Schrumpfung des Stadtteils war das Stadtentwicklungsziel bis Ende 2014
Wirtschaftsstrukturelle Veränderungen, rückläufige Bevölkerungszahlen, zunehmende Wohnungsleerstände und nicht mehr ausgelastete Infrastruktureinrichtungen erfordern ein städtebau- und wohnungspolitisches Gegensteuern. Die bisher überwiegend auf Wachstum ausgerichtete Stadtentwicklung muss sich folglich in Zukunft auf einen umfassenden Schrumpfungsprozess einstellen: Das bedeutet z. B. den Rückbau nicht mehr marktfähiger Wohnungen, überdimensionierter Straßen, Ver- und Entsorgungsleitungen, aber auch die Schließung oder Umnutzung sozialer Einrichtungen, wie z. B. Schulen, Kindergärten oder kirchlicher Einrichtungen. Schrumpfung und Anpassung an die Bevölkerungsentwicklung werden damit zum Stadtentwicklungsziel. Diese Regenerierung der Stadt wird als „Stadtumbau“ bezeichnet. Erfolg und Akzeptanz hängen maßgeblich davon ab, wie dieser Wandel der Stadt nicht als Verlust, sondern als Gewinn von Lebensqualität und örtlicher Attraktivität im Sinne von „weniger ist mehr“ vermittelbar und erkennbar wird. Bund und Länder unterstützen diesen städtebaulichen Strukturwandel mit den Förderprogrammen „Stadtumbau Ost“ (seit 2002 für Ostdeutschland) und „Stadtumbau West“ (seit 2004 für Westdeutschland). Ein solcher Stadtumbauprozess wurde im Jahre 2006 für Wulfen-Barkenberg eingeleitet und ein Stadtteilbüro eingerichtet. Im Gegensatz zu gewachsenen Ortsteilen wurde Barkenberg im Zuge der Nordwanderung des Bergbaus seit Anfang der 1960er-Jahre als „Neue Stadt Wulfen“ am Reißbrett entwickelt und war als Wohnstandort u. a. für die Beschäftigten der in unmittelbarer Nähe geplanten Doppelschachtanlage Fürst Leopold/Wulfen vorgesehen.
Lediglich Stadtteilbezirk von Wulfen
Aufgrund der weiteren Entwicklung und der nie in geplanter Größe errichteten Schachtanlage ist Barkenberg heute entgegen der ursprünglichen Planungsabsicht weit entfernt von seinen ursprünglichen Ausbauvisionen. Anstelle einer Anfang der 1960er-Jahre auf bis zu 50.000 Einwohner projektierten „Neuen Stadt“ ist Barkenberg heute lediglich ein Siedlungsbereich des Stadtteils Wulfen, in dem bei fallender Tendenz knapp 10.000 Einwohner leben.
Geprägt von einer von überwiegend mittelständischen Familien bewohnten Ein- und Zwei-Familienhaus-Bebauung wies Barkenberg zu Projektbeginn 2004 innerhalb seines Kernbereichs zwischen Barkenberger Allee und Dimker Allee punktuell jedoch Mehrgeschosswohnungsbauten auf, welche im Laufe der Zeit immer stärker durch Migranten und weitere sozial schwache Bevölkerungsgruppen belegt wurden. Durch temporäre Mietsubventionierungen aufgrund erhöhter Leerstände wurden die Wohnungen weiter für Sozialschwache Familien attraktiv.
