Humbert, Hotel

Von der Schankstube mit Posthalterei zum modernen Hotel

An der B 58 in Altwulfen liegt das traditionelle Hotel Humbert, das als Schankwirtschaft in einem Raum des Hauses 1823 mit Gustav Humbert seinen Anfang nahm und heute in der 5. Generation bewirtschaftet wird. Beim Bau des Gebäudes hatte man wegen des allgemein noch kaum trocken gelegten Sumpfgeländes die Probleme, ein festes Fundament zu errichten. Daher wurde das Fundament aus Baumstämmen gelegt und darauf das Haus gebaut. So ist übrigens auch das Fundament für das nahe Schloss Lembeck entstanden. Haus Humbert steht zudem über dem Dorfbach, der damals in den Wienbach mündete.

Hotel Humbert

Traditionsreiches Hotel Humbert 1964 an der B 58 in Wulfen

Schlafstellen für Postkutschen-Reisende

1854 kam zur Schankstube eine Post- und Zollstation hinzu, zu der man nicht nur seine Briefsachen bringen konnte. Man hatte die Möglichkeit, von hier nach Wesel oder in Richtung Münster zu fahren. Denn die Postkutschenlinie zwischen diesen beiden Städten richtete bei Humbert eine Haltestelle ein. Daher sorgte die nunmehrige Posthalter-Familie unter Gustav Humbert jun., dessen Vater Oberförster auf Schloss Lembeck war, auch für Schlafstellen für Reisende und verabreichte Speisen und Getränke. Wenn Gustav Humbert jun. in seiner kleinen Posthalterei seinen Dienstgeschäften nachging, kümmerte sich seine Frau Anna um die Gäste. Als deren Sohn Gustav (III), geboren 1864, im Jahre 1894 Gastwirtschaft, Hotel und Posthalterei übernahm, setzte er ein persönliches Markenzeichen. Es war seine blaue Schürze, die er immer trug,  Anfang des letzten Jahrhunderts musste der Reisedienst mit Postkutschen der Eisenbahn weichen und aus dem kleinen Büro der Posthalterei im Hause Humbert wurde 1876 ein Lebensmittelgeschäft. Eine kleine Tankstelle vor dem Hotel versorgte bis Anfang der 1930er-Jahre den aufkommenden Automobilbetrieb mit Benzin.

Montags war traditioneller Wiegetag – da wurde das Vieh gewogen

Georg Humbert (geb. 1864)

Gustav Humbert III., geboren 1864, war Junggeselle und dazu ein frommer Mann. Doch die Fortsetzung der Familientradition schien an ihm zu scheitern. Quasi im letzten Moment, kurz vor seinem 50. Geburtstag, fand der bis dahin eingefleischte Junggeselle doch noch eine Frau, die vier Kinder gebar. Hinter der Gastwirtschaft war noch eine Scheune, in der die Bauern sonntags vor dem Gottesdienst ihre Gespanne ließen. Die Hauschronik der Humberts sagt darüber aus, dass die Bauern, bevor sie in die Kirche gingen, sich bei Gustav Humbert ein „Pinneken“ Korn ausschenken ließen. Da sie aber den Zorn des Pastors fürchteten, tranken sie den Korn nur an, um ihn nach der Messe, wenn die Frauen Lebensmittel einkauften, in Ruhe zu Ende zu trinken. Dafür zahlten sie ihren Groschen, der noch eine Zigarre beinhaltete. Montags war bei Humbert traditioneller „Wiegetag“. Dann wurde mit einer eigens dafür aufgerichteten Waage das Vieh gewogen, das in der jeweiligen Woche verkauft werden sollte. Diese Viehwaage hat zwei Kriege überstanden und stellte ihren Betrieb erst in den 1960er-Jahren ein.

