Vom Bundespräsidenten gibt es eine Urkunde und 500 Euro für das 7. Kind
Früher gratulierten der Reichspräsident auf Antrag der Eltern ab dem 7. Kind und der preußische Ministerpräsident ab 1928 vom 12. Kind an (ab 1930 ab dem 10. Kind). Ehrenpatenschaften gab es schon zu Kaisers und zu Preußens Königszeiten. Die Dorstener Jüdin Julia Eisendrath (1793 bis 1878) hatte 23 Kinder, von denen 18 überlebten. Ihr Mann starb 1857. Er, so hieß es, sei vom preußischen König dreimal ausgezeichnet worden, und zwar nach jedem siebten Kind. Nach dem Ende der Monarchie ruhte dieser Brauch, bis er 1926 erneut geschaffen wurde. Im Gegensatz zu Kaisers Zeiten, wo hintereinander mindestens sieben lebende Knaben geboren werden mussten, erfolgte die Übernahme der Ehrenpatenschaft in der Weimarer Republik beim Vorhandensein von sieben (beim preußischen Ministerpräsidenten von zehn) lebenden Kindern gleich welchen Geschlechts, oder ob dazwischen Kinder gestorben waren. Die Kinder in derselben Familie mussten aber von demselben Vater abstammen.
Entweder Minister- oder Reichspäsident Ehrenpate
Der preußische Ministerpräsident übernahm ab 1928 die Ehrenpatenschaft für das 12. Kind und ab 1930 bereits für das 10. Kind. In besonderen Fällen war auf ausdrücklichen Wunsch der Eltern die Übernahme für das 7., 8. oder 9. Kind möglich, wobei die Eltern aber auf das Geldgeschenk von 30 Mark verzichten mussten. In jedem Falle wurde die Ehrenpatenschaft nur einmal übernommen. Nach Wahl der Eltern konnte entweder der Ministerpräsident oder der Reichspräsident Ehrenpate werden. Das Geldgeschenk wurde nur bei Bedürftigkeit gezahlt. Bis 1936 wurde die Ehrenpatenschaft für das 7. oder nachfolgende Kind – jedoch in einer Familie nur einmal – übernommen, ab 1936 erst für das 9. Kind oder den 7. Sohn.
Zwischen 1926 und 1930 waren im Bezirk der Herrlichkeit Lembeck vom Reichpräsidenten 20 und vom preußischen Ministerpräsidenten 19 Ehrenpatenschaften übernommen worden. Der Reichspräsident schenkte 400 und der Ministerpräsident 370 Mark. Der Kreis und die Gemeinde haben sich durch Sparbücher bzw. Barbeträge zwischen 50 und 100 Reichsmark beteiligt. Nach Wahl der Eltern konnte entweder der Ministerpräsident oder der Reichspräsident Ehrenpate werden. Das Geldgeschenk wurde nur bei Bedürftigkeit gezahlt. Ab 1936 wurde die Ehrenpatenschaft durch Adolf Hitler als Reichspräsident erst für das 9. Kind oder den 7. Sohn übernommen.
Im Nationalsozialismus
Im Dritten Reich rief die Übernahme von Ehrenpatenschaften durch Adolf Hitler auch Kurioses hervor. So schrieb Werner M. zum 9. November 1933 (Jahrestag des niedergeschlagenen „Hitlerputsches“ 1923):
„Während der gestrige Tag ein Tag der Trauer, aber auch ein Tag der geistigen Erbauung war, wurde mir, dem Sturmmann und Kämpfer seit 1927, mein erstes Kind, ein kräftiger Knabe und zukünftiger SA-Mann geboren. Darf ich, mein Führer, bitten, eingedenk des für uns Nationalsozialisten bedeutungsvollen Tages, […] die Patenschaft zu übernehmen? Ihr Kameradschaftsgefühl, mein Führer, ist ja so groß […].“
Antwort: Der „Führer“ wolle wegen des Andrangs Patenschaften nur noch in Ausnahmefällen übernehmen, ab dem 7. Sohn und dem 9. lebenden Kind.“ – In Dorsten gibt es in Privatbesitz das Sparbuch eines Mannes, der 1944 geboren wurde und dessen Vater prominent war. Das Sparbuch, ein Geschenk der ortsansässigen Bank zu seiner Geburt, ist auf seinen Namen am Tage seiner Geburt ausgestellt worden und hat an diesem Tage auf der Haben-Seite drei Eintragungen: 5 Reichsmark vom NSDAP-Ortsgruppenleiter, 100 Reichsmark von der Bank, 100 Reichsmark vom Bürgermeister seines Geburtsortes und 100.000 Reichsmark als „Führer-Dotation“ des Reichspräsidenten (und Führers).
