Herrlichkeitsordnung

1592: Schäflein der Kirche zur wahren Gottseligkeit unterweisen

Um das alltägliche und festliche Zusammenleben der Menschen in der Herrlichkeit zu regeln, erließ 1592 Bernd II. (1554-1695), Herr auf Lembeck, Besitzer der Herrlichkeit, für sein Gebiet eine Ordnung, in der Gebote und Verbote standen, und an die sich jeder seiner Untertanen bei Strafe zu halten hatte, vergleichbar mit den heutigen Gesetzen und Verordnungen, die den gleichen Zweck haben. Die hier veröffentlichte Herrlichkeitsordnung ist in einigen Sätzen in einer heute lesbaren Version übersetzt, wobei versucht wurde, die Authentizität beizubehalten. In Klammern gesetztes dient zum besseren Verstehen:

Zuerst will ich die Pastoren ernstlich ermahnen, dass sie ihre Schäflein zur wahren Gottseligkeit anhalten und so unterweisen, dass sie solches am Jüngsten Gericht vor Gottes Angesicht verantworten können. Zum anderen, dass sie auch dieselben fleißig zum Gebete anhalten, ob vielleicht Gott allmächtig von seinem gerechten Zorn abzuwenden sein möchte. Es soll Bischoff Johans von der Hogen hochlöbliches Gedächtnis aufgerichtete Landesordnung in diesen nachgesetzten Punkten zu folgen auferlegt werden.

Eheschließung: Vorerst sollen bei der Eheschließung von beiden Seiten nicht mehr als fünf Personen mitgebracht und dabei nicht mehr als eine Tonne Bier getrunken werden. Und es soll keine Brautlegung [Brautfeier, Hochzeit] länger als bis zum dritten Tage dauern. Außerdem sollen bei den Kindstaufen nur die Taufpaten teilnehmen und die Feier soll nur einen Tag dauern. Außerdem soll auch niemand Kinder über drei Jahren mit auf Feste nehmen. Außerdem soll kein Hausmann Gold, Silber, Seide oder Samt zu seinem oder seiner Kinder Besitz machen, neu machen lassen oder auch kaufen zur Tracht [Festlichkeit] ohne Trauring.

Schützen- und Gildenfeste: Außerdem sollen alle Gildenbiere verboten sein und es soll Pulver und Ladung gekauft werden. Man soll zu den vier Mal im Jahr etwas aussetzen, worum die Gilde nach dem Zeichen schießen soll. Wer dann den besten Schuss tut, soll es gewinnen. Und sollen dann für 20 Personen eine Tonne Bier getrunken werden, der das Bier zum Vogelschießen mitgebracht hat. Dann soll sonst kein Vogelschießen erlaubt sein, weil man jetzt nicht in die Höhe, sondern für sich zu schießen bedarf [also nicht Schützenschießen, sondern Jagd nach erlaubtem Wild].

Fremde: Außerdem soll sonst niemand verdächtige oder unbekannte Personen ohne Wissen des Vogts beherbergen. So aber Jemand solches täte, und wenn es dem Vogt verständigt wird, soll er sich bei denen erfragen und erkundigen, was deren Angelegenheit sei. Handeln sie dann mit Gewalt, soll er die Glocke schlagen [Alarm läuten]. Wenn nun die Glocke geschlagen wird, alsdann soll ein jeder innerhalb einer Stunde mit seinem Gewehr sich an der Kirche finden lassen, wenn er sich innerhalb des Kirchspiels befindet. Der nächste Vogt, der den Glockenschlag hört soll seine Kirchenglocke auch rühren

Kriegshandlungen: Außerdem soll aus jedem Kirchspiel ein dachlich [Hausbesitzer] möglichst 2, ein Pächter, eine Person zur Befestigung der Landwehr schaffen also für die Verteidigung des Dorfes. Wer sich aber mit einem Rohr [Gewehr] bereithalten will, und wenn man die Glocke rührt mit einem geladenen Rohr an der Kirche finden lasse, soll von abgesagtem graben [schanzen] befreit sein.

Jagd: Außerdem soll Niemand an verschiedenem Wild sich vergreifen, der nicht dazu berechtigt ist. Da aber Jemand einen älteren Wolf fällen konnte, soll zehn holländische Taler haben.Da auch Jemand einen Hund hätte, der auf Wild ansetzt, denselben soll er die vordersten Glieder an jedem Fuß abhauen.

Krankenpflege: Es soll auch keiner nach heute diesem Schreiben bei einer Heilkundigen, bei einem Barbier oder Meister mehr sich behandeln, heilen oder verbinden lassen, denn bei Meister Frantzen in Dorsten; der soll allen möglichen Fleiß anwenden; dass den Leuten sobalds immer möglich geholfen und über die Bittrichkeit [also das bittere Mittel oder das schmerzhafte behandeln] nicht beschweret werden.  Wer dem zuwider handelt und 25 Goldgulden bezahlt hat, der soll deswegen vom Henker eingezogen und am Leibe gestrafet werden. – Danach hat ein Jeder sich zu richten. Besiegelt zu Lembeck am 12. Oktober 1592, Herr zu Lembeck

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