Helmut Mertens leitete den Dorstener Textilreinigungsbetrieb
Helmut Mertens ist in Dorsten kein Unbekannter. Bis 2007 gehörte der Familie Mertens der heute zur Gruppe Berendsen Textilservice GmbH gehörende Textilreinigungsbetrieb „permaclean“, der auch in den neuen Bundesländern und in der Tschechischen Republik große Niederlassungen hatte. Neben Dorsten standen permaclean-Betriebe in Berlin, Langenhagen, Böhningen/Sachsen, Dietzenbach/Offenbach, Gärtringen/Böblingen und Dasing/München. Die Betriebe wurden vom Hauptsitz in Düsseldorf geleitet, Helmut Mertens war als Mitgesellschafter und Geschäftsleitungsassistent für den Dorstener Hauptbetrieb zuständig.
Kurz vor der Wende noch mit DDR-Ausweis und Trabbi-Cabrio
Seit Juli 1968 hatte der Textil-Mietservice „permaclean“ (was so viel bedeutet wie „immer sauber“) seinen Betrieb an der Marler Straße. Hinter dem „Mietservice“ verbarg sich das Ausleihen von Arbeitskleidung mit dem dazugehörigen Service. Bei der Gründung durch den Unternehmer Klaus-Peter Mertens, der 2013 im Alter von 93 Jahren starb, wurden die 1.800 Quadratmeter große Betriebshalle und die Büros des „Hauses der Kleiderpflege“ übernommen und konnte aufgrund der Räumlichkeiten in den folgenden Jahrzehnten expandieren. Klaus-Peter Mertens war nicht nur ein „Pionier in Hemdsärmeln“, er verband das Anpacken auch mit Innovation und Ideen. Zu den neuen Ideen kamen neue Maschen, sprich, so genannte Mischgewebe, neue Technik, beispielsweise die bis dahin weitgehend unbekannten Wäschetrockner, die Anfang der Siebziger gerade das Bewusstsein der Menschen erobernden Computer.
Fast 94 Millionen Wäschestücke pro Jahr verliehen
Heinz-Peter Mertens nutzte diese Komponenten mehr als innovativ zu einem Mix, der die Textil-Branche fast revolutionierte. Das „Klamotten-Leasing“ wurde zunächst für mittelständische, später für Großunternehmen interessant. Der Metro-Mitarbeiter trug nicht mehr seinen eigenen Kittel, sondern den von der Firma permaclean geleasten. In den Hochzeiten des Unternehmens wurden pro Jahr 93,5 Millionen Wäschestücke verliehen.
Schon zehn Jahre nach der Gründung beschäftigte das Unternehmen 50 meist weibliche Arbeitskräfte. In der Woche lag der „Produktionsstand bei einem Durchgang von 25.000 Kleidungsstücken. Die Geschäftsleitung hatte ihren Sitz in Düsseldorf und in Dorsten. Betriebsleiter in Dorsten war zunächst Heinz Neumann, Assistent der Geschäftsleitung und Mitgesellschafter war Helmut Mertens. Über 1.000 Firmen aus dem ganzen Bundesgebiet, davon über zwei Dutzend aus Dorsten, gehörten zum Kundestamm. Der Service reichte vom Abholen über das Reinigen mit allem was dazu gehört, bis zur Anlieferung der firmeneigenen und nur ausgeliehenen Kleidung. Täglich wurden mit den blauen Lieferwagen ein paar hundert Kunden „angefahren“. Den süddeutschen Raum bediente das Auslieferungslager in Dietzenbach bei Offenbach.
1988 erweiterte „permaclean“ seine Dienstleistungen. Zusammen mit der Stadt Dorsten wurde ein neues Wirtschaftsförderungs-Modell entwickelt: Die Gewährung von Steuererleichterungen durch die Stadt war gekoppelt mit der Schaffung neuer Arbeitsplätze in nennenswerter Zahl. Bis 1995 war Heinz-Peter Mertens in beratender Funktion bei permaclean, das mittlerweile von seinen Söhnen Helmut und Rainer geleitet wurde, aktiv. 1992 zog permaclean in ein neues Gebäude in unmittelbarer Nähe des alten Firmensitzes an die Schleusenstraße um. Im 25. Jubiläumsjahr 1993 waren bei permaclean 350 Arbeitsnehmer und Arbeitnehmerinnen beschäftigt – in den besten Zeiten des Unternehmens waren es bis zu 700.
Zeitungen nach Hainichen gebracht
Noch vor der deutschen Wiedervereinigung machte sich Helmut Mertens für die Partnerschaft mit Hainichen in Sachsen stark. 1989 veranlasste er kurz vor der Wende den Transport der „Ruhr Nachrichten“-Sonderausgabe „Hainichener Nachrichten“ von Dorsten nach Hainichen, die dort von Gymnasiasten an den Leser gebracht wurden. Noch kurz vor der Wende wurde der Dorstener Helmut Mertens, der eine Wohnung in Hainichen besaß, auch noch DDR-Bürger. Damals fuhr er auch ein olivgrünes Trabbi-Cabrio mit DDR-Kennzeichen, mit dem er in Dorsten auffiel.
In der Lübecker Bucht mit der „Lobster“ kollidiert
Später verlegte er sich vom holprigen DDR-Pflaster in Hainichen auf das glättere aber nicht weniger gefährliche Wasser der Ostsee. Mit seiner Segelyacht, die den bezeichnenden Bayerischen Namen „i di a“ („ich dich auch“) hat, beteiligte er sich an Schiffsrennen wie dem „Sunbeam-Cup 2010“ in der Lübecker Bucht, was Anfang 2012 ein gerichtliches Nachspiel vor dem Lübecker Landgericht hatte. Denn vor der Insel Fehmarn kollidierte seine Yacht mit einer anderen namens „Lobster“. Bei der gerichtlichen Auseinandersetzung ging es um die Schadensregulierung. Allein an der Yacht des Dorstener Kaufmanns wurde ein Schaden in Höhe von 30.000 Euro gerichtsanhängig. Dabei musste die Frage nach der Manövrierunfähigkeit der „i di a“ geklärt werden, als sie von der „Lobster“ gerammt wurde. War sie gekentert, wäre das Recht auf der Seite von Helmut Mertens, wie sein Anwalt vor Gericht argumentierte. Die Gegenseite verwies darauf, die Mertensche Yacht habe sich bei der Sunbeam-Regatta auf einem falschen Kurs befunden, auf dem sie nichts zu suchen hatte. So wurde es auch gerichtlich festgestellt. Nach Zuziehung der Wettkampf-Ordnung für Segelregatten verkündete der Richter das Urteil und gab der „Lobster“ Recht. Mertens verzichtete auf Berufung.
Standort Dorsten für 150 Mitarbeiter ungewiss
Zehn Jahre nach dem Verkauf von permaclean an die Berendsen-Gruppe stehen für die Niederlassungen an der Schleusenstraße und in der Partnerstadt Hainichen weitreichende Veränderungen an. Der Verkauf des Berendsen-Konzerns mit Hauptsitz in England an den französischen Konkurrenten Elis für zwei Milliarden Euro ist beschlossen. Die Auswirkungen auf den Standort Dorsten mit seinen 150 Mitarbeitern ist noch unklar (Stand: Juni 2017).
Quellen:
Klaus Rosenkranz „Vor Gericht: Dorstener Segler rammte fremdes Schiff“ in DZ vom 24. Januar 2012 und vom 30. März 2012. – „Trauer um Heinz-Peter Mertens in DZ vom 27. Februar 2013.