Pfarrer war kein „bekennender Christ“, dennoch im Visier der Gestapo
1904 in Gladbeck bis 1990 in Dorsten; evangelischer Pfarrer. – In guten wie in schlechten Zeiten, die für einen evangelischen Pastor mit 38 Jahren ungewöhnlich lange waren, leitete er die Geschicke der evangelischen Kirchengemeinde Dorsten. Ernst Glauert trat im Januar 1932 die Pfarrstelle an und wurde 1970 pensioniert. Dazwischen lagen Jahre der politischen Bedrohung, des Krieges, des Hungers, des Aufbaus und des Wirtschaftswunders, der Zuwendung und der Abwendung von der Religion.
Er studierte bei Bultmann und Heidegger Theologie
Als Sohn eines Pastors 1904 in Gladbeck geboren, studierte Glauert in Bethel und Münster, Marburg und Berlin Theologie; Heidegger und Bultmann waren seine Lehrer. 1931 wurde er ordiniert. Zur Kirchengemeinde Dorsten gehörten bei seinem Amtsantritt neben der heutigen Altstadt noch die Gemeinden Ulfkotte, Tönsholt, bis 1955 auch Kirchhellen, Feldhausen und Grafenwald. 18 Kilometer hatte er von der einen bis zur anderen Grenze seines Pfarrbezirks mit dem Fahrrad zurückzulegen. Aber nicht nur Gottesdienste in Dorsten, Feldhausen und Kirchhellen standen auf seinem Plan, er war auch Krankenhausseelsorger und als Religionslehrer am Gymnasium Petrinum, an der Ursulinenschule und an der Landwirtschaftsschule tätig. Bis zur Schließung des Gefängnisses im Jahre 1969 betreute er auch die Gefangenen.
Zuerst Lazarettpfarrer in Dorsten, dann an die Ostfront
Ab 1937 saß die Gestapo in Glauerts Gottesdiensten und bedrohte ihn im Pfarrhaus. Glauert ließ sich nicht einschüchtern, sondern predigte am nächsten Sonntag nach dem Lutherwort „Das Wort sie sollen lassen stahn!“ Doch fehlte ihm der Mut, seine Gemeinde in die „Bekennende Kirche“ überzuführen, die offen kritisch dem Regime gegenüberstand, wie es sein Holsterhausener Amtsbruder Krüsmann tat. Bei Kriegsbeginn wurde Ernst Glauert Lazarettpfarrer in Dorsten, bis ihn 1943 die Wehrmacht einzog. 1945 geriet er in Belgien in Gefangenschaft. Zwei Jahre später kehrte er nach Dorsten zurück, wo erst einmal Aufbauarbeit geleistet werden musste. Pfarr- und Gemeindehaus waren durch Bomben stark beschädigt, viele Flüchtlinge aus dem protestantischen Osten ließen Glauerts Gemeinde in den Zeiten der Not stark anwachsen. Auch fanden etliche Dorstener zu ihrer Kirche zurück, die sie in nationalsozialistischer Zeit verlassen hatten.
Thomas Manns „Zauberberg“, Fontane und Storm
Zeit seines Lebens las er Thomas Mann. Den „Zauberberg“ kannte Glauert, der Hebräisch, Griechisch, Französisch, Englisch und Latein sprach, fast auswendig. Nach seiner Pensionierung 1970 nahm er sich die Zeit, seine anderen Lieblingsschriftsteller Fontane und Storm intensiver zu lesen, wozu ihn seine Bodenständigkeit – Glauert reiste nicht viel – sehr entgegenkam. Er starb 1990 und ist in einem Familiengrab auf den evangelischen Friedhof an der Gladbecker Straße bestattet.