Gelände des Unternehmens am Beerenkamp mit Teeröl kontaminiert
Einer der ältesten Betriebe Dorstens ist die Dachpappen- und Teerproduktenfabrik Dr. Kohl im Gewerbegebiet Beerenkamp. 1870 gründete Josef Pootmann in der Nähe der alten Post zwischen Feldhausener Straße und Kirchhellener Allee eine Fabrik, die Asphalt- und Wachspapier herstellte. Die Erzeugnisse dienten zum Isolieren und zur wasserdichten Verpackung von Maschinenteilen für den Export. Als Ende des letzten Jahrhunderts ein Feuer die Anlagen vernichtete, legte Pootmann in der Feldmark II den Grundstock zur Dachpappen- und Teerproduktionsfabrik. Nachdem die Firma mehrmals den Besitzer gewechselt hatte, erwarben im Mai 1914 die Inhaber der Dachpappenfabrik Zimmermann in Köln-Mülheim, Kohl und Zimmermann, von dem Bankhaus de Weldige-Cremer die Dorstener Fabrik und statteten sie mit modernsten Maschinen aus. Die Produkte der Teerpappen wurden stets verbessert, so dass der Verband der Dachpappenindustrie die Firma 1950 mit dem Gütesiegel auszeichnete. Bis 1960 arbeitete die Firma auf Teerölbasis, was zu erheblichen Schädigungen des Bodens geführt hatte. Kontaminierungen finden sich teilweise bis in fünf Metern Tiefe, Schäden haben sich Richtung Osten bis hin zu Wohngrundstücken, einer Ackerfläche und einem Bach ausgebreitet. In den 1980er-Jahren ging das Unternehmen in Konkurs. Im Jahre 2001 wurde die Fabrik stillgelegt und 2008 teilweise abgerissen. Die Sanierung des kontaminierten Geländes dauerte mit Verzögerung bis 2016.
Im Umkreis von 100 Metern verseuchter Boden: 10.000 qm-Fläche
Stadt und Land NRW sind bemüht, das Fabrikareal für die Ansiedlung neuer Betriebe zu erschließen. Vorher muss allerdings der belastete Boden saniert werden. Rund 3,3 Millionen Euro dürfte die Entsorgung und Wiederaufbereitung des Bodens an der Straße „Auf dem Beerenkamp“ laut Gutachten kosten. Dazu kommen noch einmal rund eine Million Euro, um das 10.000 qm große Gelände baureif zu machen, wobei der Gesamtanteil von Stadt und Kreis 300.000 Euro betragen wird. 80 Prozent der gesamten Sanierungskosten übernimmt der Altlastensanierungsverband (AAV). Seit 2005 wurden das Fabrikgelände und dessen nähere Umgebung mehrmals auf Schadstoffgehalte im Boden, im Grundwasser, im Oberflächenwasser und in der Luft untersucht. Dabei zeigten sich erhebliche und weiträumige Belastungen des Untergrundes. Hauptübel sind die bei der Dachpappenproduktion bis etwa 1960 eingesetzten Teeröle. Ihre Bestandteile wurden in einem Umkreis bis etwa 100 Metern nachgewiesen (rund 10.000 Quadratmeter).
Langwieriges Sanierungsverfahren des Erdreichs auf dem Gelände
Die Stadt beantragte beim Amtsgericht Dorsten die Zwangsversteigerung des einen Hektar großen Fabrikgeländes. Für das Gelände gibt es ein Rückbaukonzept, es soll nach der Sanierung mit Wohnungen bebaut werden. Dazu muss die Stadt erst Eigentümerin werden. Der in Privatinsolvenz befindliche Geschäftsführer der aufgelösten Dachpappenfabrik, der sich von einem Anwalt vertreten lässt, will das Gelände nicht für einen symbolischen Preis an die Stadt verkaufen und würde einem Verkauf nur dann zustimmen, wenn seine Honorarforderungen an seinen Mandanten durch die Stadt oder einem Dritten beglichen werden würden. Das lehnt die Stadt wegen des Fehlens von rechtlichen Grundlagen ab.
