SS-Mitglied und NS-Landrat mit blendender Nachkriegskarriere
1904 in Posen bis 1995 in Mannheim; NS-Landrat in Recklinghausen. – Reschke studierte Rechts- und Staatswissenschaften in Berlin und Heidelberg, promovierte 1927 und war danach in verschiedenen Gemeinden als Regierungsreferendar und Regierungsassessor tätig. 1933 wurde Reschke Mitglied der NSDAP und 1934 Landrat im Kreis Höxter. Von 1939 bis 1945 war er Landrat im Kreis Recklinghausen, nebenbei von 1937 bis 1943 ehrenamtliches Mitglied im Sicherheitsdienst (SD) der SS. 1939 wurde Reschke Heimatgebietsleiter für das Vest Recklinghausen, 1940 bekam er das Recht, die SS-Uniform eines SD-Untersturmführers zu tragen und 1942/43 nahm er zusätzlich vertretungsweise die Dienstgeschäfte des Regierungsvizepräsidenten bei der Regierung in Minden wahr.
Kandidat bei der Mannheimer Oberbürgermeisterwahl
1945 wurde er für zwei Jahre interniert und 1947 im Entnazifizierungs-Spruchkammerverfahren in die Gruppe V („nicht belastet“) eingestuft. Wegen seiner Zugehörigkeit zu Himmlers Sicherheitsdienst wurde er zu 2.000 Reichsmark verurteilt, die durch Haft als bezahlt galt. Nach seiner Haftentlassung arbeitete Reschke von 1948 bis 1951 als Geschäftsführer des amerikanischen Instituts zur Förderung öffentlicher Angelegenheiten in Frankfurt am Main. Der Mannheimer Oberbürgermeister Hermann Heimerich gewann ihn 1951 als Geschäftsführer der Kommunalen Arbeitsgemeinschaft Rhein-Neckar, einem Zusammenschluss der Städte Mannheim, Ludwigshafen, Frankenthal und Heidelberg sowie mehrerer Landkreise. 1955 stellte ein überparteilicher Block, bestehend aus CDU, DP, und BHE den parteilosen Hans Reschke zum Kandidaten zur Mannheimer Oberbürgermeisterwahl auf. Reschke wurde mit knapper Mehrheit gewählt. Wegen Einsprüchen und Klagen von Mannheimer Bürgern konnte er das Amt allerdings erst nach über einem Jahr und einem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts am 10. Dezember 1956 antreten. Bei der Wiederwahl 1964 konnte sich Reschke mit überwältigenden 99,8 Prozent der Stimmen durchsetzen. 1972 wurde er pensioniert.
Der NS-Landrat verschwieg seine Mitgliedschaft bei der SS
Reschke verbarg seine NSDAP-Mitgliedschaft bei der Oberbürgermeisterwahl 1955 nicht, wohl aber seine Mitgliedschaft in der SS als SD-Unterscharführer (List of SS-Officers, Berlin Document Center, 1946), seine Beteiligung an einem Ausschuss der NSDAP-Parteikanzlei in München, seine Tätigkeit als Kreisfachberater für Kommunalpolitik, Kreisschulungsbeauftragter der NS-Handwerks-, Handels- und Gewerbe-Organisation (NS-Hago) und seine Mitgliedschaft im Bund Nationalsozialistischer Deutscher Juristen. Dies deckten erst Zeitungen während des Wahlkampfes auf, darunter die „Frankfurter Rundschau“ als erste und dann „DIE ZEIT“ und der „Spiegel“. Fünf Bürger erhoben daher Wahlanfechtungsklage. Mehrere Gutachten – unter anderem vom stellvertretenden Hauptankläger der USA im Nürnberger Prozess, Robert Kempner, entlasteten Reschke. Sie hoben hervor, dass er nur ehrenamtlich im Rahmen seiner Landratsstellung in Recklinghausen tätig gewesen und bereits 1943 auf eigenen Wunsch aus dem SD ausgeschieden sei. Vor dem Bundesverwaltungsgericht wurde daher die Wahl für rechtmäßig erklärt.
Mit dem Großen Verdienstkreuz der Bundesrepublik ausgezeichnet
Für sein Lebenswerk erhielt Hans Reschke zahlreiche Auszeichnungen. 1972 bekam er das Große Verdienstkreuz mit Stern des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland und die Ehrenbürgerwürde der Stadt Mannheim. Nebenamtlich war Reschke Präsident des Städteverbands Baden-Württemberg, im Präsidium des Deutschen Städtetags, Vorsitzender des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge, Senator der Max-Planck-Gesellschaft, Vizepräsident der Humboldt-Gesellschaft für Wissenschaft, Kunst und Bildung. 1973 wurde er Ehrenmitglied des Deutschen Städtetags und die Universitäten Mannheim und Heidelberg verliehen ihm die Ehrendoktorwürde. 1985 erhielt Reschke die Verfassungsmedaille des Landes Baden-Württemberg in Gold. Nach seinem Tod wurde 1996 in Mannheim eine Straße in „Hans-Reschke-Ufer“ umbenannt.
Quellen:
Nach Wikipedia, Online-Enzyklopädie. – Ernst Klee in „Deutsche Biografische Enzyklopädie“. – „Die Zeit“-online. – „Der Spiegel“ 42/1955, 41/1963. – Archiv Kreis Recklinghausen. – Vestischer Kalender 1977.