Umgeben von architektonisch gut gestalteten Eigenheimen stellte der bis zu achtgeschossige Wohnungsbau eine städtebauliche Enklave dar, die im Laufe der Zeit zu Problemen mit Vandalismus, Kriminalität, Drogenhandel, Prostitution etc. führte. Das damit verbundene Negativimage einer vermeintlichen „Großwohnsiedlung Barkenberg“ bzw. eines „Sozialen Brennpunktes Barackenberg“ strahlte im Laufe der Zeit auf den gesamten Stadtteil aus, so dass Wulfen-Barkenberg bei potenziellen Zuwanderern aus Bevölkerung wie Wirtschaft häufig der Ruf eines problembehafteten Stadtteils vorauseilte. Auf diese destabilisierte Bewohner- und Sozialstruktur im Problembereich „Dimker Allee“ und „Talaue“ sowie die zunehmenden Wohnungsleerstände reagierten die Stadt Dorsten und die Landesentwicklungsgesellschaft NRW GmbH (LEG) als Gebäudeeigentümerin seit Beginn der 1990er-Jahre mit umfassenden sozialplanerischen Maßnahmen. Trotz außergewöhnlicher Präsenz im Stadtteil, einem Streetwork-Projekt und weiteren Maßnahmen des sozialen Managements gaben die vielen Teilerfolge jedoch keinen Anlass zu der Hoffnung, mit Instrumenten der Sozialplanung grundlegende Veränderungen herbeizuführen. Die Aufnahme von Wulfen-Barkenberg in das Bund-Länder-Programm „Stadtumbau West“ im Jahre 2004 bot daher die einzigartige Chance, einen durchweg ansprechenden Stadtteil von seinen wenigen – wenngleich in der Auswirkung bedeutenden – städtebaulichen „Lackschäden“ zu befreien, das soziale Milieu zu stabilisieren und einen Imagewandel herbeizuführen.
Eisen-Skulptur erinnert an den Abbruch von Häusern
2009 wurde in der Nähe der Ladenzeile am Himmelsberg ein Erinnerungsdenkmal eingeweiht, das von elf Jugendlichen unter Anleitung von Metallbildhauern geschaffen wurde. Es erinnert an den Abriss vieler Häuser in Barkenberg, die über 40 Jahre lang den Ortsteil prägten. Die rostig-terrakottafarbene Skulptur versinnbildlicht Abriss und Aufbau zugleich; Löcher geben den Blick in das Innere der Eisen-Skulptur auf Fragmente frei, die Jugendliche an den Abbruchhäusern sammelten: Türklinken, Schilder, Gesteinsbrocken der Häuser und anderes. Der Stadtumbau in Barkenberg war in vier Förderabschnitten über die Jahre 2006 bis 2014 konzipiert. Nach Sachstand umfassten die bis zum Projektende getätigten öffentlichen und privaten Stadtumbaumaßnahmen eine Gesamtinvestition von knapp 19 Millionen Euro. Drei Millionen Euro musste die Stadt hiervon als Eigenanteil aufbringen. Die erste Stadtumbauphase beinhaltete überwiegend Abbruchmaßnahmen. Neben dem Abbruch der achtgeschossigen Wohngebäude an der Dimker Allee 35 bis 79 mit insgesamt 244 Wohneinheiten, dem Abriss der Barkenbergschule („Blaue Schule“), des Kindergartens Himmelsberg und der Fußgängerbrücke Dimker Allee erfolgten zwischen 2008 und 2010 Rückbau und Wiederherrichtung der Wohn- und Geschäftsgebäude Dimker Allee 31 bis 33. Im Jahre 2009 wurde die zentrale Nord-Süd-Wegeachse im Kern des Stadtumbaugebietes aufgewertet. Für diesen ersten Förderabschnitt stellten das Land Nordrhein-Westfalen und der Bund Zuwendungen in Höhe von 4,3 Millionen Euro zur Verfügung. Die Stadt Dorsten finanzierte die restlichen Kosten von ca. 1,1 Millionen Euro. Beim 2009 begonnenen zweiten Förderabschnitt standen der Rückbau des Gebäudes Himmelsberg 2 bis 4 sowie die Aufwertung des „Surick-Platzes“ im Vordergrund. 2010 wurden die Gebäude Barkenberger Allee 80 bis 82 zurück gebaut. Darüber hinaus standen weitere Wohnumfeldverbesserungsmaßnahmen an (3. Förderabschnitt).
