Europa wurde es erst viel später eingeführt. Dauerhaftes Vertrauen der Bevölkerung in Papiergeld zu schaffen, gelang erst der Bank of England in Großbritannien. 1833 erklärte die englische Regierung Banknoten zum gesetzlichen Zahlungsmittel und wurde damit zum Vorreiter. Aufgrund der schnell wachsenden Wirtschaft im Zeitalter der Industrialisierung war die Geldversorgung von essentieller Bedeutung. Damit erfolgte die allmähliche Abkehr von Edelmetallwährungen. Das Münzgeld wurde zu Kleingeld. – Foto: Einer der ersten Geldscheine bzw, deren Vorläufer, Großbritannien 1723.
Rentenmark, Reichsmark, Alliierte Militär-Mark, Deutsche Mark, Euro
Im Sommer 1923 wurde mit sogenanntem „wertstabilem Papiernotgeld“ mit aufgedrucktem „Goldmark“- und „Golddollar“-Bezug versucht, die Inflation einzudämmen. Dieser Versuch scheiterte jedoch. Auf Grundlage der Verordnung über die Errichtung der Deutschen Rentenbank vom Oktober 1923 wurde im Oktober 1923 die Deutsche Rentenbank gegründet. Zu Gunsten der Deutschen Rentenbank wurden Immobilien von Landwirtschaft, Industrie und Gewerbe zwangsweise mit Hypotheken und Grundschulden belegt. Die Deutsche Rentenbank gab erste neue Banknoten mit dem Datum 1. November 1923 um den 20. November sowie neue Rentenpfennig-Münzen mit der Jahreszahl 1923 an die Bevölkerung parallel zu den umlaufenden hohen Milliarden- und Billionen-Papiermark-Nominalen sowie den in geringerer Anzahl kursierenden wertbeständigen Notgeldbanknoten aus. Die Abkürzung der neuen Währung war „Rent.M“. Die Rentenmark war „kein gesetzliches Zahlungsmittel, sondern Inhaberschuldverschreibung der Rentenbank“. Der Wechselkurs zur Papiermark wurde mit 1:1 Billion festgesetzt, Da die Rentenmark kein gesetzliches Zahlungsmittel war, bestand kein rechtlicher Zwang, sie als Zahlungsmittel anzunehmen (wohl aber mussten alle öffentlichen Kassen sie annehmen). Trotzdem wurde sie von der Bevölkerung sofort akzeptiert. Die Inflation stoppte deshalb schlagartig; man sprach vom „Wunder der Rentenmark“. Zur Akzeptanz trug stark die „Deckung“ der provisorischen Rentenmark durch Grund und Boden bei. Dies war aber eine reine Fiktion; die Rentenmark blieb ausschließlich deshalb wertstabil, weil sie knappgehalten wurde.
Deutsche Mark wurde 1999 durch den Euro abgelöst
Die Rentenbank bestand über das Jahr 1924 hinaus fort und die ausgegebenen Rentenmark-Nominale blieben im Umlauf. Die letzten Rentenmarkscheine zu 1 und 2 Rentenmark, die auf den 30. Januar 1937 datieren, wurden am 5. September 1939 ausgegeben und waren bis zu den Währungsreformen 1948 in allen alliierten Besatzungszonen gültig. Ursprünglich sollte die Rentenmark bis spätestens 1934 vollständig durch die Reichsmark ersetzt werden. Da Rentenmark und Reichsmark vom Namen her praktisch dieselbe Abkürzung „RM“ zur Folge hatten, bestand auch kein Anlass, die Rentenmark zugunsten der Reichsmark abzuschaffen und die umlaufenden Rentenmark-Banknoten konsequent einzuziehen. Man scheute sich offenbar auch davor, erneute Unruhe in der Bevölkerung zu erzeugen, welche die Hyperinflation der Jahre 1922/23 noch in Erinnerung hatte. Nach dem nationalsozialistischen Regime mit der „Reichsmark“ war die „Alliierte Militär-Mark“ Zahlungsmittel, bis es 1948 zu einer umfassenden Währungsreform kam, mit der die Deutsche Mark (DM) eingeführt wurde, die im Zuge der Europäisierung am 1. Januar 1999 durch den Euro abgelöst wurde.
Siehe auch: Geld 2 / Dorstener Münzen
Siehe auch: Geld 3 / Inflation
Siehe auch: Geld 4 / Notgeld
Siehe auch: Geld 5 / Deutsche Mark
Siehe auch: Münzen der Stadt
Siehe auch: Münzen
Quellen: Dt. Bundesbank „Wieviel Geld“, Online-Aufruf (2022). – Wikipedia „Geld“ (Aufruf 2022. – Online-Seite „Wer kann das wissen“ (Aufruf 2022).