Bürgermeister Burich wollte seine Hochzeitsnacht ungestört verbringen
Nachdem der lutherische Schwedenkönig Gustav Adolf 1632 bei Lützen gefallen war, drangen die Truppen des Landgrafen Wilhelm von Hessen-Kassel, Parteigänger des Schweden, in Westfalen ein und eroberten Soest, Lippstadt, Attendorn, Werl, Hamm, Dortmund, Recklinghausen und am Aschermittwoch 1633 die Stadt Dorsten, der sich die feindlichen Truppen durch Verrat und Nachlässigkeit des Bürgermeisters Burich und des Stadthauptmanns Wolfrath im Handstreich bemächtigten.
Die Überlieferung erzählt, dass Bürgermeister Johann Burich am Karnevalsdienstag seine Hochzeit feierte, als ihm der Anmarsch des Feindes schriftlich gemeldet wurde. Burich behielt die Schreckensmeldung für sich, weil er seine Hochzeit nicht gefährden wollte. Und es soll einen Spion der Hessen gegeben haben, der schon seit Tagen als Bettler verkleidet in der Stadt war und den man den „kleinen Jakob“ nannte. Als dieser vernahm, dass der Bürgermeister keine Anstalten machte, die Stadt zu verteidigen, überredete er den Stadthauptmann Wolfhardt, dem Verhalten des Bürgermeisters zu folgen. So kamen die Hessen am nächsten Tag ohne Ahnung und Wissen der Bürgerschaft und daher ohne wesentlichen Widerstand in den Besitz der Stadt und holten den Bürgermeister am Aschermittwoch frühmorgens aus seinem Hochzeitsbett.
Zweimonatige Belagerung der Stadt endete mit der Eroberung
Der Landgraf von Hessen scheute keine Kosten, um Dorsten stark zu befestigen, wobei auch die Bewohner der Nachbargemeinden helfen mussten. Dorsten sei „das Hauptbollwerk seiner Macht“, erklärte der Landgraf, verbannte die Franziskaner nach Recklinghausen und machte aus dem Kloster das Hauptarsenal der hessischen Truppen. Nachdem 1636 dem kaiserlichen General von Götz(en) die Zurückeroberung der Stadt missglückte, rückte 1641 der kaiserliche Feldmarschall Graf Melchior von Hatzfeld gegen die Stadt vor. Nach zweimonatiger Belagerung und täglichem Beschuss durch 30 schwere Kanonen und 900 Granaten von 120 bis 180 Pfund Gewicht konnte er die Stadt einnehmen. Der hessischen Besatzung unter dem Befehlshaber Johann von Geyso, deren Truppenstärke in den zwei Monaten Belagerungskampf von 2.000 auf 650 geschrumpft war, durfte ehrenvoll abziehen. In dem 1447 von Matthaeus Merian herausgegebenen „Theatrum Europaeum“ heißt es: „Es war eine ganz und gar verarmte Stadt, die zurückblieb, als die Hessen am 19. September abzogen.“
Alle Herrensitze besetzt
Die Hessen hatten auch alle Herrensitze besetzt, darunter bis 1641 Schloss Lembeck unter General-Lieutenant Graf Peter Melander von Holzappel, dem die Herrlichkeit durch Kriegsrecht verliehen wurde. Er ließ den Baumbestand abholzen und verkaufte das Holz nach Holland. Der ligistische General Alexander II. von Velen zu Raesfeld verhandelte mit Holzappel um Lembeck, als Holzappel der Witwe Westerholt das Schloss und die Herrschaft gegen Bezahlung zurückgeben wollte, was diese ablehnte. Danach mussten die Hessen auch ohne „Entschädigungszahlung“ Lembeck räumen. Nach ihrem Abzug summierten sich Schaden und Besatzungskosten auf 9.113 Reichstaler. Damals entstand wegen der Bestechlichkeit der Generale das noch Mitte des 19. Jahrhunderts gebräuchliche Sprichwort:
„Milander sprak tho Velen:
Lot us dat Mönsterland delen.
elen sprak tho Milander:
Nimm du’t een und ik’t ander.“