Landesentwicklungsgesellschaft NRW GmbH (LEG) investiert Millionen
Für den 4. Förderabschnitt (Jahre 2011 und 2012) wurde ein weiterer Gebäudeabbruch beantragt, um den Wohnungsmarkt um zusätzlich 100 Wohnungen zu entlasten. Nach erfolgter Bewilligung zog sich die LEG aus dem Stadtumbau zurück mit der Begründung, die Wohnungen durch Modernisierung marktfähig zu machen. Parallel zu diesen öffentlich geförderten Stadtumbaumaßnahmen erfolgen durch die LEG finanzierte Maßnahmen der Gebäude-Instandsetzung, Wohnungsmodernisierung und der Mieter-Privatisierung. Das Wohnungsunternehmen LEG investierte in Barkenberg 2012 weitere 1,1 Millionen Euro für Modernisierung der Gebäude Surick 1 – 17, 15 – 19 und der Barkenberger Allee 15 – 19. Die Gebäude erhielten einen neuen Anstrich und teilweise neue Fenster. Darüber hinaus installierte die LEG neue Dächer, sanierte die Balkone und wertete die Eingangsbereiche optisch auf. So sollte der Wohnwert für die Mieter gesteigert werden. In einer Siedlungsvereinbarung mit Stadt und Dorstener Wohnungsgesellschaft (DWG) hatte die LEG im Juli außerdem vereinbart, 1,44 Millionen Euro in die Schiefergruppe (Himmelsberg 19-31) zu investieren.
Ladenzeile und Handwerkshof durch Treppe verbunden
Nach siebenmonatiger Bauzeit war es Ende 2011 soweit. Die neue Ladenzeile am Himmelsberg konnte eingeweiht werden. Statt der bisherigen Brücke führt nun eine breite Treppe unmittelbar zum Handwerkshof. An zwei Stellen an der Verbindungsachse Ladenzeile-Handwerkshof erinnert eine „historischen Schiene“ an markante Daten aus der Entstehungszeit und Entwicklung des Stadtteils. Zwei Monate lang wurden zehn Steinblöcke, die zur geplanten Bürgerskulptur am Handwerkshof in Barkenberg gehören, von freiwilligen Akteuren unter Anleitung von Steinbildhauer Rainer Kühn bearbeitet (Foto oben). Jeder Stein steht für ein anderes Thema. So spiegeln sich zum Beispiel Brücken, Begegnungen von Menschen, Natur und abgerissenen Hochhäuser der Dimker Allee hier wieder. Auch die unterschiedlichen Bürger mit ihren Nationalitäten sind in Schriftzügen diverser Sprachen dargestellt. Die Skulptur stellt den östlichen Gegenpol zur Steele der Erinnerung dar, die 2008 von Jugendlichen erstellt wurde.
Nach dem formalen Abschluss des Stadtumbaus zum Ende des Jahres 2014 wurde das Stadtteilbüro, das 2006 eröffnete, geschlossen. Ob es ehrenamtlich weiterbetrieben werden kann, wie Bürgermeister Tobias Stockhoff Ende 2014 ins Gespräch brachte, blieb bei der Schließung noch offen. Im April 2016 hat sich die Stadt verpflichtet, dem Förderverein ProGHW eine Mitarbeiterin zu finanzieren. Sie wird als Mini-Jobberin in erster Linie Ansprechpartnerin in Flüchtlingsfragen sein. An drei Nachmittagen im Monat steht sie für Fragen im Gemeinschaftshaus zur Verfügung.
Fördermittel Stadtumbau Barkenberg: Rückzahlung 2018 beschlossen
Von den Fördermitteln, welche die Stadt vom Land für den abgeschlossenen „Stadtumbau West Barkenberg“ erhalten hat, muss sie 520.000 Euro zurückzahlen, da etliche Baumaßnahmen nicht bewilligt waren. Ob die Stadt gegen die geforderte und getätigte Rückzahlung klagt, ist mit Stand von September 2018 nicht entschieden. Laut „Dorstener Zeitung“ vom 14. September 2018 betonten Bürgermeister Stockhoff und Stadtbaurat Lohse: „Wir haben keine Fehler gemacht!“
Quellen:
Zum größten Teil wörtliche Übernahme aus der Website „Stadtumbau West“ (Stand: Ende 2011). – Bludau „Neue Treppe an der Ladenzeile zum Himmelberg“ in DZ vom 21. November 2011.