2010/11: In Dorsten Steigerung entgegen dem Trend im Kreis
In Dorsten wurden in den ersten drei Monaten des Jahres 2011 fast 50 Verfahren beendet, dazu gehören prinzipiell auch Insolvenzen (früher: Konkurse) von Unternehmen, die ihren Sitz außerhalb Nordrhein-Westfalens haben, deren Verfahren aber an einem hiesigen Amtsgericht lief. Das waren sieben mehr als im ersten Quartal 2010, somit ein Plus von 17,9 Prozent. Im Vergleich haben sich die Unternehmensinsolvenzen von neun auf 18 verdoppelt. Die Privatinsolvenzen sanken von 29 auf 28. Damit stehen die Zahlen in Dorsten teils gegen den Kreistrend. Denn dort sank die Zahl der Insolvenzen leicht um 1,5 Prozent und die der Unternehmen stieg mit 6,1 Prozent.
Auch private Insolvenzen stiegen deutlich an
Im ersten Halbjahr 2011 stieg die Zahl der Insolvenzverfahren in Dorsten im Vergleich zum ersten Halbjahr 2010 deutlich an. Während im ersten Halbjahr 2010 78 Insolvenzverfahren eröffnet wurden, waren es ein Jahr später bereits 92. Das bedeutet ein Plus von 17,9 Prozent. Die Unternehmensinsolvenzen stiegen von 21 auf 30, die Privatinsolvenzen sind von 59 auf 55 gesunken. Andere Insolvenzen, etwa Selbstständige, die nicht eindeutig zugeordnet werden können, sowie Nachlassinsolvenzen, stiegen von 2 auf 3. Mit dem Anstieg der Insolvenzen lag Dorsten weiterhin über dem Kreis- (minus 11,2 Prozent) und Landesdurchschnitt (minus 4,1). Im dritten Quartal 2011 betrug die Zahl der Insolvenzen in Dorsten 50 – das waren 13 mehr als im Vergleichszeitraum 2010 und ein Plus von 35 Prozent. Acht (9) Firmen meldeten Zahlungsunfähigkeit an, zudem 39 (27) Privatpersonen, drei (1) Insolvenzen konnte nicht eindeutig zugeordnet werden (Nachlässe oder ehemals Selbstständige). In den gesamten ersten neun Monaten des Jahres 2011 gab es in der Stadt 142 (Vergleich 2010: 115) Insolvenzen, 38 (30) von Firmen, 98 (82) von Verbrauchern, 6 (3) konnten nicht zugeordnet werden.
Dorstener Autohaus Lüning meldete im Juli 2018 Insolvenz an
Das über 100 Jahre alte Dorstener Autohaus hat Mitte 2018 beim Amtsgericht Essen Insolvenz angemeldet. Das Unternehmen soll im Rahmen des Insolvenzverfahrens saniert werden. Als Hintergrund der finanziellen Schieflage werden von der Geschäftsführung Lüning der anhaltend hohe Wettbewerbsdruck in der Branche sowie die Dieselaffäre genannt, dessen negative Auswirkungen nicht länger hätten ausgeglichen werden können. Die Löhne seien vorerst sicher, hieß es. Zum vorläufigen Insolvenzverwalter hat das Amtsgericht Essen den Sanierungsexperten und Senior-Partner der Kanzlei Mönig und Partner, Rechtsanwalt Michael Mönig, bestellt. Das Traditionsautohaus wurde bereits 1901 gegründet. Seit 1924 ist es am Standort Dorsten als Vertragshändler für die Adam Opel AG aktiv. 2006 hatte sich das Unternehmen „An der Glashütte“ mit einer zweiten Marke – dem tschechischen Skoda – breiter für die Zukunft aufgestellt. Neben Neu- und Gebrauchtwagen von Opel und Skoda sowie für Pkw und Nutzfahrzeuge bietet Lüning auch sämtliche Service- und Reparaturleistungen an. Anfang April 2016 hatte das Autohaus sein Dreifach-Jubiläum gefeiert: 115-jähriges Firmenjubiläum, zehn Jahre Skoda Lüning in Dorsten und die Premiere des neuen Opel Astra ST. „Mit dem neuen Opel Astra Sports Tourer blickt man überaus positiv in die Zukunft“, hieß es in der damaligen Berichterstattung. Die Geschichte des Autohauses Lüning endete am 1. November 2018. Nach monatelangen Verhandlungen wurden die beiden Häuser in Dorsten und Gladbeck des insolventen Unternehmens vom Autohaus Borgmann GmbH in Wulfen übernommen, das nun im Ruhrgebiet zehnmal vertreten ist.
