Nachgeborene Söhne wurden Kötter, Brüder oder Soldaten
In germanischer Zeit und im frühen Mittelalter war es die Regel, dass eine Familie einen Hof bewohnte und bewirtschaftete. Sieben Familien bildeten eine Sippschaft und zusammen mit ihren Höfen eine Bauerschaft. Mehrere Sippschaften machten eine Hundertschaft aus und mehrere Hundertschaften die Gaugenossenschaft. Fünf Gaugenossenschaften bildeten den Stamm und drei Stämme das Gesamtvolk. Der älteste Hof war zumeist der vornehmste und bildete den Mittelpunkt einer Bauerschaft (Oberhof, Haupthof). Er gab der Bauerschaft den Namen: Holsterhausen, Brosthausen (Brosthaus), Lasthausen, Deuten, Stroick. Der Bewohner des Haupthofes war der Hauptmann der Bauerschaft. Bei ihm versammelten sich die Insassen der „Unterhöfe“ zur „Hofsprache“, auf der nicht nur gezecht und gejagt, sondern vor allem anstehende Probleme der Gemeinschaft besprochen und geregelt wurden: Wege- und Brückenanlagen, Landverteilung, Abgaben und Dienstleistungen für die Gemeinschaf sowie Streitigkeiten. Vergehen wurden gerichtet und mit Strafen geahndet. Es war ein Bauerngericht, der Hauptmann war der Bauernrichter, Bauermeister und Schulze. Der Name Dorfschulze hat sich bis ins 20. Jahrhundert als Bezeichnung des Dorf-Bürgermeisters erhalten und kommt heute noch in den Familiennamen „Schulte“ und „Schulze“ vor.
In Westfalen erbte der älteste Sohn mit dem Recht des Erstgeborenen, dem Anerbenrecht, den Hof der Eltern. Die nachgeborenen Söhne konnten in der Hofgemeinschaft verbleiben, wenn die Erträge des Hofes dies erlaubten. Da dies häufig nicht der Fall war, gingen etliche der nachgeborenen Söhne ins Kloster, wurden Geistliche oder Soldaten. Sie konnten aber auch Neusiedler werden. Bau- und Siedlungsland wurde ihnen auf der Hofsprache zugesprochen. Den Neusiedler nannte man Kolon (Kolonist), sein Anwesen Kotten. Der älteste Sohn war der Vollerbe, der Kötter Eineinhalb- oder Einviertel-Erbe, was bei der Markenbenutzung (Gemeinschaftseigentum) unterschiedliche Rechte und Pflichten mit sich brachte.
Heutige Regelungen
Die Höfeordnung gilt heute in Hamburg, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein. In Baden-Württemberg, Bremen, Hessen, und Rheinland-Pfalz existieren landesgesetzliche Hoferbenregelungen. Keine höferechtlichen Sonderregelungen existieren im Saarland und Berlin sowie in den neuen Ländern und Bayern, wo aber eine Anerbensitte in Form der lebzeitigen Hofübergabe weit verbreitet ist.
Juristisch unterliegt ein Hof der Höfeordnung, wenn die Hofstelle in einem der betreffenden Bundesländer liegt und ein entsprechender Eintrag im Grundbuch vorliegt. Ein Abweichen von der Höfeordnung ist heute problemlos möglich, es erfordert aber, dass der entsprechende Grundbucheintrag vor dem Eintritt des Erbfalls vom Eigentümer zur Löschung gebracht wird. Nach § 12 Abs. 1 Höfeordnung ist die Abfindung für die Miterben in Geld zu begleichen und zwar in Höhe des Eineinhalbfachen des zuletzt festgesetzten Einheitswertes, wovon jedoch nach billigem Ermessen abgewichen werden kann.