In der Bundesrepublik
In der nach dem Krieg neu gegründeten Bundesrepublik entschloss sich Bundespräsident Heuss unmittelbar nach seiner Wahl im Herbst 1949, die alte Gepflogenheit der Übernahme der Ehrenpatenschaft durch das Staatsoberhaupt wieder aufzunehmen. Er legte besonderen Wert darauf, dass die Antragstellung von den Kindeseltern aus freiem Entschluss erfolgte. Er wollte so auf jeden Fall vermeiden, dass von Seiten „des Staates“ irgendein Druck ausgeübt wurde. Die „Allgewalt“ des Staates über alle menschlichen Bereiche aus der vorangegangenen Periode war noch in unliebsamer Erinnerung. Voraussetzung für die Übernahme war seinerzeit u. a., dass das Kind nach dem 12. September 1949, dem Tag der Wahl des Bundespräsidenten, geboren wurde.
Gegenwärtig übernimmt der Bundespräsident auf Antrag der Eltern die Ehrenpatenschaft für das siebte Kind einer Familie. Ist der Antrag für das Kind unterblieben, kann er auch für ein später geborenes Kind der Familie gestellt werden. Die Ehrenpatenschaft wird in einer Familie nur einmal übernommen. Zum Zeitpunkt der Antragstellung müssen einschließlich des Patenkindes mindestens sieben lebende Kinder zur Familie zählen, die von denselben Eltern, derselben Mutter oder demselben Vater abstammen. Adoptivkinder sind den leiblichen Kindern gleichgestellt. Das Patenkind muss Deutsche(r) sein. Die Ehrenpatenschaft hat in erster Linie symbolischen Charakter und ist mit der Taufpatenschaft nicht zu vergleichen. Bei Übernahme der Ehrenpatenschaft überweist der Bundespräsident derzeit 500 Euro als Patengeschenk
Dorstener Patenkinder der Bundespräsidenten
Insgesamt wurden seit 1949 etwa 81.500 Ehrenpatenschaften übernommen. Bundespräsident Horst Köhler hat in seiner ersten Amtszeit (von Juli 2004 bis Juni 2009) insgesamt 3260 Ehrenpatenschaften übernommen. In Wulfen-Barkenberg übernahm Horst Köhler 2007 die Patenschaft über die damals drei Monate alte Amy. Sie war das 7. Kind der Familie Wiegand. Das Patengeschenk des Bundespräsidenten überreichte die stellvertretende Bürgermeisterin Briefs. Bundespräsident Gauck brachte es auf über 2200 Patenkinder (Stand: Mai 2016). Bundespräsident Christian Wulff übernahm 2011 die Ehrenpatenschaft über das siebte Kind namens Mensor der Holsterhausener Familie Perparim und Silvana Krujetzi, die 1999 aus dem Kosovo nach Deutschland kam. Bürgermeister Tobias Stockhoff überbrachte Ende Mai 2016 im Namen des Bundespräsidenten Jennifer Schneider und ihrem Partner Daniel Reusch die Patenschaftsurkunde und 500 Euro für deren 7. Kind Bruno. Im Jahr 2020 übernahm der Bundespräsident die Ehrenpatenschaft für die gerade zwei Monate alte Zainab der Familie Ayesha in Wulfen. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier übernahm im Oktober 2022 die Ehrenpatenschaft für die einjährige Lilli Irene Kempista. Dorstens Bürgermeister überbrachte der Familie die vom Bundespräsidenten unterschriebene Urkunde,das Patengeschenk 500 Euro sowie einen Stoff-Teddybär und Gutscheine für das Freibad Atlantis. Lilli Irene ist das siebte Kind der Feldmärker Familie.
Die Ehrenpatenschaft des Bundespräsidenten hat symbolischen Charakter. Der Bundespräsident bringt mit der Ehrenpatenschaft die besondere Verpflichtung des Staates für kinderreiche Familien zum Ausdruck. In Dorsten ist es eine absolute Ausnahme, Ehrenpatenkind des Staatsoberhauptes der Bundesrepublik zu sein. Seit dem Amtsantritt von Tobias Stockhoff im Jahr 2014 hat er die Glückwünsche des Bundespräsidenten zuvor erst dreimal überbracht. Stellen Eltern einen Antrag, übernimmt der Bundespräsident die Ehrenpatenschaft für das siebte Kind einer Familie. Ist der Antrag für das Kind unterblieben, kann er auch für ein später geborenes Kind der Familie gestellt werden, heißt es von der Stadt in einer Pressemitteilung. Die Regel: Zum Zeitpunkt der Antragstellung müssen einschließlich des Patenkindes mindestens sieben lebende Kinder zur Familie zählen, die von denselben Eltern, derselben Mutter oder demselben Vater abstammen.
Gratulationen bei Alters- und Ehejubiläen
In- und ausländischen Alters- und Ehejubilaren gratuliert der Bundespräsident zur Vollendung des 100. und des 105. Lebensjahres und zu jedem folgenden Geburtstag. Ehepaaren gratuliert er aus Anlass des 65., 70. und des 75. Hochzeitstages. In der ersten Amtszeit (2004 bis 2009) hatte Bundespräsident Horst Köhler insgesamt 50.399 Jubilaren gratuliert.