Die Alten- und Pflegeheime Keller beantragten im März 2019 Insolvenz
Das Unternehmen betreibt insgesamt sechs Einrichtungen für Senioren, darunter zwei Pflegeheime in Dorsten. Am Amtsgericht Essen ist Mitte März 2019 ein Insolvenzverfahren über das Vermögen der „Keller Dienstleistungen und Sozialimmobilien GmbH & Co. KG“ sowie der „Alten- und Pflegeheime Familie Keller GmbH“ eröffnet worden. Die mittelständische Unternehmensgruppe mit Sitz in Dorsten ist in den Bereichen Seniorenpflege und Hoteldienstleistungen tätig. In Dorsten betreibt die Familie Keller die Alten- und Pflegeheime „Haus am Kamin“ und „Haus Keller“ in Holsterhausen. Außerdem führt sie die Häuser Horst und am Monreberg in Kalkar, das Senioren-Hotel Landhaus Keller in Raesfeld sowie die Mühle Keeken in Keeken. Die personellen und leistungsrechtlichen Anforderungen des seit dem 1. August 2018 geltenden Wohn- und Teilhabegesetzes (WTG) des Landes Nordrhein-Westfalen hätten die wirtschaftlichen Kalkulationen der Gruppe überstrapaziert, so Geschäftsführerin Uta Keller in der „Dorstener Zeitung“. Laut einer Pressemitteilung des Insolvenzverwalters beträgt der Jahresumsatz der Unternehmensgruppe Alten- und Pflegeheime Familie Keller durchschnittlich rund 10 Millionen Euro. Die Versorgung der 220 Bewohner sei sichergestellt, so der Insolvenzverwalter. Auch die Gehälter der 216 Beschäftigten der sechs Häuser aus der Insolvenzmasse bis Mai 2019 ebenfalls.
2016: Weniger Pleiten im Kreis – dennoch jede zweite eine Privatinsolvenz
Im Kreis Recklinghausen sind 2016 weniger Firmen und Privatleute pleite gegangen. Der aktuellen Landesstatistik zufolge wurden in den ersten sechs Monaten knapp 400 Insolvenzen im Kreis angemeldet. Das sind 50 weniger als im Vorjahreszeitraum. 222 Personen mussten Privat-Insolvenz anmelden, teilten die Landesstatistiker mit. Das sind zwar rund 100 weniger als noch im Jahr davor. Diesmal waren aber besonders viele Selbstständige betroffen. Im Kreis Recklinghausen haben Privatleute und Firmen rund 100 Millionen Euro Schulden. Landesweit sind es rund fünf Milliarden Euro – ein Plus von zwei Milliarden Euro im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Und das obwohl drei Prozent weniger Insolvenz angemeldet hatten. Im Kreis sind zuletzt weniger Privatleute und Firmen pleite gegangen. Das zeigen Zahlen der Landesstatistiker insgesamt. Im Einzelnen variieren die Ergebnisse in den Städten: So hat es in Castrop-Rauxel zwar deutlich weniger Insolvenzen insgesamt gegeben, die Zahl der Unternehmen, die pleite gegangen ist, ist aber gleichzeitig gestiegen. Genau andersrum sieht es in Dorsten, Haltern und Herten aus.