Als Bahnhofshotel nach 1945 wieder aufgebaut

1940 übernahm Sohn Bernhard Humbert von seinem damals 75-jährigen Vater die Gaststätte, wurde Soldat und kam erst 1948 aus der Kriegsgefangenschaft zurück. Er fand ein von Bomben teilweise zerstörtes und von Plünderern heimgesuchtes Hotel vor. Er heiratete und machte sich an den erweiterten Wiederaufbau. Durch den großen Saal, der auch in gemütliche kleine Säle für Familienfeiern aufgeteilt werden kann, kamen auch größere Gesellschaften, Hochzeiten und Beerdigungen. Wegen der Nähe des Bahnhofs Wulfen hieß das Hotel zuerst „Bahnhofshotel Humbert“. Nachdem Wulfen keine Haltestation mehr war, bekam das Hotel seinen heutigen Namen. Das Gästebuch des Hotel weist etliche berühmte Namen auf: Außenminister Hans-Dieter Genscher, Carmen Thomas vom Ü-Wagen (WDR), Bischof Lettmann von Münster, Schauspieler, Showmaster und Sänger wie Hans Peter Korf, Lou van Burgh, Tony Marshal und Hans Wader. Als Beispiel für besondere Treue sei hier noch ein Gast aus Willing erwähnt, der seit über sechzig Jahren bei Humbert in Wulfen übernachtet (Schlafstellen gab es ja schon vor dem Hotelbau). In den 1980er-Jahren übergab Bernhard Humbert das Lokal und Hotel seinem Sohn Bernd Humbert jun. und dessen Frau Renate.

Bernd Humberts Lieblingsort in der Gaststätte war der Tresen

1980 übernahm der 1957 geborene Bern Humbert das Hotel-Restaurant Humbert. „Das waren damals noch goldene Zeiten für die Gastronomie. Es gab viele große Feiern, das macht man heute nicht mehr so“, erinnert sich seine Frau Renate. Die beiden lernten sich kennen, als Renate 1987 als Wirtschafterin im Hotel Humbert anfing. Bereits ein Jahr später feierten die beiden ihre kirchliche Verlobung in Münster. „Mein Schwiegervater war sehr katholisch und hat darauf bestanden“, erinnert sich Renate Humbert im Gespräch mit der „Dorstener Zeitung“. Nach einem Polterabend mit fast 1000 Gästen wurde 1989 Hochzeit gefeiert. 1992 wurde ihr Sohn Bernd Hendrik, 1996 ihre Tochter Katharina geboren. Bernd Humbert war Mitglied im Allgemeinen Bürgerschützenverein Wulfen, im Kegelclub und lange Zeit auch im Wirteverein. Mit dem Kegelclub machte er große Reisen – unter anderem nach Brasilien oder Sankt Petersburg. In den 1990er-Jahren wurde das Haus von Grund auf renoviert.
Bernd Humberts Lieblingsort in der Gaststätte war der Tresen. „Das Zapfen hat er sich so gut wie nie abnehmen lassen. Er hat sich gerne mit den unterschiedlichsten Menschen unterhalten, über Politik und Fußball diskutiert, Witze erzählt, viel gelacht“, zitiert die Lokalzeitung seine Witwe. Zu Stammgästen setzte sich ihr Mann auch gerne mal an den Tisch. Um mitreden zu können, sei daher an jedem Morgen die Tageszeitung Pflichtlektüre gewesen. Zum Pflichtprogramm gehörte für den Gastwirt auch die Radiomesse am Sonntag.
„Er hat eine wahnsinnige Menschenkenntnis gehabt und so mehrmals Zechpreller entlarvt“, erzählt Renate Humbert. Privat hielt er eine lange Zeit Hunde, interessierte sich für Technik und Zaubertricks, hackte gerne Holz. Gemeinsam mit seiner Frau besaß er früher ein Boot, mit dem sie auf Rhein und Kanal, aber auch der Nord- und Ostsee unterwegs waren.

Letztes Geleit des Schützenvereins Wulfen für Bernd Humbert

Bernd Humbert starb 66-jährig Ende Februar 2023. Der Schützenverein Wulfen trauert um sein langjähriges Mitglied und seinen Vereinswirt. Das Seelenamt für den Verstorbenen wurde in der St.-Matthäuskirche gefeiert. Anschließend war die Beisetzung auf dem Friedhof zum Kottendorfer Feld. Die Schützen trafen sich nach der Messe mit Fahne und Vereinsmütze vor dem Pastorat zum letzten Geleit. Während Frau und Sohn das Hotel weiterführen, bleibt das Restaurant an der Dülmener Straße aktuell geschlossen. „Veranstaltungen, die gebucht sind, werden stattfinden können. Wie es mit dem Restaurant insgesamt weitergeht, wird sich in den nächsten Wochen zeigen“, sagt Renate Humbert.


Quelle:
Nach Peter Bertram in Christian Grubers Wulfen-Wiki.

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