Vielversprechender Start im Jahr 1994 blieb leider ohne Fortsetzung
Zusammen mit der Theodor-Heuss-Akademie und der Israel-Stiftung des Kreises Recklinghausen lud der Deutsch-Israelische Freundeskreis Dorsten-Hod Hasharon unter Teilnahme vieler Bürger und der politischen Prominenz 1994 zur mehrtägige Tagung „Dorstener Herbstgespräche“ mit dem Titel „Deutschland im Umbruch. Selbstverständnis – Verunsicherung, Fremdheit“ mit Vorträgen, Theater, Diskussionen, Musik und Kunst in die Aula des Gymnasium Petrinum ein. Organisationsleiter war Wolf Stegemann, Tagungsleiter Prof. Dr. Werner Springer. Bundespräsident a. D. von Weizsäcker schickte eine Grußbotschaft. Unter den vielen Gästen, darunter Bundestags- und Landtagsabgeordnete, konnte Wolf Stegemann Regierungspräsident Erwin Schleberger, Dorstens Bürgermeister Heinz Ritter, Landrat Helmut Marmulla sowie Oberkreisdirektor Ulrich Noetzlin begrüßen, ebenso jüdische und muslimische Gäste. Hundertzwanzig Tagungsteilnehmer waren gekommen sowie Gäste aus nah und fern. Aus Berlin und Köln, aus Düsseldorf und München, aus Paderborn und Solingen.
Nicht nur in den beiden Lokalzeitungen (Ruhr Nachrichten, WAZ) fand die Veranstaltung einen Resonanzboden. So konnte Stegemann Vertreter der „Süddeutschen Zeitung“ ebenso begrüßen wie die der „Deutschen Presseagentur“ (dpa), des WDR, der „Jüdischen Allgemeinen“, der „Westfälischen Nachrichten“ und der von Türken gemachten Radiosendung „Radio Merhaba“. Wolf Stegemann konnte mit Zwischenapplaus in seiner Begrüßungsansprache mitteilen: „Ich freue mich ganz besonders, dass ich auch jüdische und muslimische Gäste willkommen heißen darf.“ Regierungspräsident Erwin Schleberger ging in seinem Grußwort auf Fremdheit in Deutschland ein. „Die schrecklichen Gewaltausbrüche in Deutschland gegen Ausländer haben Gott sei Dank die Öffentlichkeit wachgerüttelt, haben dazu geführt, dass Tausende durch ihre Teilnahme an Demonstrationen und Lichterketten ihre Position gegen Gewalt unter Beweis gestellt haben. Das war eindrucksvoll und ermutigend. Jedoch: Es reicht nicht aus, wenn man mit der neuen Lage in Deutschland fertig werden will…“
Vorträge, Diskussionen, Kunst-Ausstellungen, Musik, Theater
Zum Thema der Veranstaltung sprachen Prof. Dan Diner (Tel Aviv): „Verunsicherung und Gewaltbereitschaft – Wiederkehr des Vergangenen oder Angst vor der Zukunft?“; Prof. Bernd Schäfer (Münster): „Das Fremde als Herausforderung von Identitätsansprüchen“ ; Prof. Antonia Grunenberg (Bremen): „Demokratische Republik und Bürgerkultur“. An der Podiumsdiskussion beteiligten sich Ignatz Bubis (Vorsitzender des Zentralrats der Juden in Deutschland, Frankfurt), Bundesministerin a. D. Liselotte Funke, Dr. Kartal (Gelsenkirchen) und der TV- und Rundfunkjournalist Gerd Ruge (München). Im Rahmenprogramm gab es ein Konzert des Titi Winterstein-Quartetts (Sinti-Musik) und das Theaterstück „Heute Abend: Lola Blau“ (Trias-Theater). Im Jüdischen Museum Westfalen zeigte der Freundeskreis Dorsten-Hod Hasharon, dessen Mitglieder die Veranstaltung arbeitsmäßig ehrenamtlich stützten, Bilder und Lithografin von Marc Chagall. Am Veranstaltungsort wurden Tuschezeichnungen aus Elisabeth Gräfin von der Schulenburgs „Holocaust“-Zyklus gezeigt. Über die Tagung erschien ein 93-seitiger bebildeter Tagungsbericht in Buchform.
Zu den Bildern – oben: Christian Gruber (Freundeskreis) und Ehepaar Ridder (jüd. Museum); rechts: Pnina Steffe (Israel-Stiftung Kreis Recklinghausen), MdB Waltraud Lehn (Marl), Reg.-Präs. Erwin Schleberger (Münster), Bürgermeister Heinz Ritter, Stadtdirektor Dr. Zahn, MdL Dr, Kasperek (v.l.). Mitte: Angelika Wienert und Gudrun Obereuter (Freundeskreis); rechts: Mechthild Portmann und Karin Niehl (Freundeskreis). Unten: MdL Kasperek mit Wolf Stegemann (Organisationsleiter) im Gespräch, Gerd Ruge mit seiner Tante Tisa von der Schulenburg im Gespräch, Stadtdirektor Dr. Zahn und Wolf Stegemann im Gespräch über das Hausrecht, da ein stadtbekannter Querulant gesichtet wurde. Fotos: Wolfgang Schulz
Siehe auch:
Hod Hasharon (I)