2018: Insolvenzrisiko im Kreis Recklinghausen über dem Durchschnitt
Das Insolvenzrisiko für Unternehmen im Kreis Recklinghausen ist im Ruhrgebietsvergleich relativ hoch, berichtet Creditreform, nach eigenen Angaben Deutschlands Marktführer für Wirtschaftsauskünfte, auch wenn 2018 die Zahl der Firmenpleiten um elf Prozent zurückgegangen sind. Die Statistiker vom Landesbetrieb it.nrw melden für 2018 exakt 199 Unternehmensinsolvenzen im Kreis Recklinghausen – 24 weniger als im Vorjahr. Zu Beginn dieses Jahrzehnts waren über alle Branchen hinweg noch mehr als 400 Insolvenzverfahren registriert worden. Sowohl die Industrie- und Handelskammer (IHK) als auch die Handwerkskammer bescheinigen der Wirtschaft im Kreis auf der Basis ihrer letzten Konjunkturumfragen eine gute Geschäftslage und positive Aussichten. In die Risikoberechnungen von Creditreform gehen neben den Insolvenzverfahren auch sogenannte Vermögensauskünfte (Zwangsvollstreckungsmaßnahmen der Gläubiger) als Negativmerkmal ein. Vermögensauskünfte tauchen nach Angaben von Creditreform in den offiziellen Insolvenzstatistiken nicht auf. Die Zahl aller Fälle wird ins Verhältnis zur Gesamtzahl der Unternehmen gesetzt und daraus ein Risiko-Indikator errechnet. Der liegt im Kreis Recklinghausen bei 2,27. Das bedeutet: Knapp 2,3 von 100 Firmen müssen damit rechnen, vom Markt zu verschwinden.
Es gibt unterschiedliche Gründe dafür, dass Unternehmen in Schwierigkeiten geraten. Von wenigen großen Auftraggebern abhängig zu sein, ist einer davon, so die Handwerkskammer Münster. Nicht oder mit Verzug bezahlte Rechnungen könnten dann schnell zu Liquiditätsengpässen führen. Manchmal befänden sich Produkte oder Dienstleistungen auch einfach nicht mehr auf der Höhe der Zeit. Um rechtzeitig die Weichen neu zu stellen, bietet die Handwerkskammer ihren Mitgliedsunternehmen in der Emscher-Lippe-Region eine spezielle Beratung („ProCheck“) an.
Gastronomie gefährdet, weil oft das Eigenkapital fehlt
Die Branche mit dem höchsten Insolvenzrisiko ist laut Creditreform das Gastgewerbe – und das nicht nur im Ruhrgebiet, sondern bundesweit. Experten überrascht das nicht. Existenzgründungen in diesem Bereich seien häufig nicht solide vorbereitet, heißt es. Oft fehle es auch am Eigenkapital.
Weniger Pleiten im Bund und Ländern 2018 – auch in Nordrhein-Westfalen
Im Jahr 2018 gab es bundesweit 19.552 Firmeninsolvenzen – der niedrigste Wert seit Ende der 1990er-Jahre. In NRW mussten 5671 Firmen Insolvenz anmelden – 185 weniger als im Jahr zuvor. Das Insolvenzrisiko war für die Firmen in NRW aber weiter höher als in den meisten anderen Bundesländern. Umgerechnet auf die Zahl der Unternehmen im Land war die Insolvenzquote nur in Bremen und Berlin 2018 höher als in Nordrhein-Westfalen. In NRW gab es demnach 85 Insolvenzen je 10 000 Unternehmen, in Bremen 105 und in Berlin 89. Im Bundesschnitt waren es 59 Insolvenzen je 10.000 Unternehmen. Die niedrigste Quote hatte Bayern mit 41 Insolvenzen je 10.000 Unternehmen.
2020: Entgegen NRW-Trend: Mehr Anträge auf Insolvenzverfahren
In Dorsten haben im ersten Quartal 2020 mehr Unternehmen und Verbraucher Anträge auf Insolvenzverfahren gestellt als im Vorjahr. Damit steht die Lippestadt dem landesweiten Trend entgegen. Von Januar bis März 2020 wurden in Dorsten 29 Anträge auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens gestellt. Das sind 26 Prozent mehr als im ersten Quartal 2019 (23 Anträge), wie aus einer Auswertung des Landesbetriebs IT.NRW hervorgeht. Elf Insolvenzverfahren in Dorsten betrafen Unternehmen – zwei mehr als im entsprechenden Vorjahreszeitraum. Die Zahl der Verbraucherinsolvenzen in Dorsten erhöhte sich im ersten Quartal 2020 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 50 Prozent (von 10 auf 15). Verbraucher sind Arbeitnehmer, Rentner und Arbeitslose. Die Statistiker weisen darauf hin, dass Insolvenzverfahren aufgrund ihrer Bearbeitungszeit ein sogenannter „nachlaufender Konjunkturindikator“ sind. Unter anderem deshalb spiegele sich die ab März beginnende wirtschaftliche Krise im ersten Quartal 2020 noch nicht in einem Anstieg der Verfahren wider. Weitere Ursachen seien die vorübergehend vorerst bis 30. September ausgesetzte Insolvenzantragspflicht, staatliche Finanzhilfen und der teils eingeschränkte Betrieb der Insolvenzgerichte und Schuldnerberatungsstellen.
