Thomas, Dr. Hans-Jürgen

Petrinum-Schüler wurde ein europaweit geachteter ärztl. Standespolitiker

W. St. – Geboren 1939 in Brieg/Schlesien; ehrenamtlich engagierter ärztlicher Standespolitiker. – Nach einem vollen Berufsleben als Arzt, begleitet von einem ehrenamtlichen Engagement in gemeinnützigen Organisationen und ärztlichen Spitzenverbänden sowie als „Anwalt“ der Kassenärzteschaft ehrte ihn der 110. Ärztetag 2007 mit der „Paracelsus-Medaille“, die höchste Auszeichnung der deutschen Ärzteschaft. Damit reiht er sich ein in die Liste der geehrten Ärzte, in der Albert Schweitzer 1952 als erster Preisträger steht. Mit der Medaille werden Ärzte für ihre Verdienste im Sinne Paracelsus’ geehrt, „die sich durch vorbildliche ärztliche Haltung oder durch erfolgreiche berufsständische Arbeit oder hervorragende wissenschaftliche Leistungen besondere Verdienste um das Ansehen des Arztes erworben haben“. Hans-Jürgen Thomas besuchte in Dorsten das Gymnasium Petrinum, wo er 1961 das Abitur bestand.

Von Schlesien über Dülmen nach Dorsten – und nach nach Erwitte

Nach Kriegsende ging die Familie nach Naumburg an der Saale und übersiedelte 1947, als der Vater aus der Kriegsgefangenschaft zurückkehrte, ins westfälische Dülmen. Nachdem der Vater eine Lehrerstelle in Dorsten bekam, verzog die Familie 1951 in die Lippestadt, wo Hans-Jürgen Thomas das altsprachliche Gymnasium Petrinum besuchte und 1961 das Abitur bestand. Den anschließenden Wehrdienst bei der Bundeswehr absolvierte er als Oberleutnant der Reserve. Danach studierte er in Wien und Münster Medizin und promovierte 1969 mit dem Thema „EKG-Speicheruntersuchungen bei Ergometerarbeit und 800- bzw. 400-Meter-Läu­fen zur Feststellung der maximal erreichten Herzfrequenzen“. Die Dissertation fußte auf der Auswertung von experimentellen Studien mit Leistungssportlern, was damals in wissenschaftlichen Untersuchungen, insbesondere im Verlauf von Dissertationen, noch nicht üblich war und einen relativ hohen Arbeitseinsatz und Zeitaufwand erforderte. Seine ersten Einblicke in die berufliche Betätigung von Ärztinnen und Ärzten und in den „Me­dizinbetrieb“ gewann Hans-Jürgen Thomas im Dorstener St. Elisabeth-Krankenhaus, in dem er bereits in jungen Jahren Kontakt mit kranken Menschen bekam und von den dort tätigen Klinikärzten bei seiner späteren Berufswahl stark beeinflusst wurde. Seine klinische Weiterbildung absolvierte er nach Erlangung der Approbation als Arzt (1970) an Krankenhäusern in Münster und Beckum, bevor er sich 1971 als Allgemeinarzt in Erwitte niederließ, wo er heute noch lebt, seine ärztliche Tätigkeit aber 2006 beendete. Kennzeichnend für ihn ist sein Engagement im persönlichen wie beruflichen Bereich. 1972 trat Hans-Jürgen Thomas in das Deutsche Rote Kreuz ein und leitete die Geschicke des Erwitter Orts- und Kreisverbandes.

Trotz großen standespolitischen Engagements stets Hausarzt geblieben

„Gemeinsam sind wir stark“, hieß seine berufspolitische Leitidee. Ein zentrales Anliegen war ihm die Erhaltung eines hochstehenden medizinischen Versorgungssystems sowie die Stärkung der Allgemeinmedizin und der hausärztlichen Versorgung. Die aus seiner Berufsausübung gewonnenen Erfahrungen und sein Engagement als Bereitschaftsarzt des Deutschen Roten Kreuzes hat er in die Berufspolitik eingebracht. Mehr als 44 Jahre gehört Dr. Hans-Jürgen Thomas dem Hartmannbund (HB) an: 1973 war er zum HB-Vorsitzenden des Kreisvereins Soest gewählt worden. Später wurde er Landesvorsitzender in Westfalen-Lippe, 1989 zum Bundesvorsitzenden gewählt, ein Amt, das er bis Oktober 2005 innehatte. Vizepräsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe war Thomas von 1993 bis 2005 und von 1985 bis 2005 Mitglied der Kammerversammlung der Ärztekammer Westfalen-Lippe (ÄKWL), dessen Amt als Vizepräsident er bis zu seiner Pensionierung zwölf Jahre lang versah. Die Bodenhaftung hat er bei all den Spitzenfunktionen dennoch nicht verloren: Nach wie vor praktiziert er in Erwitte als Hausarzt.

Viele Orden, Medaillen und Ehrungen für seinen ehrenamtlichen Einsatz

Der unermüdliche Einsatz und der ungebrochene Kampf für eine demokratisch verfasste Gesellschaft und einer hoch stehenden Medizin brachten Hans-Jürgen Thomas neben der Paracelsus-Medaille vielfältige und höchste Ehrungen ein: Bereits 1962 erhielt er die Gedenkmedaille des Landes Niedersachsen für seinen Einsatz bei der Sturmflut. 2000 wurde er mit dem Bundesverdienstkreuz am Bande der Bundesrepublik Deutschland geehrt; seit 2005 ist er Träger der Verdienstmedaille des Landesverbandes des Deutschen Roten Kreuzes Westfalen-Lippe. Der Hartmannbund, Landesverband Westfalen-Lippe, ehrte ihn 2005 mit der Verleihung der Wilhelm-Berg­hoff-Medaille des Hartmannbund-Landesverbandes. 2006 verlieh ihm der Bundespräsident das Bundesverdienstkreuz Erster Klasse und der Hartmannbund (Bundesverband) zeichnete ihn 2006 mit der Hartmann-Thieding-Medaille aus.

Hans-Jürgen Thomas: „Ich bin Arzt aus Leidenschaft“

Hans-Jürgen Thomas war  seit 1992 Mitglied und Delegierter des Weltärztebundes (World Medical Association), ebenso gehörte er dem Comité Permanent des Médecins Européens (CPME) an. Die 1996 von Hans-Jürgen Thomas initiierte Aktion „Europa gegen Euthanasie“ setzte sich für eine fürsorgliche Sterbebegleitung und einen respektvollen Umgang mit Schwerstkranken und Sterbenden ein. Thomas nahm eine klare ablehnende Haltung gegen jegliche Freigabe der aktiven Sterbehilfe ein (wie etwa in den Niederlanden).

Bei der Verleihung der Paracelsus-Medaille sagte Hans-Jürgen Thomas, der sein geistiges Rüstzeug im Dorstener Gymnasium Petrinum vermittelt bekam: „Ich bin Arzt aus Leidenschaft. Die Ausübung des Berufes schafft Leiden, auch körperliche, weil man oftmals rund um die Uhr für seine Patienten ansprechbar sein muss. Die Ausübung des Berufes schafft auch Leiden, weil man lernen muss, damit fertig zu werden.“

 

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