Areal für Wohnungsbau vorgesehen
Im November 2011 kam es dann doch zur Zwangsversteigerung des Areals, bei der die Stadt die einzige Bieterin war. Für 5100 Euro erhielt sie den Zuschlag, wobei diese Summe lediglich der Deckung der Gerichtskosten dient. Die kontaminierte Fläche wird nun abgesichert. 2012 sollte mit dem Abbruch der alten Fabrikgebäude begonnen, der Boden im Bereich einer tief reichenden Teerölgrube und einer ehemaligen Teeröl-Destillationsanlage ausgetauscht und danach die alten Bodenschichten auf dem übrigen Betriebsgelände entfernt und aufgefüllt werden. Eine Einhausung im Bereich der Schadenszentren verhinderte eine Gefährdung der Anwohner durch schädliche Emissionen wie Gase und Stäube. Etwa 26.000 Tonnen kontaminierter Boden mussten abtransportiert werden, das entspricht etwa 1100 Sattelzügen. 10.000 Tonnen sauberer Boden werden für die Auffüllung herangeschafft (450 Sattelzüge). Beim Gebäuderückbau fielen 5000 Tonnen Beton, Bauschutt und Eisenschrott an. Nach der Sanierung steht das Gelände für die Wohnungsbebauung zur Verfügung. Die Bodensanierung der rund 10.000 Quadratmeter großen Fläche sollte im Mai 2016 beendet sein, was sich wegen der Altlastenbeseitigung verzögerte.
Sanierung des Geländes abgeschlossen – Platz für 50 Wohneinheiten
17 Jahre nach der Insolvenz der ehemaligen Dachpappenfabrik Dr. Kohl können am Beerenkamp Häuser gebaut werden. Die Sanierung des etwa einen Hektar großen Areals wurde 2018 abgeschlossen. Am Beerenkamp waren mehr als 100 Jahre Teer- und später Bitumenpappen als Dachbelag- und Bautenschutz produziert worden. Zehn Jahre nach der Pleite von Dr. Kohl ersteigerte die Stadt Dorsten 2011 das verseuchte Gelände. Bis 2017 wurden alte Fabrikhallen demontiert, wurde belasteter Boden bis zu sechs Metern tief abgetragen und ersetzt. Über drei Millionen Euro kostete die Total-Sanierung, die Stadt war mit etwa 600.000 Euro daran beteiligt, dass Zehntausende Tonnen Abfall abtransportiert und fachgerecht entsorgt werden konnten. Auf dem Gelände des ehemaligen Metallverarbeitungsbetriebes an der Straße „Auf dem Beerenkamp“ sollen 28 Einfamilienhäuser entstehen (Stand: Mitte 2019).
Wohngebiet auf dem Beerenkamp nahm 2020 letzte politische Hürde
Gut anderthalb Jahre waren dort Baumaschinen im Einsatz. Der Erdboden musste saniert werden – die gewerblichen Vormieter hatten Bauschutt, Bodenschwellen, Schotter und Sperrmüll aufgehäuft. Bald kann es aber mit der Neubebauung losgehen: Denn der Stadtrat fasste bei seiner letzten Sitzung im Jahr 2020 den Satzungsbeschluss für den 2. Abschnitt des Bebauungsplans „Auf dem Beerenkamp/Schwickingsfeld“. Und so wird der Immobilien-Investor (ESTA) nach abschließender Genehmigung auf dem 1,9 Hektar-Gelände Einfamilien- und Doppelhäuser mit 28 Wohneinheiten bauen.
Quellen:
Michael Klein in DZ vom 21. Oktober 2009. – Ders. „Sanierung des kontaminierten Geländes dauert noch“ in DZ vom 14. Januar 2011. – Martin Ahlers „Dr.-Kohl-Abriss kann beginnen“ in WAZ vom 9. November 2011. – DZ vom 31, Dez. 2020.