2023: In NRW 41 Prozent mehr Insolvenzen – 2047 Menschen betroffen
Die Zahl der Unternehmensinsolvenzen hat in Nordrhein-Westfalen zuletzt deutlich zugenommen. Im Juni hätten im bevölkerungsreichsten Bundesland 416 Unternehmen Insolvenzanträge gestellt, berichtete das Statistische Landesamt IT.NRW im August 2023. Das seien 41 Prozent mehr als im Juni 2022 und 11,2 Prozent mehr als im Mai 2023. Eine höhere Zahl an Unternehmensinsolvenzen innerhalb eines Monats war nach Angaben der Statistiker zuletzt im Juli 2020 registriert worden. Die Zahl der von einer Unternehmensinsolvenz betroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer war im Juni laut IT.NRW mit 2047 Personen sogar mehr als dreimal so hoch wie im Vorjahresmonat. Auch die Zahl der beantragten Verbraucherinsolvenzverfahren lag im Juni mit 1579 Verfahren um 12,9 Prozent über dem Vorjahresniveau (dpa).
Im zweiten Halbjahr 2023 mehr Unternehmenspleiten in NRW erwartet
Für die zweite Jahreshälfte 2023 sagten Mitte des Jahres Experten eine Zunahme von Unternehmensinsolvenzen um mindestens 30 Prozent voraus. Betroffen sind unter anderem Handel, Immobilienbranche und Gesundheitswesen. In absoluten Zahlen ist NRW mit seinen 2260 Insolvenzen zwischen Januar und Juni 2023 Spitzenreiter unter den Bundesländern; rechnet man die Zahl auf je 10.000 Unternehmen hoch, belegt NRW den vierten Platz. Das liegt auch an der großen Zahl von kleinen Betrieben aus dem Bereich Handel und Dienstleistungen. Am 11. August 2023 hatte das Statistische Bundesamt für den Monat Juli einen Anstieg der Zahl der Unternehmensinsolvenzen um fast 24 Prozent verkündet. Für NRW hatte die Creditreform zuvor für das erste Halbjahr ein Plus von etwa 23,5 Prozent gemeldet. Es habe insgesamt den stärksten Anstieg bei den Insolvenzen seit 2002 gegeben, hatte die Auskunftei mitgeteilt. Betroffen sind insbesondere der Handel, die Immobilienbranche, das Baugewerbe, das verarbeitende Gewerbe, das Gesundheits- und Sozialwesen sowie die Automobilzulieferindustrie. Die Händler leiden unter der Konsumschwäche in Deutschland, Immobilienbranche und Bauunternehmen unter hohen Zinsen und hohen Baukosten. Im Gesundheitswesen hatten in der ersten Jahreshälfte 2023 neun Kliniken in NRW Insolvenz anmelden müssen. Auch in Pflegebetrieben sieht es teils kritisch aus. Der Grund hierfür sei vor allem der wachsende Fachkräftemangel (Quelle: Georg Winters in DZ vom 14. Aug. 2023).
Siehe auch: Insolvenz-Risiko 2022/23
Siehe auch: Keller, Unternehmensgruppe
Quellen: Nach WAZ vom 24. Juni 2011.Michael Wallkötter in DZ vom 13. Juni 2019 „In diesem Jahr gab es schon 142 Insolvenzen“ in WAZ vom 8. Dezember 2011. – „Insolvenzen beschäftigen das Gericht“ in der DZ vom 6. Dezember 2013. – Anke Klapsing-Reich in DZ vom 18. Juli 2018. – Robert Wojtasik in DZ vom 19. März 2019. – Michael Wallkötter in DZ vom 13. Juni 2019.